Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Titan. Bd. 2. Berlin, 1801.

Bild:
<< vorherige Seite

men denn als Früchte, die sonderbare Mischung
von vorigem männlichen Feuereifer und weib¬
licher Zartheit, alles dieses weckte vor Albano
gleichsam einen Propheten des Morgenlandes
auf. Dieser breite Strom, der durch die Alpen
der Jugend niederbrausete, zieht jetzt still und
eben durch seine Auen; aber werft ihm Felsen
vor, so steht er wieder brausend auf.

Der Greis sah den jugendlichen Jüng¬
ling je öfter je wärmer an, in unsern Tagen
ist Jugend an Jünglingen eine körperliche
und geistige Schönheit zugleich. Er lud ihn
ein, ihn in dieser schönen Nacht in sein stilles
Häuschen zu begleiten, welches droben neben
der Thurmspitze steht, die oben ins Flötenthal
herein schauet. Auf den sonderbaren Irrsteigen,
die sie jetzt wandelten, verwirrte sich Lilar vor
Albano zu einer neuen Welt, wie nächtliche flie¬
gende Silber-Wolken baueten sich die däm¬
mernden Schönheiten in immer andere Reihen
durcheinander und zuweilen drangen beide durch
ausländische Gewächse mit grellfärbigen Blü¬
then und wunderlichen Düften. Der fromme

men denn als Früchte, die ſonderbare Miſchung
von vorigem männlichen Feuereifer und weib¬
licher Zartheit, alles dieſes weckte vor Albano
gleichſam einen Propheten des Morgenlandes
auf. Dieſer breite Strom, der durch die Alpen
der Jugend niederbrauſete, zieht jetzt ſtill und
eben durch ſeine Auen; aber werft ihm Felſen
vor, ſo ſteht er wieder brauſend auf.

Der Greis ſah den jugendlichen Jüng¬
ling je öfter je wärmer an, in unſern Tagen
iſt Jugend an Jünglingen eine körperliche
und geiſtige Schönheit zugleich. Er lud ihn
ein, ihn in dieſer ſchönen Nacht in ſein ſtilles
Häuschen zu begleiten, welches droben neben
der Thurmſpitze ſteht, die oben ins Flötenthal
herein ſchauet. Auf den ſonderbaren Irrſteigen,
die ſie jetzt wandelten, verwirrte ſich Lilar vor
Albano zu einer neuen Welt, wie nächtliche flie¬
gende Silber-Wolken baueten ſich die däm¬
mernden Schönheiten in immer andere Reihen
durcheinander und zuweilen drangen beide durch
ausländiſche Gewächſe mit grellfärbigen Blü¬
then und wunderlichen Düften. Der fromme

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0122" n="114"/>
men denn als Früchte, die &#x017F;onderbare Mi&#x017F;chung<lb/>
von vorigem männlichen Feuereifer und weib¬<lb/>
licher Zartheit, alles die&#x017F;es weckte vor Albano<lb/>
gleich&#x017F;am einen Propheten des Morgenlandes<lb/>
auf. Die&#x017F;er breite Strom, der durch die Alpen<lb/>
der Jugend niederbrau&#x017F;ete, zieht jetzt &#x017F;till und<lb/>
eben durch &#x017F;eine Auen; aber werft ihm Fel&#x017F;en<lb/>
vor, &#x017F;o &#x017F;teht er wieder brau&#x017F;end auf.</p><lb/>
          <p>Der Greis &#x017F;ah den jugendlichen Jüng¬<lb/>
ling je öfter je wärmer an, in un&#x017F;ern Tagen<lb/>
i&#x017F;t Jugend an Jünglingen eine körperliche<lb/>
und gei&#x017F;tige Schönheit zugleich. Er lud ihn<lb/>
ein, ihn in die&#x017F;er &#x017F;chönen Nacht in &#x017F;ein &#x017F;tilles<lb/>
Häuschen zu begleiten, welches droben neben<lb/>
der Thurm&#x017F;pitze &#x017F;teht, die oben ins Flötenthal<lb/>
herein &#x017F;chauet. Auf den &#x017F;onderbaren Irr&#x017F;teigen,<lb/>
die &#x017F;ie jetzt wandelten, verwirrte &#x017F;ich Lilar vor<lb/>
Albano zu einer neuen Welt, wie nächtliche flie¬<lb/>
gende Silber-Wolken baueten &#x017F;ich die däm¬<lb/>
mernden Schönheiten in immer andere Reihen<lb/>
durcheinander und zuweilen drangen beide durch<lb/>
ausländi&#x017F;che Gewäch&#x017F;e mit grellfärbigen Blü¬<lb/>
then und wunderlichen Düften. Der fromme<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[114/0122] men denn als Früchte, die ſonderbare Miſchung von vorigem männlichen Feuereifer und weib¬ licher Zartheit, alles dieſes weckte vor Albano gleichſam einen Propheten des Morgenlandes auf. Dieſer breite Strom, der durch die Alpen der Jugend niederbrauſete, zieht jetzt ſtill und eben durch ſeine Auen; aber werft ihm Felſen vor, ſo ſteht er wieder brauſend auf. Der Greis ſah den jugendlichen Jüng¬ ling je öfter je wärmer an, in unſern Tagen iſt Jugend an Jünglingen eine körperliche und geiſtige Schönheit zugleich. Er lud ihn ein, ihn in dieſer ſchönen Nacht in ſein ſtilles Häuschen zu begleiten, welches droben neben der Thurmſpitze ſteht, die oben ins Flötenthal herein ſchauet. Auf den ſonderbaren Irrſteigen, die ſie jetzt wandelten, verwirrte ſich Lilar vor Albano zu einer neuen Welt, wie nächtliche flie¬ gende Silber-Wolken baueten ſich die däm¬ mernden Schönheiten in immer andere Reihen durcheinander und zuweilen drangen beide durch ausländiſche Gewächſe mit grellfärbigen Blü¬ then und wunderlichen Düften. Der fromme

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan02_1801
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan02_1801/122
Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 2. Berlin, 1801, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan02_1801/122>, abgerufen am 06.05.2024.