Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793.sollt mir willkommen in meinem Hause seyn, zu¬ Jezt begreif' ich warum ein Mensch, ein Kö¬ ſollt mir willkommen in meinem Hauſe ſeyn‚ zu¬ Jezt begreif' ich warum ein Menſch, ein Koͤ¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0156" n="146"/> ſollt mir willkommen in meinem Hauſe ſeyn‚ zu¬<lb/> mal wenn ihr aus einem andern ausziehet‚ wo<lb/> der Miethsherr die Freude lieber hineinhat. — O<lb/> euch‚ ihr armen bleichen aus Erdfarben gemach¬<lb/> ten Bilder‚ ihr Menſchen‚ lieb' und duld' ich<lb/> nun doppelt: denn wer anders als die Liebe zieht<lb/> uns durch das Gefuͤhl der Unvergaͤnglichkeit wieder<lb/> aus der Todesaſche heraus? Wer ſollt' euch euere<lb/> zwei Decembertage, die ihr 80 Jahre nennt, noch<lb/> kaͤlter und kuͤrzer machen? ach wir ſind nur zit¬<lb/> ternde Schatten! und doch will ein Schatten den<lb/> andern zerreißen? —</p><lb/> <p>Jezt begreif' ich warum ein Menſch, ein Koͤ¬<lb/> nig in ſeinen alten Tagen ins Kloſter geht: was<lb/> will er an einem Hofe oder auf einer Boͤrſe ma¬<lb/> chen, wenn die Sinnenwelt vor ihm zuruͤck weicht<lb/> und alles ausſieht wie ein ausgeſpannter großer<lb/> Flor, indeß bloß die hoͤhere zweite Welt mit ih¬<lb/> ren Strahlen in dieſes Schwarz herein haͤngt? ſo<lb/> leget der Himmel, wenn man ihn auf hohen Ber¬<lb/> gen beſieht, ſein Blau ab und wird ſchwarz, weil<lb/> jenes nicht ſeine, ſondern unſrer Athmoſphaͤre Far¬<lb/> be iſt: aber die Sonne iſt dann wie ein brennen¬<lb/> des Siegel des Lebens in dieſe Nacht gedruͤckt und<lb/> flammt fort. . . .</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [146/0156]
ſollt mir willkommen in meinem Hauſe ſeyn‚ zu¬
mal wenn ihr aus einem andern ausziehet‚ wo
der Miethsherr die Freude lieber hineinhat. — O
euch‚ ihr armen bleichen aus Erdfarben gemach¬
ten Bilder‚ ihr Menſchen‚ lieb' und duld' ich
nun doppelt: denn wer anders als die Liebe zieht
uns durch das Gefuͤhl der Unvergaͤnglichkeit wieder
aus der Todesaſche heraus? Wer ſollt' euch euere
zwei Decembertage, die ihr 80 Jahre nennt, noch
kaͤlter und kuͤrzer machen? ach wir ſind nur zit¬
ternde Schatten! und doch will ein Schatten den
andern zerreißen? —
Jezt begreif' ich warum ein Menſch, ein Koͤ¬
nig in ſeinen alten Tagen ins Kloſter geht: was
will er an einem Hofe oder auf einer Boͤrſe ma¬
chen, wenn die Sinnenwelt vor ihm zuruͤck weicht
und alles ausſieht wie ein ausgeſpannter großer
Flor, indeß bloß die hoͤhere zweite Welt mit ih¬
ren Strahlen in dieſes Schwarz herein haͤngt? ſo
leget der Himmel, wenn man ihn auf hohen Ber¬
gen beſieht, ſein Blau ab und wird ſchwarz, weil
jenes nicht ſeine, ſondern unſrer Athmoſphaͤre Far¬
be iſt: aber die Sonne iſt dann wie ein brennen¬
des Siegel des Lebens in dieſe Nacht gedruͤckt und
flammt fort. . . .
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Zitationshilfe: | Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793/156>, abgerufen am 16.02.2025. |