viel Einsichten in Dingen, die zu Gemälden taugten.
Die Mutter schien kaum auf die Blätter- Mengerei hinzusehen. -- -- Dem Grafen schien heute die Ministerinn nur Welt und keine fromme Strenge zu haben; aber er kannte noch nicht genug jene hellen Weiber, die Fein¬ heit ohne Witz, Empfindung ohne Feuer, Klar¬ heit ohne Kälte haben; die von den Schnecken die Fühlhörner, die Weichheit, die Kälte und den stummen Gang entlehnen und die mehr Vertrauen verdienen und fordern als erhalten.
Nun trat Zefisio, als ein Engel unter drei Menschen im feurigen Ofen ein, aber als ein schwarzer. Dem Grafen war dessen Nahesitzen und jedes Wort zu ihr ohnehin eine Kreuzi¬ gung -- nur von ihr zu ihm mit dem Blicke zu gehen war schon ein Jammer, wenig ver¬ schieden von dem, den ich haben würde, wenn ich in Dresden einen Tag im Antiken-Olymp der alten Götter zubrächte und dann bei dem Herausgehen in ein Refektorium voll geschwoll¬ ner Mönche oder in ein Naturalienkabinet voll ausgestopfter Malefikanten-Bälge und einma¬
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viel Einſichten in Dingen, die zu Gemälden taugten.
Die Mutter ſchien kaum auf die Blätter- Mengerei hinzuſehen. — — Dem Grafen ſchien heute die Miniſterinn nur Welt und keine fromme Strenge zu haben; aber er kannte noch nicht genug jene hellen Weiber, die Fein¬ heit ohne Witz, Empfindung ohne Feuer, Klar¬ heit ohne Kälte haben; die von den Schnecken die Fühlhörner, die Weichheit, die Kälte und den ſtummen Gang entlehnen und die mehr Vertrauen verdienen und fordern als erhalten.
Nun trat Zefiſio, als ein Engel unter drei Menſchen im feurigen Ofen ein, aber als ein ſchwarzer. Dem Grafen war deſſen Naheſitzen und jedes Wort zu ihr ohnehin eine Kreuzi¬ gung — nur von ihr zu ihm mit dem Blicke zu gehen war ſchon ein Jammer, wenig ver¬ ſchieden von dem, den ich haben würde, wenn ich in Dresden einen Tag im Antiken-Olymp der alten Götter zubrächte und dann bei dem Herausgehen in ein Refektorium voll geſchwoll¬ ner Mönche oder in ein Naturalienkabinet voll ausgeſtopfter Malefikanten-Bälge und einma¬
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viel Einſichten in Dingen, die zu Gemälden
taugten.
Die Mutter ſchien kaum auf die Blätter-
Mengerei hinzuſehen. — — Dem Grafen ſchien
heute die Miniſterinn nur Welt und keine
fromme Strenge zu haben; aber er kannte
noch nicht genug jene hellen Weiber, die Fein¬
heit ohne Witz, Empfindung ohne Feuer, Klar¬
heit ohne Kälte haben; die von den Schnecken
die Fühlhörner, die Weichheit, die Kälte und
den ſtummen Gang entlehnen und die mehr
Vertrauen verdienen und fordern als erhalten.
Nun trat Zefiſio, als ein Engel unter drei
Menſchen im feurigen Ofen ein, aber als ein
ſchwarzer. Dem Grafen war deſſen Naheſitzen
und jedes Wort zu ihr ohnehin eine Kreuzi¬
gung — nur von ihr zu ihm mit dem Blicke
zu gehen war ſchon ein Jammer, wenig ver¬
ſchieden von dem, den ich haben würde, wenn
ich in Dresden einen Tag im Antiken-Olymp
der alten Götter zubrächte und dann bei dem
Herausgehen in ein Refektorium voll geſchwoll¬
ner Mönche oder in ein Naturalienkabinet voll
ausgeſtopfter Malefikanten-Bälge und einma¬
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Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800, S. 387. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800/407>, abgerufen am 18.05.2024.
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