Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.

Bild:
<< vorherige Seite

Ein Eisberg fiel auf seine starrende Haut in der
ersten Sekunde; aber in der zweiten glühte er
wieder an, gab seine Arme dem Tode und dem
Freunde und schlug das Auge an Einer Luftstelle
unter dem Monds-Blenden ein, um etwas zu
sehen. -- Die zwei Welten waren nun für ihn in
eine zusammengefallen; gefast erwartete er den
Freund aus der Welt hinter den Sonnen und woll¬
te an seine Aetherbrust stürzen mit einer von Erde.
Er glühte sich ab und gieng endlich mit dem Schau¬
dern der Seele und der Haut ins Bett zurück.
Aber lange werden von dieser Stunde her, wie
von der Gegend eines Gewitters die Winde, die
Bewegungen seiner Seele wehen.

-- -- Der Staarmatz thats vermuthlich, der
so viel ich weiß aus dem Bauer entkommen war.
Gustav erfuhrs nicht. Ob eine Seele Wellen gleich
einem Setzteich, so hoch wie Hemd-Jabots, oder
gleich dem Ozean solche wie Alpen schlage, das ist
zweierlei; ob diese hohen Bewegungen ein Staar
erregt oder ein Seeliger, das ist einerlei.

Der Professor lehrte ihn unter meinen Ohren
güldne Brokardika der Menschenkenntniß, die er
durch das Lehren selber übertrat -- z. B. Nicht

Ein Eisberg fiel auf ſeine ſtarrende Haut in der
erſten Sekunde; aber in der zweiten gluͤhte er
wieder an, gab ſeine Arme dem Tode und dem
Freunde und ſchlug das Auge an Einer Luftſtelle
unter dem Monds-Blenden ein, um etwas zu
ſehen. — Die zwei Welten waren nun fuͤr ihn in
eine zuſammengefallen; gefaſt erwartete er den
Freund aus der Welt hinter den Sonnen und woll¬
te an ſeine Aetherbruſt ſtuͤrzen mit einer von Erde.
Er gluͤhte ſich ab und gieng endlich mit dem Schau¬
dern der Seele und der Haut ins Bett zuruͤck.
Aber lange werden von dieſer Stunde her, wie
von der Gegend eines Gewitters die Winde, die
Bewegungen ſeiner Seele wehen.

— — Der Staarmatz thats vermuthlich, der
ſo viel ich weiß aus dem Bauer entkommen war.
Guſtav erfuhrs nicht. Ob eine Seele Wellen gleich
einem Setzteich, ſo hoch wie Hemd-Jabots, oder
gleich dem Ozean ſolche wie Alpen ſchlage, das iſt
zweierlei; ob dieſe hohen Bewegungen ein Staar
erregt oder ein Seeliger, das iſt einerlei.

Der Profeſſor lehrte ihn unter meinen Ohren
guͤldne Brokardika der Menſchenkenntniß, die er
durch das Lehren ſelber uͤbertrat — z. B. Nicht

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0319" n="283"/>
Ein Eisberg fiel auf &#x017F;eine &#x017F;tarrende Haut in der<lb/>
er&#x017F;ten Sekunde; aber in der zweiten glu&#x0364;hte er<lb/>
wieder an, gab &#x017F;eine Arme dem Tode und dem<lb/>
Freunde und &#x017F;chlug das Auge an Einer Luft&#x017F;telle<lb/>
unter dem Monds-Blenden ein, um etwas zu<lb/>
&#x017F;ehen. &#x2014; Die zwei Welten waren nun fu&#x0364;r ihn in<lb/>
eine zu&#x017F;ammengefallen; gefa&#x017F;t erwartete er den<lb/>
Freund aus der Welt hinter den Sonnen und woll¬<lb/>
te an &#x017F;eine Aetherbru&#x017F;t &#x017F;tu&#x0364;rzen mit einer von Erde.<lb/>
Er glu&#x0364;hte &#x017F;ich ab und gieng endlich mit dem Schau¬<lb/>
dern der Seele und der Haut ins Bett zuru&#x0364;ck.<lb/>
Aber lange werden von die&#x017F;er Stunde her, wie<lb/>
von der Gegend eines Gewitters die Winde, die<lb/>
Bewegungen &#x017F;einer Seele wehen.</p><lb/>
          <p>&#x2014; &#x2014; Der Staarmatz thats vermuthlich, der<lb/>
&#x017F;o viel ich weiß aus dem Bauer entkommen war.<lb/>
Gu&#x017F;tav erfuhrs nicht. Ob eine Seele Wellen gleich<lb/>
einem Setzteich, &#x017F;o hoch wie Hemd-Jabots, oder<lb/>
gleich dem Ozean &#x017F;olche wie Alpen &#x017F;chlage, das i&#x017F;t<lb/>
zweierlei; ob die&#x017F;e hohen Bewegungen ein Staar<lb/>
erregt oder ein Seeliger, das i&#x017F;t einerlei.</p><lb/>
          <p>Der Profe&#x017F;&#x017F;or lehrte ihn unter meinen Ohren<lb/>
gu&#x0364;ldne Brokardika der Men&#x017F;chenkenntniß, die er<lb/>
durch das Lehren &#x017F;elber u&#x0364;bertrat &#x2014; z. B. Nicht<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[283/0319] Ein Eisberg fiel auf ſeine ſtarrende Haut in der erſten Sekunde; aber in der zweiten gluͤhte er wieder an, gab ſeine Arme dem Tode und dem Freunde und ſchlug das Auge an Einer Luftſtelle unter dem Monds-Blenden ein, um etwas zu ſehen. — Die zwei Welten waren nun fuͤr ihn in eine zuſammengefallen; gefaſt erwartete er den Freund aus der Welt hinter den Sonnen und woll¬ te an ſeine Aetherbruſt ſtuͤrzen mit einer von Erde. Er gluͤhte ſich ab und gieng endlich mit dem Schau¬ dern der Seele und der Haut ins Bett zuruͤck. Aber lange werden von dieſer Stunde her, wie von der Gegend eines Gewitters die Winde, die Bewegungen ſeiner Seele wehen. — — Der Staarmatz thats vermuthlich, der ſo viel ich weiß aus dem Bauer entkommen war. Guſtav erfuhrs nicht. Ob eine Seele Wellen gleich einem Setzteich, ſo hoch wie Hemd-Jabots, oder gleich dem Ozean ſolche wie Alpen ſchlage, das iſt zweierlei; ob dieſe hohen Bewegungen ein Staar erregt oder ein Seeliger, das iſt einerlei. Der Profeſſor lehrte ihn unter meinen Ohren guͤldne Brokardika der Menſchenkenntniß, die er durch das Lehren ſelber uͤbertrat — z. B. Nicht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/319
Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/319>, abgerufen am 12.05.2024.