Freuden-Trommel wie von einem Echo gedämpft und wie bei einer Königsleiche mit Flor bezogen und die stille Entzückung spannt in Gestalt eines Seufzers die einsame Brust -- mein Schulmeister (er darf zweimal im Küchenstück herumstehen) tritt mit seiner Trauungshälfte unter die Hausthür, de¬ ren dessus de porte ein Schwalben-Globus ist, und schauet auf zu dem schweigenden glimmenden Him¬ mel über ihm und denkt, jede große Sonne gucke herunter wie ein Auenthaler und zu seinem Fen¬ ster hinein. . . . . Schiffe fröhlich über deinen ver¬ dünstenden Tropfen Zeit, du kannst es; aber wir könnens nicht alle, die eine Brautführerin, kanns auch nicht -- ach wär' ich wie du an einem Hoch¬ zeitmorgen dem ängstlichen den Blumen abgefang¬ nen Schmetterling begegnet, wie du der Biene im Blüthenkelch, wie du der um sieben Uhr abgelauf¬ nen Thurmuhr, wie du dem stummen Himmel oben und dem lauten unten: so hätt' ich ja dar¬ an denken müssen, daß nicht auf dieser stürmen¬ den Kugel, wo die Winde sich in unsre kleinen Blumen wühlen, die Ruhestätte zu suchen sei, auf der uns ihre Düfte ruhig umfließen, oder ein Au¬ ge ohne Staub, ein Auge ohne Regentropfen,
Freuden-Trommel wie von einem Echo gedaͤmpft und wie bei einer Koͤnigsleiche mit Flor bezogen und die ſtille Entzuͤckung ſpannt in Geſtalt eines Seufzers die einſame Bruſt — mein Schulmeiſter (er darf zweimal im Kuͤchenſtuͤck herumſtehen) tritt mit ſeiner Trauungshaͤlfte unter die Hausthuͤr, de¬ ren deſſus de porte ein Schwalben-Globus iſt, und ſchauet auf zu dem ſchweigenden glimmenden Him¬ mel uͤber ihm und denkt, jede große Sonne gucke herunter wie ein Auenthaler und zu ſeinem Fen¬ ſter hinein. . . . . Schiffe froͤhlich uͤber deinen ver¬ duͤnſtenden Tropfen Zeit, du kannſt es; aber wir koͤnnens nicht alle, die eine Brautfuͤhrerin, kanns auch nicht — ach waͤr' ich wie du an einem Hoch¬ zeitmorgen dem aͤngſtlichen den Blumen abgefang¬ nen Schmetterling begegnet, wie du der Biene im Bluͤthenkelch, wie du der um ſieben Uhr abgelauf¬ nen Thurmuhr, wie du dem ſtummen Himmel oben und dem lauten unten: ſo haͤtt' ich ja dar¬ an denken muͤſſen, daß nicht auf dieſer ſtuͤrmen¬ den Kugel, wo die Winde ſich in unſre kleinen Blumen wuͤhlen, die Ruheſtaͤtte zu ſuchen ſei, auf der uns ihre Duͤfte ruhig umfließen, oder ein Au¬ ge ohne Staub, ein Auge ohne Regentropfen,
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Freuden-Trommel wie von einem Echo gedaͤmpft
und wie bei einer Koͤnigsleiche mit Flor bezogen
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Seufzers die einſame Bruſt — mein Schulmeiſter
(er darf zweimal im Kuͤchenſtuͤck herumſtehen) tritt
mit ſeiner Trauungshaͤlfte unter die Hausthuͤr, de¬
ren deſſus de porte ein Schwalben-Globus iſt, und
ſchauet auf zu dem ſchweigenden glimmenden Him¬
mel uͤber ihm und denkt, jede große Sonne gucke
herunter wie ein Auenthaler und zu ſeinem Fen¬
ſter hinein. . . . . Schiffe froͤhlich uͤber deinen ver¬
duͤnſtenden Tropfen Zeit, du kannſt es; aber wir
koͤnnens nicht alle, die eine Brautfuͤhrerin, kanns
auch nicht — ach waͤr' ich wie du an einem Hoch¬
zeitmorgen dem aͤngſtlichen den Blumen abgefang¬
nen Schmetterling begegnet, wie du der Biene im
Bluͤthenkelch, wie du der um ſieben Uhr abgelauf¬
nen Thurmuhr, wie du dem ſtummen Himmel
oben und dem lauten unten: ſo haͤtt' ich ja dar¬
an denken muͤſſen, daß nicht auf dieſer ſtuͤrmen¬
den Kugel, wo die Winde ſich in unſre kleinen
Blumen wuͤhlen, die Ruheſtaͤtte zu ſuchen ſei, auf
der uns ihre Duͤfte ruhig umfließen, oder ein Au¬
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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793, S. 429. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793/439>, abgerufen am 22.11.2024.
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