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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793.

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gen, das kein Erdenfrühling heilt -- wenn ich mich
dann doch an meine eigne Jugend erinnere, an mei¬
ne Spatzier-Gallopaden um Scheerau, an die in Pa¬
via und an die, die mit mir giengen -- wenn ich mich
dann natürlicher Weise nach denen umsehe, die mir
vom gefallnen Tempel meiner Jugend noch als hohe
Ruinen stehen geblieben -- und wenn mich dann,
weil ich mich um[d][r]ehe, um zu schauen, ob keiner aus
Wäldern, über Wiesen, von Bergen an einem so
schönen Tage zu mir gegangen kömmt, der Gedanke
wie Herzklopfen anfällt, daß nach allen vier Welt-
Ecken, wohin ich mich gedrehet, Gottesäcker und Kirchen
liegen, in denen die, die mich jetzt trösten und beglei¬
ten sollen, unter der undurchsichtigen Erdrinde und
ihrem Blumenwerk mit geraden Armen versteckt und
gefangen liegen, und daß bloß ich allein aussen ge¬
blieben und den Herbst in meiner Brust hier im
Frühling herumtrage: So werd' ich gar nicht ins stil¬
le Land gehen, sondern einsam nach Hause gehen und
mich einschliessen und meinen Kopf auf den Arm mit
den Augen legen und wünschen, daß mir das Herz
breche, so gut wie meinen Bekannten; ich werde sa¬
gen, ich wollt' es wäre vorbei: Dann, geliebter
Sohn, geliebter Freund, (der du als der jüngste mei¬

gen, das kein Erdenfruͤhling heilt — wenn ich mich
dann doch an meine eigne Jugend erinnere, an mei¬
ne Spatzier-Gallopaden um Scheerau, an die in Pa¬
via und an die, die mit mir giengen — wenn ich mich
dann natuͤrlicher Weiſe nach denen umſehe, die mir
vom gefallnen Tempel meiner Jugend noch als hohe
Ruinen ſtehen geblieben — und wenn mich dann,
weil ich mich um[d][r]ehe, um zu ſchauen, ob keiner aus
Waͤldern, uͤber Wieſen, von Bergen an einem ſo
ſchoͤnen Tage zu mir gegangen koͤmmt, der Gedanke
wie Herzklopfen anfaͤllt, daß nach allen vier Welt-
Ecken, wohin ich mich gedrehet, Gottesaͤcker und Kirchen
liegen, in denen die, die mich jetzt troͤſten und beglei¬
ten ſollen, unter der undurchſichtigen Erdrinde und
ihrem Blumenwerk mit geraden Armen verſteckt und
gefangen liegen, und daß bloß ich allein auſſen ge¬
blieben und den Herbſt in meiner Bruſt hier im
Fruͤhling herumtrage: So werd' ich gar nicht ins ſtil¬
le Land gehen, ſondern einſam nach Hauſe gehen und
mich einſchlieſſen und meinen Kopf auf den Arm mit
den Augen legen und wuͤnſchen, daß mir das Herz
breche, ſo gut wie meinen Bekannten; ich werde ſa¬
gen, ich wollt' es waͤre vorbei: Dann, geliebter
Sohn, geliebter Freund, (der du als der juͤngſte mei¬

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[105/0115] gen, das kein Erdenfruͤhling heilt — wenn ich mich dann doch an meine eigne Jugend erinnere, an mei¬ ne Spatzier-Gallopaden um Scheerau, an die in Pa¬ via und an die, die mit mir giengen — wenn ich mich dann natuͤrlicher Weiſe nach denen umſehe, die mir vom gefallnen Tempel meiner Jugend noch als hohe Ruinen ſtehen geblieben — und wenn mich dann, weil ich mich umdrehe, um zu ſchauen, ob keiner aus Waͤldern, uͤber Wieſen, von Bergen an einem ſo ſchoͤnen Tage zu mir gegangen koͤmmt, der Gedanke wie Herzklopfen anfaͤllt, daß nach allen vier Welt- Ecken, wohin ich mich gedrehet, Gottesaͤcker und Kirchen liegen, in denen die, die mich jetzt troͤſten und beglei¬ ten ſollen, unter der undurchſichtigen Erdrinde und ihrem Blumenwerk mit geraden Armen verſteckt und gefangen liegen, und daß bloß ich allein auſſen ge¬ blieben und den Herbſt in meiner Bruſt hier im Fruͤhling herumtrage: So werd' ich gar nicht ins ſtil¬ le Land gehen, ſondern einſam nach Hauſe gehen und mich einſchlieſſen und meinen Kopf auf den Arm mit den Augen legen und wuͤnſchen, daß mir das Herz breche, ſo gut wie meinen Bekannten; ich werde ſa¬ gen, ich wollt' es waͤre vorbei: Dann, geliebter Sohn, geliebter Freund, (der du als der juͤngſte mei¬

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Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793/115>, abgerufen am 23.11.2024.