Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800.cherriemen nicht die vielbändige Encyklopädie cherriemen nicht die vielbändige Encyklopädie <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0147" n="127"/> cherriemen nicht die vielbändige Encyklopädie<lb/> aller Wiſſenſchaften, gebückt zu ſchleppen, ſon¬<lb/> dern bloß Sprachlehren. Nach den Schulſtun¬<lb/> den der Dorfjugend ſuchte nämlich der Rektor<lb/> des Orts — Namens <hi rendition="#g">Wehmeier</hi>, bekannter<lb/> unter dem Titel: Schachtelmagiſter — ſeine<lb/> ſchönſten Struve'ſchen Nebenſtunden, ſeine <hi rendition="#aq">Otia</hi><lb/> und <hi rendition="#aq">noctes <choice><sic>Flagianae</sic><corr type="corrigenda">hagianae</corr></choice></hi> darin, daß er ihn unter¬<lb/> wies, und in die von innern Strömen ange¬<lb/> faßte Mühlwelle des ewig regen Knaben al¬<lb/> phabetiſche Stifte zu einer Sprachwalze ein¬<lb/> ſchlug. Freilich aber wollte Zeſara bald etwas<lb/> ſchwerers bewegen, als die Sprach-Taſtatur;<lb/> ſo wurde z. B. die Sprachwalze, im eigentli¬<lb/> chen Sinne zur Spielwalze; denn ſtundenlang<lb/> verſucht' er auf der Orgel des Orts ohne ſon¬<lb/> derliche Kenntniß des Kontrapunkts (er kannte<lb/> keine Note und Taſte, und ſtand unter dem<lb/> Orgelſtücke auf dem fortbrauſenden Pedale feſt)<lb/> ſich in den entſetzlichſten Mißtönen, wogegen<lb/> die Enharmonika aller Pizziniſten verſtummen<lb/> muß, ſenkte ſich aber deſto länger und tiefer<lb/> in den zufälligen Treffer eines Wohllauts ein.<lb/> — Eben ſo arbeitete ſich die ſaftvolle Seele<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [127/0147]
cherriemen nicht die vielbändige Encyklopädie
aller Wiſſenſchaften, gebückt zu ſchleppen, ſon¬
dern bloß Sprachlehren. Nach den Schulſtun¬
den der Dorfjugend ſuchte nämlich der Rektor
des Orts — Namens Wehmeier, bekannter
unter dem Titel: Schachtelmagiſter — ſeine
ſchönſten Struve'ſchen Nebenſtunden, ſeine Otia
und noctes hagianae darin, daß er ihn unter¬
wies, und in die von innern Strömen ange¬
faßte Mühlwelle des ewig regen Knaben al¬
phabetiſche Stifte zu einer Sprachwalze ein¬
ſchlug. Freilich aber wollte Zeſara bald etwas
ſchwerers bewegen, als die Sprach-Taſtatur;
ſo wurde z. B. die Sprachwalze, im eigentli¬
chen Sinne zur Spielwalze; denn ſtundenlang
verſucht' er auf der Orgel des Orts ohne ſon¬
derliche Kenntniß des Kontrapunkts (er kannte
keine Note und Taſte, und ſtand unter dem
Orgelſtücke auf dem fortbrauſenden Pedale feſt)
ſich in den entſetzlichſten Mißtönen, wogegen
die Enharmonika aller Pizziniſten verſtummen
muß, ſenkte ſich aber deſto länger und tiefer
in den zufälligen Treffer eines Wohllauts ein.
— Eben ſo arbeitete ſich die ſaftvolle Seele
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