Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite

ken geschlungen, den Kopf auf dem Flügel,
und leise mehr von den Lüften gedreht als
von den Wellen. "So ruht die unschuldige
"Seele!" sagte Albano und dachte wohl an
Liane, aber ohne Muth zum Bekenntniss'.
"Und so erwacht sie!" setzte bewegt Liane
dazu, als diese weiße vergrößerte Taube den
Kopf langsam von dem Flügel aufhob; denn
sie dachte an das heutige Erwachen ihrer
Mutter. --

Chariton wandte sich wie ganz aus hup¬
fenden Punkten zusammengesetzt, immer fra¬
gend an Liane: "wollen wir dahin? oder dort¬
"hinein? oder hier hinaus? -- Wäre nur mein
"Herr da! der kennt alles!" -- Sie hätte ihn
gern um jede Quelle und Blume herumgeführt;
und blickte dem Jünglinge so liebend wie der
Freundinn ins Gesicht. -- Liane sagte ihr auf
dem Kreuzwege an der Brücke: "sie glaube,
"das Flöthenthal dort mit der leuchtenden Gold¬
"kugel sey vielleicht am schönsten, besonders
"für einen Freund der Musik; auch werde man
"sie da suchen, wenn man ihrer Mutter die
"Harfe bringe." Sie hatte ihr mit dieser zu¬

ken geſchlungen, den Kopf auf dem Flügel,
und leiſe mehr von den Lüften gedreht als
von den Wellen. „So ruht die unſchuldige
„Seele!“ ſagte Albano und dachte wohl an
Liane, aber ohne Muth zum Bekenntniſſ'.
„Und ſo erwacht ſie!“ ſetzte bewegt Liane
dazu, als dieſe weiße vergrößerte Taube den
Kopf langſam von dem Flügel aufhob; denn
ſie dachte an das heutige Erwachen ihrer
Mutter. —

Chariton wandte ſich wie ganz aus hup¬
fenden Punkten zuſammengeſetzt, immer fra¬
gend an Liane: „wollen wir dahin? oder dort¬
„hinein? oder hier hinaus? — Wäre nur mein
„Herr da! der kennt alles!“ — Sie hätte ihn
gern um jede Quelle und Blume herumgeführt;
und blickte dem Jünglinge ſo liebend wie der
Freundinn ins Geſicht. — Liane ſagte ihr auf
dem Kreuzwege an der Brücke: „ſie glaube,
„das Flöthenthal dort mit der leuchtenden Gold¬
„kugel ſey vielleicht am ſchönſten, beſonders
„für einen Freund der Muſik; auch werde man
„ſie da ſuchen, wenn man ihrer Mutter die
„Harfe bringe.“ Sie hatte ihr mit dieſer zu¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0450" n="430"/>
ken ge&#x017F;chlungen, den Kopf auf dem Flügel,<lb/>
und lei&#x017F;e mehr von den Lüften gedreht als<lb/>
von den Wellen. &#x201E;So ruht die un&#x017F;chuldige<lb/>
&#x201E;Seele!&#x201C; &#x017F;agte Albano und dachte wohl an<lb/>
Liane, aber ohne Muth zum Bekenntni&#x017F;&#x017F;'.<lb/>
&#x201E;Und &#x017F;o erwacht &#x017F;ie!&#x201C; &#x017F;etzte bewegt Liane<lb/>
dazu, als die&#x017F;e weiße vergrößerte Taube den<lb/>
Kopf lang&#x017F;am von dem Flügel aufhob; denn<lb/>
&#x017F;ie dachte an das heutige Erwachen ihrer<lb/>
Mutter. &#x2014;</p><lb/>
          <p>Chariton wandte &#x017F;ich wie ganz aus hup¬<lb/>
fenden Punkten zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzt, immer fra¬<lb/>
gend an Liane: &#x201E;wollen wir dahin? oder dort¬<lb/>
&#x201E;hinein? oder hier hinaus? &#x2014; Wäre nur mein<lb/>
&#x201E;Herr da! der kennt alles!&#x201C; &#x2014; Sie hätte ihn<lb/>
gern um jede Quelle und Blume herumgeführt;<lb/>
und blickte dem Jünglinge &#x017F;o liebend wie der<lb/>
Freundinn ins Ge&#x017F;icht. &#x2014; Liane &#x017F;agte ihr auf<lb/>
dem Kreuzwege an der Brücke: &#x201E;&#x017F;ie glaube,<lb/>
&#x201E;das Flöthenthal dort mit der leuchtenden Gold¬<lb/>
&#x201E;kugel &#x017F;ey vielleicht am &#x017F;chön&#x017F;ten, be&#x017F;onders<lb/>
&#x201E;für einen Freund der Mu&#x017F;ik; auch werde man<lb/>
&#x201E;&#x017F;ie da &#x017F;uchen, wenn man ihrer Mutter die<lb/>
&#x201E;Harfe bringe.&#x201C; Sie hatte ihr mit die&#x017F;er zu¬<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[430/0450] ken geſchlungen, den Kopf auf dem Flügel, und leiſe mehr von den Lüften gedreht als von den Wellen. „So ruht die unſchuldige „Seele!“ ſagte Albano und dachte wohl an Liane, aber ohne Muth zum Bekenntniſſ'. „Und ſo erwacht ſie!“ ſetzte bewegt Liane dazu, als dieſe weiße vergrößerte Taube den Kopf langſam von dem Flügel aufhob; denn ſie dachte an das heutige Erwachen ihrer Mutter. — Chariton wandte ſich wie ganz aus hup¬ fenden Punkten zuſammengeſetzt, immer fra¬ gend an Liane: „wollen wir dahin? oder dort¬ „hinein? oder hier hinaus? — Wäre nur mein „Herr da! der kennt alles!“ — Sie hätte ihn gern um jede Quelle und Blume herumgeführt; und blickte dem Jünglinge ſo liebend wie der Freundinn ins Geſicht. — Liane ſagte ihr auf dem Kreuzwege an der Brücke: „ſie glaube, „das Flöthenthal dort mit der leuchtenden Gold¬ „kugel ſey vielleicht am ſchönſten, beſonders „für einen Freund der Muſik; auch werde man „ſie da ſuchen, wenn man ihrer Mutter die „Harfe bringe.“ Sie hatte ihr mit dieſer zu¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800/450
Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800, S. 430. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800/450>, abgerufen am 25.11.2024.