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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.

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tiert, in kostbare (damit die Leute sehen, daß er die
elenden nicht aus Armuth trüge) und in eben diese
elende, die er allzeit mit jenen zugleich anhatte.
Stachen nicht die Klappen-Segel der schönsten gestick[¬]
ten Weste allemal aus einem fuchsbraunen Ueberrock
heraus, der fast in seiner Haar-Mauße verschied?
Hätt' er nicht unter einem Hut für 2 Ld'or einen
schimpflichen Zopf aufgehangen, den er für nicht
mehr erstanden als für drei hiesige Sechser? Freilich
wars halb aus Erbitterung gegen diesen so geschmack¬
vollen schwarzen Krebsschwanz des Kopfes, gegen
dieses wie ein Tubus sich verkürzendes und verlänge¬
rendes Nacken-Gehenk an der vierten gedankenvol¬
len Gehirnkammer. Sein Schreib-Service muste
schöner als sein Eß-Service und sein Papier feiner
als seine Wäsche sein; er konnte nirgends schlechte
kleine Federn leiden als blos auf seinem Hute, den
sein Bette -- und seine den Ehelosen natürliche Un¬
ordnung -- so zu sagen in einen adlichen Federhut
umbesserte; indessen setzte er seinen Bettfedern in
den Haaren gute Seekiele hinter den Ohren an die
Seite -- der Prinzipalkommissarius hätte sie auf dem
Reichstag mit Ehren hinter die seinigen stecken kön¬
nen! --

tiert, in koſtbare (damit die Leute ſehen, daß er die
elenden nicht aus Armuth truͤge) und in eben dieſe
elende, die er allzeit mit jenen zugleich anhatte.
Stachen nicht die Klappen-Segel der ſchoͤnſten geſtick[¬]
ten Weſte allemal aus einem fuchsbraunen Ueberrock
heraus, der faſt in ſeiner Haar-Mauße verſchied?
Haͤtt' er nicht unter einem Hut fuͤr 2 Ld’or einen
ſchimpflichen Zopf aufgehangen, den er fuͤr nicht
mehr erſtanden als fuͤr drei hieſige Sechſer? Freilich
wars halb aus Erbitterung gegen dieſen ſo geſchmack¬
vollen ſchwarzen Krebsſchwanz des Kopfes, gegen
dieſes wie ein Tubus ſich verkuͤrzendes und verlaͤnge¬
rendes Nacken-Gehenk an der vierten gedankenvol¬
len Gehirnkammer. Sein Schreib-Service muſte
ſchoͤner als ſein Eß-Service und ſein Papier feiner
als ſeine Waͤſche ſein; er konnte nirgends ſchlechte
kleine Federn leiden als blos auf ſeinem Hute, den
ſein Bette — und ſeine den Eheloſen natuͤrliche Un¬
ordnung — ſo zu ſagen in einen adlichen Federhut
umbeſſerte; indeſſen ſetzte er ſeinen Bettfedern in
den Haaren gute Seekiele hinter den Ohren an die
Seite — der Prinzipalkommiſſarius haͤtte ſie auf dem
Reichstag mit Ehren hinter die ſeinigen ſtecken koͤn¬
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[15/0051] tiert, in koſtbare (damit die Leute ſehen, daß er die elenden nicht aus Armuth truͤge) und in eben dieſe elende, die er allzeit mit jenen zugleich anhatte. Stachen nicht die Klappen-Segel der ſchoͤnſten geſtick¬ ten Weſte allemal aus einem fuchsbraunen Ueberrock heraus, der faſt in ſeiner Haar-Mauße verſchied? Haͤtt' er nicht unter einem Hut fuͤr 2 Ld’or einen ſchimpflichen Zopf aufgehangen, den er fuͤr nicht mehr erſtanden als fuͤr drei hieſige Sechſer? Freilich wars halb aus Erbitterung gegen dieſen ſo geſchmack¬ vollen ſchwarzen Krebsſchwanz des Kopfes, gegen dieſes wie ein Tubus ſich verkuͤrzendes und verlaͤnge¬ rendes Nacken-Gehenk an der vierten gedankenvol¬ len Gehirnkammer. Sein Schreib-Service muſte ſchoͤner als ſein Eß-Service und ſein Papier feiner als ſeine Waͤſche ſein; er konnte nirgends ſchlechte kleine Federn leiden als blos auf ſeinem Hute, den ſein Bette — und ſeine den Eheloſen natuͤrliche Un¬ ordnung — ſo zu ſagen in einen adlichen Federhut umbeſſerte; indeſſen ſetzte er ſeinen Bettfedern in den Haaren gute Seekiele hinter den Ohren an die Seite — der Prinzipalkommiſſarius haͤtte ſie auf dem Reichstag mit Ehren hinter die ſeinigen ſtecken koͤn¬ nen! —

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Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/51>, abgerufen am 21.11.2024.