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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.

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in meiner: freilich muß ich noch manches saure
Gesicht wegscheuern, das sie mir mit machen, weil
sie es meinem weniggeliebten Prinzipal machen:
denn Volk und Adel lagen nicht bloß in Rom, son¬
dern auch in heutigen Dörfern stets einander in
Haaren und Zöpfen und fechten über Schuldensa¬
chen. Ausser meiner Gerichtshalterei feierte heute
noch etwas seinen Geburtstag -- der Verleiher
derselben, Röper; wir aßen also recht gut zweier¬
lei Dingen zu Ehren, erstlich weil das von ihm
dissolvirte Parlament in mir heute wieder zusam¬
menberufen und zweitens weil der Berufer vor vie¬
len Jahren geboren worden. Ich kann sagen, mir
war wohl dabei trotz meiner Verschiedenheit vom
Wiedergebornen -- von dir ist gar nicht die Rede,
Louise und Gerichtsprinzipalin! welches lahme
Herz schlüge nicht mit deinem in sympathetischer
Harmonie zusammen, wenn es dein Auge über
das Vergnügen deines Mannes und von Wünschen
für sein Leben glänzen sieht -- sondern von deinem
Eheherrn selbst red' ich: er sei nun wie er will,
mir ists unmöglich, von einem Manne, mit dem
ich unter Einer Stubendecke sitze, das Schlimme
zu denken das ich bisher von ihm gehört oder auch

in meiner: freilich muß ich noch manches ſaure
Geſicht wegſcheuern, das ſie mir mit machen, weil
ſie es meinem weniggeliebten Prinzipal machen:
denn Volk und Adel lagen nicht bloß in Rom, ſon¬
dern auch in heutigen Doͤrfern ſtets einander in
Haaren und Zoͤpfen und fechten uͤber Schuldenſa¬
chen. Auſſer meiner Gerichtshalterei feierte heute
noch etwas ſeinen Geburtstag — der Verleiher
derſelben, Roͤper; wir aßen alſo recht gut zweier¬
lei Dingen zu Ehren, erſtlich weil das von ihm
diſſolvirte Parlament in mir heute wieder zuſam¬
menberufen und zweitens weil der Berufer vor vie¬
len Jahren geboren worden. Ich kann ſagen, mir
war wohl dabei trotz meiner Verſchiedenheit vom
Wiedergebornen — von dir iſt gar nicht die Rede,
Louiſe und Gerichtsprinzipalin! welches lahme
Herz ſchluͤge nicht mit deinem in ſympathetiſcher
Harmonie zuſammen, wenn es dein Auge uͤber
das Vergnuͤgen deines Mannes und von Wuͤnſchen
fuͤr ſein Leben glaͤnzen ſieht — ſondern von deinem
Eheherrn ſelbſt red' ich: er ſei nun wie er will,
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[308/0344] in meiner: freilich muß ich noch manches ſaure Geſicht wegſcheuern, das ſie mir mit machen, weil ſie es meinem weniggeliebten Prinzipal machen: denn Volk und Adel lagen nicht bloß in Rom, ſon¬ dern auch in heutigen Doͤrfern ſtets einander in Haaren und Zoͤpfen und fechten uͤber Schuldenſa¬ chen. Auſſer meiner Gerichtshalterei feierte heute noch etwas ſeinen Geburtstag — der Verleiher derſelben, Roͤper; wir aßen alſo recht gut zweier¬ lei Dingen zu Ehren, erſtlich weil das von ihm diſſolvirte Parlament in mir heute wieder zuſam¬ menberufen und zweitens weil der Berufer vor vie¬ len Jahren geboren worden. Ich kann ſagen, mir war wohl dabei trotz meiner Verſchiedenheit vom Wiedergebornen — von dir iſt gar nicht die Rede, Louiſe und Gerichtsprinzipalin! welches lahme Herz ſchluͤge nicht mit deinem in ſympathetiſcher Harmonie zuſammen, wenn es dein Auge uͤber das Vergnuͤgen deines Mannes und von Wuͤnſchen fuͤr ſein Leben glaͤnzen ſieht — ſondern von deinem Eheherrn ſelbſt red' ich: er ſei nun wie er will, mir iſts unmoͤglich, von einem Manne, mit dem ich unter Einer Stubendecke ſitze, das Schlimme zu denken das ich bisher von ihm gehoͤrt oder auch

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Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 308. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/344>, abgerufen am 13.05.2024.