Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793.ein Unglücklicher war ihm ein Tugendhafter. Die Sie nahm ihre kleine Laura auf den Schooß -- ein Ungluͤcklicher war ihm ein Tugendhafter. Die Sie nahm ihre kleine Laura auf den Schooß — <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0060" n="50"/> ein Ungluͤcklicher war ihm ein Tugendhafter. Die<lb/> Reſidentin ſagte ihm, ſie hoffe, er werde den<lb/> heutigen Kummer aus ihrem wirklichen Geſichte<lb/> wegmahlen und ihn bloß ins gemahlte bannen —<lb/> ſie habe deswegen dieſe Zerſtreuung auf heute ver¬<lb/> legt — morgen ſei ihr gewiß beſſer — ſie ſpielte<lb/> nachlaͤßig mit der bloßen rechten Hand einige Taͤn¬<lb/> ze, aber nur ein Paar Takte und mit vergeblichem<lb/> Kampf gegen ihren Truͤbſinn — er ſollte ihr et¬<lb/> was erzaͤhlen eh' er anfienge, damit er nicht einem<lb/> Geſicht, das ſie nur ein Paar Tage im Jahr truͤ¬<lb/> ge, ein ewiges Leben in ſeinen Farben gaͤbe. Aber<lb/> er hatte noch am Hofe weder Stof noch Manier<lb/> zu erzaͤhlen gewonnen — endlich fiel ſie auf ſeine<lb/> unterirrdiſche Erziehung: bloß ihrem <hi rendition="#g">heutigen</hi><lb/> Geſichte war er ſo etwas in dem Wolkenbruch von<lb/> Herzensergießung, den er ſeit Amandus Groll ent¬<lb/> behret hatte, zu erzaͤhlen faͤhig. Da er fertig<lb/> war: ſagte ſie: „mahlen ſie nur; ſie haͤtten mir<lb/> etwas anders erzaͤhlen ſollen.“</p><lb/> <p>Sie nahm ihre kleine Laura auf den Schooß —<lb/> dem Fuͤrſten, der ein paſſionirter Thiermahler iſt,<lb/> muſte ſie ſtatt mit der Kleinen, mit einem Sei¬<lb/> denpudel ſitzen — welche Gruppe faͤllt aber jezt<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [50/0060]
ein Ungluͤcklicher war ihm ein Tugendhafter. Die
Reſidentin ſagte ihm, ſie hoffe, er werde den
heutigen Kummer aus ihrem wirklichen Geſichte
wegmahlen und ihn bloß ins gemahlte bannen —
ſie habe deswegen dieſe Zerſtreuung auf heute ver¬
legt — morgen ſei ihr gewiß beſſer — ſie ſpielte
nachlaͤßig mit der bloßen rechten Hand einige Taͤn¬
ze, aber nur ein Paar Takte und mit vergeblichem
Kampf gegen ihren Truͤbſinn — er ſollte ihr et¬
was erzaͤhlen eh' er anfienge, damit er nicht einem
Geſicht, das ſie nur ein Paar Tage im Jahr truͤ¬
ge, ein ewiges Leben in ſeinen Farben gaͤbe. Aber
er hatte noch am Hofe weder Stof noch Manier
zu erzaͤhlen gewonnen — endlich fiel ſie auf ſeine
unterirrdiſche Erziehung: bloß ihrem heutigen
Geſichte war er ſo etwas in dem Wolkenbruch von
Herzensergießung, den er ſeit Amandus Groll ent¬
behret hatte, zu erzaͤhlen faͤhig. Da er fertig
war: ſagte ſie: „mahlen ſie nur; ſie haͤtten mir
etwas anders erzaͤhlen ſollen.“
Sie nahm ihre kleine Laura auf den Schooß —
dem Fuͤrſten, der ein paſſionirter Thiermahler iſt,
muſte ſie ſtatt mit der Kleinen, mit einem Sei¬
denpudel ſitzen — welche Gruppe faͤllt aber jezt
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Zitationshilfe: | Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793/60>, abgerufen am 23.07.2024. |