Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.wenig mehr entreißen als wenn man den ganzen Wer wie Heyne die alten Sprachen zur for¬ Es ist ein Unglück für das Schönste, was der wenig mehr entreißen als wenn man den ganzen Wer wie Heyne die alten Sprachen zur for¬ Es iſt ein Ungluͤck fuͤr das Schoͤnſte, was der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0233" n="197"/> wenig mehr entreißen als wenn man den ganzen<lb/> noch ſtehenden Herbſtflor von einigen griechiſchen<lb/> Tempeln und andern Ruinen umbraͤche: wir wuͤrden<lb/> doch noch Haͤuſer im griechiſchen Geſchmack bekom¬<lb/> men. Die Muſter haben ja ſelber ohne Muſter ge¬<lb/> ſchrieben und Polyklets Bildſaͤule wurde nach <choice><sic>einer</sic><corr type="corrigenda">keiner</corr></choice><lb/> Polyklets Bildſaͤule geregelt. Trotz dem Studium<lb/> der geſchriebnen Antiken lag ſonſt in Deutſchland<lb/> und liegt noch in Italien die dichtende Schoͤpfer¬<lb/> kraft auf dem Siechbett.</p><lb/> <p>Wer wie <hi rendition="#g">Heyne</hi> die alten Sprachen zur <hi rendition="#g">for¬<lb/> malen</hi> Ausbildung der Seele dingen will: der<lb/> vergiſſet, daß jede Sprache es kann; und daß<lb/> eine unaͤhnlichere wie die orientaliſchen es noch beſ¬<lb/> ſer kann und daß dieſe Ausbildung uns ſo theuer<lb/> zu ſtehen koͤmmt als manchem Baron ſein franzoͤſi¬<lb/> ſches. Die Griechen und Roͤmer wurden Griechen<lb/> und Roͤmer ohne die formale Bildung von griechi¬<lb/> ſchen und lateiniſchen Autoren — ſie wurdens durch<lb/> Regierungsform und Klima.</p><lb/> <p>Es iſt ein Ungluͤck fuͤr das Schoͤnſte, was der<lb/> menſchliche Geiſt geboren hat, daß dieſes Schoͤn¬<lb/> ſte unter den Haͤnden der Primaner, Sekundaner<lb/> und Tertianer zerrieben wird — daß das Scholar¬<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [197/0233]
wenig mehr entreißen als wenn man den ganzen
noch ſtehenden Herbſtflor von einigen griechiſchen
Tempeln und andern Ruinen umbraͤche: wir wuͤrden
doch noch Haͤuſer im griechiſchen Geſchmack bekom¬
men. Die Muſter haben ja ſelber ohne Muſter ge¬
ſchrieben und Polyklets Bildſaͤule wurde nach keiner
Polyklets Bildſaͤule geregelt. Trotz dem Studium
der geſchriebnen Antiken lag ſonſt in Deutſchland
und liegt noch in Italien die dichtende Schoͤpfer¬
kraft auf dem Siechbett.
Wer wie Heyne die alten Sprachen zur for¬
malen Ausbildung der Seele dingen will: der
vergiſſet, daß jede Sprache es kann; und daß
eine unaͤhnlichere wie die orientaliſchen es noch beſ¬
ſer kann und daß dieſe Ausbildung uns ſo theuer
zu ſtehen koͤmmt als manchem Baron ſein franzoͤſi¬
ſches. Die Griechen und Roͤmer wurden Griechen
und Roͤmer ohne die formale Bildung von griechi¬
ſchen und lateiniſchen Autoren — ſie wurdens durch
Regierungsform und Klima.
Es iſt ein Ungluͤck fuͤr das Schoͤnſte, was der
menſchliche Geiſt geboren hat, daß dieſes Schoͤn¬
ſte unter den Haͤnden der Primaner, Sekundaner
und Tertianer zerrieben wird — daß das Scholar¬
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |