Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800.einer so gegenseitigen Seelenwanderung ihrer Abends vor seinem Geburts- und dem Huldi¬ *) So heißet die Linie, die man von der Son¬
nenferne zur Sonnennähe zieht. einer ſo gegenſeitigen Seelenwanderung ihrer Abends vor ſeinem Geburts- und dem Huldi¬ *) So heißet die Linie, die man von der Son¬
nenferne zur Sonnennähe zieht. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0491" n="471"/> einer ſo gegenſeitigen Seelenwanderung ihrer<lb/> Ideen und einer ſo nahen Verwandtſchaft ihres<lb/> Trotzes und Adels weit lieber als ſie ſich zeig¬<lb/> ten. — Denn da Schoppe überhaupt nichts<lb/> zeigte, ſo konnte man ihn wieder nur mit dem<lb/> Finger auf der Lippe aber vielleicht deſto ſtär¬<lb/> ker lieben. Albano war ein heißbrennender<lb/> Hohlſpiegel, der ſeinen Gegenſtand nahe hat<lb/> und ihn aufgerichtet hinter ſich darſtellt,<lb/> Schoppe einer, der ihn ferne hat und ihn ver¬<lb/> kehrt in die Luft wirft.</p><lb/> <p>Abends vor ſeinem Geburts- und dem Huldi¬<lb/> gungstage ſtand Albano einſam am Fenſter und<lb/> wog ſeine Vergangenheit — denn ein letzter Tag<lb/> iſt feierlicher als ein erſter; am 31ſten Dezember<lb/> überrechn' ich 365 Tage und deren Fata, am<lb/> 1ſten Jenner denk' ich an nichts, weil ja die ganze<lb/> Zukunft durchſichtig iſt oder in fünf Minuten<lb/> ausſeyn kann —; er maaß, während über ſein<lb/> zu Ende gehendes zwanzigſtes Jahr die Ves¬<lb/> perglocke läutete und die Veſperhora in ihm<lb/> angieng, die <hi rendition="#g">Abſidenlinie</hi><note place="foot" n="*)">So heißet die Linie, die man von der Son¬<lb/> nenferne zur Sonnennähe zieht.<lb/></note> ſeines morali¬<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [471/0491]
einer ſo gegenſeitigen Seelenwanderung ihrer
Ideen und einer ſo nahen Verwandtſchaft ihres
Trotzes und Adels weit lieber als ſie ſich zeig¬
ten. — Denn da Schoppe überhaupt nichts
zeigte, ſo konnte man ihn wieder nur mit dem
Finger auf der Lippe aber vielleicht deſto ſtär¬
ker lieben. Albano war ein heißbrennender
Hohlſpiegel, der ſeinen Gegenſtand nahe hat
und ihn aufgerichtet hinter ſich darſtellt,
Schoppe einer, der ihn ferne hat und ihn ver¬
kehrt in die Luft wirft.
Abends vor ſeinem Geburts- und dem Huldi¬
gungstage ſtand Albano einſam am Fenſter und
wog ſeine Vergangenheit — denn ein letzter Tag
iſt feierlicher als ein erſter; am 31ſten Dezember
überrechn' ich 365 Tage und deren Fata, am
1ſten Jenner denk' ich an nichts, weil ja die ganze
Zukunft durchſichtig iſt oder in fünf Minuten
ausſeyn kann —; er maaß, während über ſein
zu Ende gehendes zwanzigſtes Jahr die Ves¬
perglocke läutete und die Veſperhora in ihm
angieng, die Abſidenlinie *) ſeines morali¬
*) So heißet die Linie, die man von der Son¬
nenferne zur Sonnennähe zieht.
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Zitationshilfe: | Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800, S. 471. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800/491>, abgerufen am 16.07.2024. |