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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.

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zurathen: unter allen warmen Getränken ist kalter
Kaffee zwar vom abscheulichsten Geschmack aber doch
von der geringsten Wirkung. Der schlafende Tag
wird schon wie eine schlafende Schöne, in der die
Morgenträume glühen, roth und muß bald das
Aug' aufschlagen. Sein erstes wird -- poetisch zu
reden -- seyn, daß er meine Schwester weckt und
mit ihr als Schlafgenoß in meine Stube tritt.
Ich sollte wie ein mährischer Bruder ein Paar tau¬
send Schwestern haben, so lieb' ich sie überhaupt
alle. Wahrlich manchmal will ich mit den stößigen
Satyrs-Bocksfüßen gegen das gute weibliche Ge¬
schlecht ausschlagen und laß' es bleiben, weil ich
neben mir die kleinen Kirchenschuhe meiner Philip¬
pine sehe und mir die schmalen weiblichen Füße
hinein denke, die in so manchem Dornenspeer und
Wasser stehen, weil beide durch ihre dünne Da¬
men- Lafetten so leicht dringen. Die leeren Klei¬
der eines Menschen, zumal der Kinder, flößen
mir Wohlwollen und Trauern ein, weil sie an
die Leiden erinnern, die das arme Inserat darin
schon muß ausgestanden haben; und ich hätte mich
einmal in Karlsbad leicht mit einer Böhmin aus¬
gesöhnet, wenn sie mich ihre Parüre, ohne daß
sie d'rinnen war, hätte beschauen lassen.. ¬

zurathen: unter allen warmen Getraͤnken iſt kalter
Kaffee zwar vom abſcheulichſten Geſchmack aber doch
von der geringſten Wirkung. Der ſchlafende Tag
wird ſchon wie eine ſchlafende Schoͤne, in der die
Morgentraͤume gluͤhen, roth und muß bald das
Aug' aufſchlagen. Sein erſtes wird — poetiſch zu
reden — ſeyn, daß er meine Schweſter weckt und
mit ihr als Schlafgenoß in meine Stube tritt.
Ich ſollte wie ein maͤhriſcher Bruder ein Paar tau¬
ſend Schweſtern haben, ſo lieb' ich ſie uͤberhaupt
alle. Wahrlich manchmal will ich mit den ſtoͤßigen
Satyrs-Bocksfuͤßen gegen das gute weibliche Ge¬
ſchlecht ausſchlagen und laß' es bleiben, weil ich
neben mir die kleinen Kirchenſchuhe meiner Philip¬
pine ſehe und mir die ſchmalen weiblichen Fuͤße
hinein denke, die in ſo manchem Dornenſpeer und
Waſſer ſtehen, weil beide durch ihre duͤnne Da¬
men– Lafetten ſo leicht dringen. Die leeren Klei¬
der eines Menſchen, zumal der Kinder, floͤßen
mir Wohlwollen und Trauern ein, weil ſie an
die Leiden erinnern, die das arme Inſerat darin
ſchon muß ausgeſtanden haben; und ich haͤtte mich
einmal in Karlsbad leicht mit einer Boͤhmin aus¬
geſoͤhnet, wenn ſie mich ihre Paruͤre, ohne daß
ſie d'rinnen war, haͤtte beſchauen laſſen.. ¬

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[380/0416] zurathen: unter allen warmen Getraͤnken iſt kalter Kaffee zwar vom abſcheulichſten Geſchmack aber doch von der geringſten Wirkung. Der ſchlafende Tag wird ſchon wie eine ſchlafende Schoͤne, in der die Morgentraͤume gluͤhen, roth und muß bald das Aug' aufſchlagen. Sein erſtes wird — poetiſch zu reden — ſeyn, daß er meine Schweſter weckt und mit ihr als Schlafgenoß in meine Stube tritt. Ich ſollte wie ein maͤhriſcher Bruder ein Paar tau¬ ſend Schweſtern haben, ſo lieb' ich ſie uͤberhaupt alle. Wahrlich manchmal will ich mit den ſtoͤßigen Satyrs-Bocksfuͤßen gegen das gute weibliche Ge¬ ſchlecht ausſchlagen und laß' es bleiben, weil ich neben mir die kleinen Kirchenſchuhe meiner Philip¬ pine ſehe und mir die ſchmalen weiblichen Fuͤße hinein denke, die in ſo manchem Dornenſpeer und Waſſer ſtehen, weil beide durch ihre duͤnne Da¬ men– Lafetten ſo leicht dringen. Die leeren Klei¬ der eines Menſchen, zumal der Kinder, floͤßen mir Wohlwollen und Trauern ein, weil ſie an die Leiden erinnern, die das arme Inſerat darin ſchon muß ausgeſtanden haben; und ich haͤtte mich einmal in Karlsbad leicht mit einer Boͤhmin aus¬ geſoͤhnet, wenn ſie mich ihre Paruͤre, ohne daß ſie d'rinnen war, haͤtte beſchauen laſſen.. ¬

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Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 380. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/416>, abgerufen am 24.11.2024.