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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793.

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er hätte die fünf hundert Millionen Weiber auf
der Erde alle geliebt, wenn er ihnen allen gefiele;
er würde keine einzige lieben, wenn er keiner ein¬
zigen gefiele. Er erzählte jezt dem Gustav, durch
welches Fenster er im Winterhaus von Beatens
Herzen ihre Liebe zu ihm habe blühen sehen. Aus¬
ser einem gewissen Tropf, den ich in Leipzig ge¬
kannt, und außer einer Katze, die neun Leben
hat, hatte kein Mensch mehrere Leben als er --
er büste eines ein: sogleich hatt' er wieder ein fri¬
sches, ich meine er hatte mehr Ohnmachten als
ein andrer Einfälle. Einen solchen Vexier-Selbst¬
mord konnt' er begehen wenn er wollte und wenn
er ihn in seinen Dramen so nöthig hatte als ein
rührender Theaterdichter: am häufigsten aber tha¬
ten er und der Tropf in Leipzig sich diesen Tod in
effigie an, wenn sie unter einem Bündel Frauen¬
zimmer das heraus zu visitiren hatten, das in sie
am verliebtesten war. Denn sie unterschieden, sag¬
ten die zwei Tropfen, sich sämmtlich von einander
nicht im Daseyn sondern im Grade der Liebe gegen
beide Ohnmächtige. Der gröste Schrecken, über den
pantomimischen Schlagfluß ist, sagte das ohnmächti¬
ge Paar, das Notariatssiegel der grösten Liebe. Da

er haͤtte die fuͤnf hundert Millionen Weiber auf
der Erde alle geliebt, wenn er ihnen allen gefiele;
er wuͤrde keine einzige lieben, wenn er keiner ein¬
zigen gefiele. Er erzaͤhlte jezt dem Guſtav, durch
welches Fenſter er im Winterhaus von Beatens
Herzen ihre Liebe zu ihm habe bluͤhen ſehen. Auſ¬
ſer einem gewiſſen Tropf, den ich in Leipzig ge¬
kannt, und außer einer Katze, die neun Leben
hat, hatte kein Menſch mehrere Leben als er —
er buͤſte eines ein: ſogleich hatt' er wieder ein fri¬
ſches, ich meine er hatte mehr Ohnmachten als
ein andrer Einfaͤlle. Einen ſolchen Vexier-Selbſt¬
mord konnt' er begehen wenn er wollte und wenn
er ihn in ſeinen Dramen ſo noͤthig hatte als ein
ruͤhrender Theaterdichter: am haͤufigſten aber tha¬
ten er und der Tropf in Leipzig ſich dieſen Tod in
effigie an, wenn ſie unter einem Buͤndel Frauen¬
zimmer das heraus zu viſitiren hatten, das in ſie
am verliebteſten war. Denn ſie unterſchieden, ſag¬
ten die zwei Tropfen, ſich ſaͤmmtlich von einander
nicht im Daſeyn ſondern im Grade der Liebe gegen
beide Ohnmaͤchtige. Der groͤſte Schrecken, uͤber den
pantomimiſchen Schlagfluß iſt, ſagte das ohnmaͤchti¬
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[46/0056] er haͤtte die fuͤnf hundert Millionen Weiber auf der Erde alle geliebt, wenn er ihnen allen gefiele; er wuͤrde keine einzige lieben, wenn er keiner ein¬ zigen gefiele. Er erzaͤhlte jezt dem Guſtav, durch welches Fenſter er im Winterhaus von Beatens Herzen ihre Liebe zu ihm habe bluͤhen ſehen. Auſ¬ ſer einem gewiſſen Tropf, den ich in Leipzig ge¬ kannt, und außer einer Katze, die neun Leben hat, hatte kein Menſch mehrere Leben als er — er buͤſte eines ein: ſogleich hatt' er wieder ein fri¬ ſches, ich meine er hatte mehr Ohnmachten als ein andrer Einfaͤlle. Einen ſolchen Vexier-Selbſt¬ mord konnt' er begehen wenn er wollte und wenn er ihn in ſeinen Dramen ſo noͤthig hatte als ein ruͤhrender Theaterdichter: am haͤufigſten aber tha¬ ten er und der Tropf in Leipzig ſich dieſen Tod in effigie an, wenn ſie unter einem Buͤndel Frauen¬ zimmer das heraus zu viſitiren hatten, das in ſie am verliebteſten war. Denn ſie unterſchieden, ſag¬ ten die zwei Tropfen, ſich ſaͤmmtlich von einander nicht im Daſeyn ſondern im Grade der Liebe gegen beide Ohnmaͤchtige. Der groͤſte Schrecken, uͤber den pantomimiſchen Schlagfluß iſt, ſagte das ohnmaͤchti¬ ge Paar, das Notariatsſiegel der groͤſten Liebe. Da

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Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793/56>, abgerufen am 22.11.2024.