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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.

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beerben gedachte und weil Ernestine selber einmal
so lange bei ihr und in der Stadt gewesen war,
daß sie recht gut eilftausend Pfiffe mit wegbringen
konnte -- drei Wochen nämlich.

"Die vorige Woche hatt' ich Ihnen wirklich
nichts zu schreiben als das alte Lied. Unser Ge¬
spiele ennuirt mich unendlich und es dauert mich
nur der Rittmeister; es hilft aber bei meinem Va¬
ter kein Reden, sobald er nur jemand haben kann,
den er spielen sieht. Wärs nicht besser, der gute
Rittmeister ließe seinen Kutscher, der den ganzen
Tag in unserer Domestikenstube schnarcht, aufwe¬
cken und anspannen und führ' ab? Seit[ ]dem Sonn¬
tage martern wir uns nun an Einer Parthie her¬
um und ich habe mir schon den Ellenbogen wund
gestützt -- Abends soll sie zu Ende.

Abends um 12 Uhr. Er verlierts allemal
mit seinen Springern und durch meine Königin.
Wenn er einmal geheirathet hat: so will ich ihm
seine Fehlgriffe und meine Kunstgriffe zeigen. Ich
bin recht verdrüßlich, gnädige Tante.

Den 16. Jun. In vier Tagen bin ich von
meinem Spieler und Schachbrett los und ich will
dieses nicht zusiegeln bis ich Ihnen schreiben kann,

beerben gedachte und weil Erneſtine ſelber einmal
ſo lange bei ihr und in der Stadt geweſen war,
daß ſie recht gut eilftauſend Pfiffe mit wegbringen
konnte — drei Wochen naͤmlich.

„Die vorige Woche hatt' ich Ihnen wirklich
nichts zu ſchreiben als das alte Lied. Unſer Ge¬
ſpiele ennuirt mich unendlich und es dauert mich
nur der Rittmeiſter; es hilft aber bei meinem Va¬
ter kein Reden, ſobald er nur jemand haben kann,
den er ſpielen ſieht. Waͤrs nicht beſſer, der gute
Rittmeiſter ließe ſeinen Kutſcher, der den ganzen
Tag in unſerer Domeſtikenſtube ſchnarcht, aufwe¬
cken und anſpannen und fuͤhr' ab? Seit[ ]dem Sonn¬
tage martern wir uns nun an Einer Parthie her¬
um und ich habe mir ſchon den Ellenbogen wund
geſtuͤtzt — Abends ſoll ſie zu Ende.

Abends um 12 Uhr. Er verlierts allemal
mit ſeinen Springern und durch meine Koͤnigin.
Wenn er einmal geheirathet hat: ſo will ich ihm
ſeine Fehlgriffe und meine Kunſtgriffe zeigen. Ich
bin recht verdruͤßlich, gnaͤdige Tante.

Den 16. Jun. In vier Tagen bin ich von
meinem Spieler und Schachbrett los und ich will
dieſes nicht zuſiegeln bis ich Ihnen ſchreiben kann,

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[11/0047] beerben gedachte und weil Erneſtine ſelber einmal ſo lange bei ihr und in der Stadt geweſen war, daß ſie recht gut eilftauſend Pfiffe mit wegbringen konnte — drei Wochen naͤmlich. „Die vorige Woche hatt' ich Ihnen wirklich nichts zu ſchreiben als das alte Lied. Unſer Ge¬ ſpiele ennuirt mich unendlich und es dauert mich nur der Rittmeiſter; es hilft aber bei meinem Va¬ ter kein Reden, ſobald er nur jemand haben kann, den er ſpielen ſieht. Waͤrs nicht beſſer, der gute Rittmeiſter ließe ſeinen Kutſcher, der den ganzen Tag in unſerer Domeſtikenſtube ſchnarcht, aufwe¬ cken und anſpannen und fuͤhr' ab? Seit dem Sonn¬ tage martern wir uns nun an Einer Parthie her¬ um und ich habe mir ſchon den Ellenbogen wund geſtuͤtzt — Abends ſoll ſie zu Ende. Abends um 12 Uhr. Er verlierts allemal mit ſeinen Springern und durch meine Koͤnigin. Wenn er einmal geheirathet hat: ſo will ich ihm ſeine Fehlgriffe und meine Kunſtgriffe zeigen. Ich bin recht verdruͤßlich, gnaͤdige Tante. Den 16. Jun. In vier Tagen bin ich von meinem Spieler und Schachbrett los und ich will dieſes nicht zuſiegeln bis ich Ihnen ſchreiben kann,

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Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/47>, abgerufen am 20.04.2024.