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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.

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wahren mit allen Reizen aus und Gustav stirbt
einmal entzückter als einer von uns. Anstatt daß
andere uns die Hölle offen sehen lassen: verhieß
er ihn, er würde wie Stephanus, an seinem To¬
destage den Himmel offen sehen. -- Dies geschah.
Ihr unterirrdisches Josaphats Thal hatte außer
der erwähnten Kellertreppe noch einen langen wag¬
rechten Kreuzgang, der am Fuße des Bergs ins
Thal und ins Dörfgen darin offen stand, und den
zwei Thüren in verschiedenen Zwischenräumen ver¬
sperrten. Diese Thüren ließ er in der Nacht vor
dem ersten Junius, als blos das dünne lichte
Mondkomma in der blauen Nacht herumflimmerte,
mitten in einem Gebete unvermerkt aufziehen --
und nun siehst du zum erstenmale in deinem Le¬
ben und auf den Knieen, Gustav, in das weite
9 Millionen Quadratmeilen große Theater des
menschlichen Leidens und Thuns hinein, aber nur
so wie wir in den nächtlichen Kindheitsjahren und
unter dem Flor, womit uns die Mutter gegen
Mücken überhüllte, siehest Du in das Nachtmeer
hinein, das vor Dir unermeslich hinaus steht mit
schwankenden Blüthen und schießenden Feuerkä¬
fern, die sich neben den Sternen zu bewegen schei¬

wahren mit allen Reizen aus und Guſtav ſtirbt
einmal entzuͤckter als einer von uns. Anſtatt daß
andere uns die Hoͤlle offen ſehen laſſen: verhieß
er ihn, er wuͤrde wie Stephanus, an ſeinem To¬
destage den Himmel offen ſehen. — Dies geſchah.
Ihr unterirrdiſches Joſaphats Thal hatte außer
der erwaͤhnten Kellertreppe noch einen langen wag¬
rechten Kreuzgang, der am Fuße des Bergs ins
Thal und ins Doͤrfgen darin offen ſtand, und den
zwei Thuͤren in verſchiedenen Zwiſchenraͤumen ver¬
ſperrten. Dieſe Thuͤren ließ er in der Nacht vor
dem erſten Junius, als blos das duͤnne lichte
Mondkomma in der blauen Nacht herumflimmerte,
mitten in einem Gebete unvermerkt aufziehen —
und nun ſiehſt du zum erſtenmale in deinem Le¬
ben und auf den Knieen, Guſtav, in das weite
9 Millionen Quadratmeilen große Theater des
menſchlichen Leidens und Thuns hinein, aber nur
ſo wie wir in den naͤchtlichen Kindheitsjahren und
unter dem Flor, womit uns die Mutter gegen
Muͤcken uͤberhuͤllte, ſieheſt Du in das Nachtmeer
hinein, das vor Dir unermeslich hinaus ſteht mit
ſchwankenden Bluͤthen und ſchießenden Feuerkaͤ¬
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[54/0090] wahren mit allen Reizen aus und Guſtav ſtirbt einmal entzuͤckter als einer von uns. Anſtatt daß andere uns die Hoͤlle offen ſehen laſſen: verhieß er ihn, er wuͤrde wie Stephanus, an ſeinem To¬ destage den Himmel offen ſehen. — Dies geſchah. Ihr unterirrdiſches Joſaphats Thal hatte außer der erwaͤhnten Kellertreppe noch einen langen wag¬ rechten Kreuzgang, der am Fuße des Bergs ins Thal und ins Doͤrfgen darin offen ſtand, und den zwei Thuͤren in verſchiedenen Zwiſchenraͤumen ver¬ ſperrten. Dieſe Thuͤren ließ er in der Nacht vor dem erſten Junius, als blos das duͤnne lichte Mondkomma in der blauen Nacht herumflimmerte, mitten in einem Gebete unvermerkt aufziehen — und nun ſiehſt du zum erſtenmale in deinem Le¬ ben und auf den Knieen, Guſtav, in das weite 9 Millionen Quadratmeilen große Theater des menſchlichen Leidens und Thuns hinein, aber nur ſo wie wir in den naͤchtlichen Kindheitsjahren und unter dem Flor, womit uns die Mutter gegen Muͤcken uͤberhuͤllte, ſieheſt Du in das Nachtmeer hinein, das vor Dir unermeslich hinaus ſteht mit ſchwankenden Bluͤthen und ſchießenden Feuerkaͤ¬ fern, die ſich neben den Sternen zu bewegen ſchei¬

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Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/90>, abgerufen am 21.11.2024.