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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.

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ohne Flecken und Federn zusammensetzte, hinaus¬
werfe in die schmutzige Welt, in der sehr bald Bocks¬
blut auf ihn tropfen wird, aus seiner Meerstille der
Leidenschaften heraus in den sogenannten Himmel
hinein, wo neben den Seeligen eben so viele Ver¬
dammte gehen. -- Aber, da er alsdann doch auch
der großen Natur ins Angesicht schauen darf; so ists
doch nicht sein Schicksal allein, was mich beklemmt,
sondern meines und fremdes, weil ich bedenke, durch
wie viel Koth unsere Lehrer unsern innern Menschen
wie einen Missethäter schleifen, eh' er sich aufrichten
darf -- ach hätte ein Pythagoras, statt des Latei¬
nischen und der syrischen Geschichte, unser Herz zu
einer sanft erbebenden Aeolsharfe, auf der die
Natur spielet und ihre Empfindung ausdrückt, und
nicht zu einer lärmenden Feuertrommel aller
Leidenschaften werden lassen -- wie weit -- da das
Genie, aber nie die Tugend Gränzen hat und jeder
Reine und Gute noch reiner werden kann -- könn¬
ten wir nicht seyn!

Wie Gustav eine Nacht wartet: so will ich auch
die Schilderung davon um eine verschieben, um sie
Morgen mit aller Wollust meiner Seele zu geben.


ohne Flecken und Federn zuſammenſetzte, hinaus¬
werfe in die ſchmutzige Welt, in der ſehr bald Bocks¬
blut auf ihn tropfen wird, aus ſeiner Meerſtille der
Leidenſchaften heraus in den ſogenannten Himmel
hinein, wo neben den Seeligen eben ſo viele Ver¬
dammte gehen. — Aber, da er alsdann doch auch
der großen Natur ins Angeſicht ſchauen darf; ſo iſts
doch nicht ſein Schickſal allein, was mich beklemmt,
ſondern meines und fremdes, weil ich bedenke, durch
wie viel Koth unſere Lehrer unſern innern Menſchen
wie einen Miſſethaͤter ſchleifen, eh' er ſich aufrichten
darf — ach haͤtte ein Pythagoras, ſtatt des Latei¬
niſchen und der ſyriſchen Geſchichte, unſer Herz zu
einer ſanft erbebenden Aeolsharfe, auf der die
Natur ſpielet und ihre Empfindung ausdruͤckt, und
nicht zu einer laͤrmenden Feuertrommel aller
Leidenſchaften werden laſſen — wie weit — da das
Genie, aber nie die Tugend Graͤnzen hat und jeder
Reine und Gute noch reiner werden kann — koͤnn¬
ten wir nicht ſeyn!

Wie Guſtav eine Nacht wartet: ſo will ich auch
die Schilderung davon um eine verſchieben, um ſie
Morgen mit aller Wolluſt meiner Seele zu geben.


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[56/0092] ohne Flecken und Federn zuſammenſetzte, hinaus¬ werfe in die ſchmutzige Welt, in der ſehr bald Bocks¬ blut auf ihn tropfen wird, aus ſeiner Meerſtille der Leidenſchaften heraus in den ſogenannten Himmel hinein, wo neben den Seeligen eben ſo viele Ver¬ dammte gehen. — Aber, da er alsdann doch auch der großen Natur ins Angeſicht ſchauen darf; ſo iſts doch nicht ſein Schickſal allein, was mich beklemmt, ſondern meines und fremdes, weil ich bedenke, durch wie viel Koth unſere Lehrer unſern innern Menſchen wie einen Miſſethaͤter ſchleifen, eh' er ſich aufrichten darf — ach haͤtte ein Pythagoras, ſtatt des Latei¬ niſchen und der ſyriſchen Geſchichte, unſer Herz zu einer ſanft erbebenden Aeolsharfe, auf der die Natur ſpielet und ihre Empfindung ausdruͤckt, und nicht zu einer laͤrmenden Feuertrommel aller Leidenſchaften werden laſſen — wie weit — da das Genie, aber nie die Tugend Graͤnzen hat und jeder Reine und Gute noch reiner werden kann — koͤnn¬ ten wir nicht ſeyn! Wie Guſtav eine Nacht wartet: ſo will ich auch die Schilderung davon um eine verſchieben, um ſie Morgen mit aller Wolluſt meiner Seele zu geben.

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Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/92>, abgerufen am 24.11.2024.