Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793.

Bild:
<< vorherige Seite

nossen schon bereit, meinen Gustav. Er schwieg
viel und seine Worte lagen unter dem Druck seiner
Gedanken: der äussere Sonnenschein erblich zu in¬
nerem Mondschein und kein Mensch ist fröhlich,
wenn er das Beste sucht oder zu finden hoft, was
hienieden zu verlieren ist. -- Gesundheit und Liebe.
Da in solchen Fällen die Saiten der Seele sich nur
unter den leichtesten Fingern nicht verstimmen, d. h.
unter den weiblichen: so ließ ich meine ruhen und
weibliche spielen, die meiner Schwester.

Als wir endlich manchen Strom von Wohlge¬
ruch durchschnitten hatten -- denn man geht oft
draussen vor parfümirten Lüftchen vorbei, von de¬
nen man nicht weiß woher sie wehen; -- als alle
Freuden-Dünste des heutigen Tages im Auge zum
Abendthau zusammenflossen und mit der Sonne san¬
ken; als der Theil des Himmels, den die Son¬
ne überflammte, weiß zu glühen anfieng eh' er
roth zu glühen began, indeß der östliche Theil
im dunkeln Blau nun der Nacht entgegen kam;
als wir jedem Vogel und Schmetterling und Wan¬
derer, der nach Lilienbad seine Richtung nahm,
mit den Augen nachgezogen waren: -- so schloß
uns endlich das schöne Thal, in das wir so viele

noſſen ſchon bereit, meinen Guſtav. Er ſchwieg
viel und ſeine Worte lagen unter dem Druck ſeiner
Gedanken: der aͤuſſere Sonnenſchein erblich zu in¬
nerem Mondſchein und kein Menſch iſt froͤhlich,
wenn er das Beſte ſucht oder zu finden hoft, was
hienieden zu verlieren iſt. — Geſundheit und Liebe.
Da in ſolchen Faͤllen die Saiten der Seele ſich nur
unter den leichteſten Fingern nicht verſtimmen, d. h.
unter den weiblichen: ſo ließ ich meine ruhen und
weibliche ſpielen, die meiner Schweſter.

Als wir endlich manchen Strom von Wohlge¬
ruch durchſchnitten hatten — denn man geht oft
drauſſen vor parfuͤmirten Luͤftchen vorbei, von de¬
nen man nicht weiß woher ſie wehen; — als alle
Freuden-Duͤnſte des heutigen Tages im Auge zum
Abendthau zuſammenfloſſen und mit der Sonne ſan¬
ken; als der Theil des Himmels, den die Son¬
ne uͤberflammte, weiß zu gluͤhen anfieng eh' er
roth zu gluͤhen began, indeß der oͤſtliche Theil
im dunkeln Blau nun der Nacht entgegen kam;
als wir jedem Vogel und Schmetterling und Wan¬
derer, der nach Lilienbad ſeine Richtung nahm,
mit den Augen nachgezogen waren: — ſo ſchloß
uns endlich das ſchoͤne Thal, in das wir ſo viele

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0295" n="285"/>
no&#x017F;&#x017F;en &#x017F;chon bereit, meinen Gu&#x017F;tav. Er &#x017F;chwieg<lb/>
viel und &#x017F;eine Worte lagen unter dem Druck &#x017F;einer<lb/>
Gedanken: der a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;ere Sonnen&#x017F;chein erblich zu in¬<lb/>
nerem Mond&#x017F;chein und kein Men&#x017F;ch i&#x017F;t fro&#x0364;hlich,<lb/>
wenn er das Be&#x017F;te &#x017F;ucht oder zu finden hoft, was<lb/>
hienieden zu verlieren i&#x017F;t. &#x2014; Ge&#x017F;undheit und Liebe.<lb/>
Da in &#x017F;olchen Fa&#x0364;llen die Saiten der Seele &#x017F;ich nur<lb/>
unter den leichte&#x017F;ten Fingern nicht ver&#x017F;timmen, d. h.<lb/>
unter den weiblichen: &#x017F;o ließ ich meine ruhen und<lb/>
weibliche &#x017F;pielen, die meiner Schwe&#x017F;ter.</p><lb/>
          <p>Als wir endlich manchen Strom von Wohlge¬<lb/>
ruch durch&#x017F;chnitten hatten &#x2014; denn man geht oft<lb/>
drau&#x017F;&#x017F;en vor parfu&#x0364;mirten Lu&#x0364;ftchen vorbei, von de¬<lb/>
nen man nicht weiß woher &#x017F;ie wehen; &#x2014; als alle<lb/>
Freuden-Du&#x0364;n&#x017F;te des heutigen Tages im Auge zum<lb/>
Abendthau zu&#x017F;ammenflo&#x017F;&#x017F;en und mit der Sonne &#x017F;an¬<lb/>
ken; als <hi rendition="#g">der</hi> Theil des Himmels, den die Son¬<lb/>
ne u&#x0364;berflammte, weiß zu glu&#x0364;hen anfieng eh' er<lb/>
roth zu glu&#x0364;hen began, indeß der o&#x0364;&#x017F;tliche Theil<lb/>
im dunkeln Blau nun der Nacht entgegen kam;<lb/>
als wir jedem Vogel und Schmetterling und Wan¬<lb/>
derer, der nach Lilienbad &#x017F;eine Richtung nahm,<lb/>
mit den Augen nachgezogen waren: &#x2014; &#x017F;o <choice><sic>&#x017F;choß</sic><corr type="corrigenda">&#x017F;chloß</corr></choice><lb/>
uns endlich das &#x017F;cho&#x0364;ne Thal, in das wir &#x017F;o viele<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[285/0295] noſſen ſchon bereit, meinen Guſtav. Er ſchwieg viel und ſeine Worte lagen unter dem Druck ſeiner Gedanken: der aͤuſſere Sonnenſchein erblich zu in¬ nerem Mondſchein und kein Menſch iſt froͤhlich, wenn er das Beſte ſucht oder zu finden hoft, was hienieden zu verlieren iſt. — Geſundheit und Liebe. Da in ſolchen Faͤllen die Saiten der Seele ſich nur unter den leichteſten Fingern nicht verſtimmen, d. h. unter den weiblichen: ſo ließ ich meine ruhen und weibliche ſpielen, die meiner Schweſter. Als wir endlich manchen Strom von Wohlge¬ ruch durchſchnitten hatten — denn man geht oft drauſſen vor parfuͤmirten Luͤftchen vorbei, von de¬ nen man nicht weiß woher ſie wehen; — als alle Freuden-Duͤnſte des heutigen Tages im Auge zum Abendthau zuſammenfloſſen und mit der Sonne ſan¬ ken; als der Theil des Himmels, den die Son¬ ne uͤberflammte, weiß zu gluͤhen anfieng eh' er roth zu gluͤhen began, indeß der oͤſtliche Theil im dunkeln Blau nun der Nacht entgegen kam; als wir jedem Vogel und Schmetterling und Wan¬ derer, der nach Lilienbad ſeine Richtung nahm, mit den Augen nachgezogen waren: — ſo ſchloß uns endlich das ſchoͤne Thal, in das wir ſo viele

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793/295
Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793/295>, abgerufen am 18.05.2024.