warum er in jenem oben Thaler, Groschen, Pfen¬ nige setzte, ob er gleich nie die erstere Münzsorte unter seinen Schul-Gefällen hatte.
Nach dem Aktus und nach der Verdauung ließ er sich den Tisch hinaus unter den Weichselbaum tragen und setzte sich nieder und bossierte noch ei¬ nige unleserliche Hexameter in seiner Messiade. So¬ gar während er seinen Schinkenknochen als sein Souper abnagte und abfeilte, befeilt' er noch ei¬ nen und den andern epischen Fuß und ich weiß recht gut, daß des Fettes wegen mancher Gesang ein wenig geblet aussiehet. Sobald er dem Sonnen¬ schein nicht mehr auf der Straße sondern an den Häusern liegen sah! so gab er der Mutter die nö¬ thigen Gelder zum Haushalten und lief ins Freie, um sich es ruhig auszumalen, wie ers künftig ha¬ ben würde im Herbst, im Winter, an den drei heil. Festen, unter den Schulkindern und unter seinen eignen. --
Und doch sind das bloß Wochentage; der Sonn¬ tag aber brennt in einer Glorie, die kaum auf ein Altarblatt geht. -- Ueberhaupt steht in keinen Seelen dieses Jahrhunderts ein so großer Begrif von einem Sonntage, als in denen, die die mei¬
warum er in jenem oben Thaler, Groſchen, Pfen¬ nige ſetzte, ob er gleich nie die erſtere Muͤnzſorte unter ſeinen Schul-Gefaͤllen hatte.
Nach dem Aktus und nach der Verdauung ließ er ſich den Tiſch hinaus unter den Weichſelbaum tragen und ſetzte ſich nieder und boſſierte noch ei¬ nige unleſerliche Hexameter in ſeiner Meſſiade. So¬ gar waͤhrend er ſeinen Schinkenknochen als ſein Souper abnagte und abfeilte, befeilt' er noch ei¬ nen und den andern epiſchen Fuß und ich weiß recht gut, daß des Fettes wegen mancher Geſang ein wenig geblet ausſiehet. Sobald er dem Sonnen¬ ſchein nicht mehr auf der Straße ſondern an den Haͤuſern liegen ſah! ſo gab er der Mutter die noͤ¬ thigen Gelder zum Haushalten und lief ins Freie, um ſich es ruhig auszumalen, wie ers kuͤnftig ha¬ ben wuͤrde im Herbſt, im Winter, an den drei heil. Feſten, unter den Schulkindern und unter ſeinen eignen. —
Und doch ſind das bloß Wochentage; der Sonn¬ tag aber brennt in einer Glorie, die kaum auf ein Altarblatt geht. — Ueberhaupt ſteht in keinen Seelen dieſes Jahrhunderts ein ſo großer Begrif von einem Sonntage, als in denen, die die mei¬
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[408/0418]
warum er in jenem oben Thaler, Groſchen, Pfen¬
nige ſetzte, ob er gleich nie die erſtere Muͤnzſorte
unter ſeinen Schul-Gefaͤllen hatte.
Nach dem Aktus und nach der Verdauung ließ
er ſich den Tiſch hinaus unter den Weichſelbaum
tragen und ſetzte ſich nieder und boſſierte noch ei¬
nige unleſerliche Hexameter in ſeiner Meſſiade. So¬
gar waͤhrend er ſeinen Schinkenknochen als ſein
Souper abnagte und abfeilte, befeilt' er noch ei¬
nen und den andern epiſchen Fuß und ich weiß recht
gut, daß des Fettes wegen mancher Geſang ein
wenig geblet ausſiehet. Sobald er dem Sonnen¬
ſchein nicht mehr auf der Straße ſondern an den
Haͤuſern liegen ſah! ſo gab er der Mutter die noͤ¬
thigen Gelder zum Haushalten und lief ins Freie,
um ſich es ruhig auszumalen, wie ers kuͤnftig ha¬
ben wuͤrde im Herbſt, im Winter, an den drei
heil. Feſten, unter den Schulkindern und unter
ſeinen eignen. —
Und doch ſind das bloß Wochentage; der Sonn¬
tag aber brennt in einer Glorie, die kaum auf
ein Altarblatt geht. — Ueberhaupt ſteht in keinen
Seelen dieſes Jahrhunderts ein ſo großer Begrif
von einem Sonntage, als in denen, die die mei¬
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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793, S. 408. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793/418>, abgerufen am 22.11.2024.
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