Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.

Bild:
<< vorherige Seite

so thu' ichs doch nicht sonderlich; denn warlich die
ätzenden Giftworte, die das raffinirte Ehepaar ein¬
ander zutröpfelt, das verhaltene wie ein Vesikato¬
rium ziehende Kränken, womit sie einander wund
und heil machen wollen, reißet die Wunde bloß tiefer
unter der Haut und macht zwar nicht den Chirur¬
gus, aber wohl den Doktor nöthig.

Jezt will ich berichten warum der Rittmeister
beinahe geblieben wäre.

Hoppedizel hatte außer ihm an einem Nachmit¬
tag fünf Leute bei sich, den Gerichtshalter Kolb,
den Flößinspektor Peuschel, einen alten Karmenma¬
cher, einen Hofzimmerfrotteur und einen Hofjun¬
ker: denn was wird der Leser nach Zunamen dieses
Volks fragen? Er zog erstlich den Gerichtshalter bei
Seite und sagte zu ihm: "Heut' sollt' er einen
Spaß machen und den vier andern Herren mit ge¬
färbtem Wasser, das sie für Wein hielten zutrinken,
damit diese sich in wahrem Wein besöffen." -- --
"Recht gut! sagte der Gerichtshalter, sie sollen alle
an den Gerichtshalter gedenken." Das nämliche sag¬
te der Professor dem Flößinspektor, dem Karmen¬
macher u. s. w.; alle antworteten: "Recht gut! sie
sollen alle an den Flößinspektor, an dem Karmenma¬

ſo thu' ichs doch nicht ſonderlich; denn warlich die
aͤtzenden Giftworte, die das raffinirte Ehepaar ein¬
ander zutroͤpfelt, das verhaltene wie ein Veſikato¬
rium ziehende Kraͤnken, womit ſie einander wund
und heil machen wollen, reißet die Wunde bloß tiefer
unter der Haut und macht zwar nicht den Chirur¬
gus, aber wohl den Doktor noͤthig.

Jezt will ich berichten warum der Rittmeiſter
beinahe geblieben waͤre.

Hoppedizel hatte außer ihm an einem Nachmit¬
tag fuͤnf Leute bei ſich, den Gerichtshalter Kolb,
den Floͤßinſpektor Peuſchel, einen alten Karmenma¬
cher, einen Hofzimmerfrotteur und einen Hofjun¬
ker: denn was wird der Leſer nach Zunamen dieſes
Volks fragen? Er zog erſtlich den Gerichtshalter bei
Seite und ſagte zu ihm: „Heut' ſollt' er einen
Spaß machen und den vier andern Herren mit ge¬
faͤrbtem Waſſer, das ſie fuͤr Wein hielten zutrinken,
damit dieſe ſich in wahrem Wein beſoͤffen.“ — —
„Recht gut! ſagte der Gerichtshalter, ſie ſollen alle
an den Gerichtshalter gedenken.“ Das naͤmliche ſag¬
te der Profeſſor dem Floͤßinſpektor, dem Karmen¬
macher u. ſ. w.; alle antworteten: „Recht gut! ſie
ſollen alle an den Floͤßinſpektor, an dem Karmenma¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0205" n="169"/>
&#x017F;o thu' ichs doch nicht &#x017F;onderlich; denn warlich die<lb/>
a&#x0364;tzenden Giftworte, die das raffinirte Ehepaar ein¬<lb/>
ander zutro&#x0364;pfelt, das verhaltene wie ein Ve&#x017F;ikato¬<lb/>
rium ziehende Kra&#x0364;nken, womit &#x017F;ie einander wund<lb/>
und heil machen wollen, reißet die Wunde bloß tiefer<lb/>
unter der Haut und macht zwar nicht den Chirur¬<lb/>
gus, aber wohl den Doktor no&#x0364;thig.</p><lb/>
          <p>Jezt will ich berichten warum der Rittmei&#x017F;ter<lb/>
beinahe geblieben wa&#x0364;re.</p><lb/>
          <p>Hoppedizel hatte außer ihm an einem Nachmit¬<lb/>
tag fu&#x0364;nf Leute bei &#x017F;ich, den Gerichtshalter Kolb,<lb/>
den Flo&#x0364;ßin&#x017F;pektor Peu&#x017F;chel, einen alten Karmenma¬<lb/>
cher, einen Hofzimmerfrotteur und einen Hofjun¬<lb/>
ker: denn was wird der Le&#x017F;er nach Zunamen die&#x017F;es<lb/>
Volks fragen? Er zog er&#x017F;tlich den Gerichtshalter bei<lb/>
Seite und &#x017F;agte zu ihm: &#x201E;Heut' &#x017F;ollt' er einen<lb/>
Spaß machen und den vier andern Herren mit ge¬<lb/>
fa&#x0364;rbtem Wa&#x017F;&#x017F;er, das &#x017F;ie fu&#x0364;r Wein hielten zutrinken,<lb/>
damit die&#x017F;e &#x017F;ich in wahrem Wein be&#x017F;o&#x0364;ffen.&#x201C; &#x2014; &#x2014;<lb/>
&#x201E;Recht gut! &#x017F;agte der Gerichtshalter, &#x017F;ie &#x017F;ollen alle<lb/>
an den Gerichtshalter gedenken.&#x201C; Das na&#x0364;mliche &#x017F;ag¬<lb/>
te der Profe&#x017F;&#x017F;or dem Flo&#x0364;ßin&#x017F;pektor, dem Karmen¬<lb/>
macher u. &#x017F;. w.; alle antworteten: &#x201E;Recht gut! &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ollen alle an den Flo&#x0364;ßin&#x017F;pektor, an dem Karmenma¬<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[169/0205] ſo thu' ichs doch nicht ſonderlich; denn warlich die aͤtzenden Giftworte, die das raffinirte Ehepaar ein¬ ander zutroͤpfelt, das verhaltene wie ein Veſikato¬ rium ziehende Kraͤnken, womit ſie einander wund und heil machen wollen, reißet die Wunde bloß tiefer unter der Haut und macht zwar nicht den Chirur¬ gus, aber wohl den Doktor noͤthig. Jezt will ich berichten warum der Rittmeiſter beinahe geblieben waͤre. Hoppedizel hatte außer ihm an einem Nachmit¬ tag fuͤnf Leute bei ſich, den Gerichtshalter Kolb, den Floͤßinſpektor Peuſchel, einen alten Karmenma¬ cher, einen Hofzimmerfrotteur und einen Hofjun¬ ker: denn was wird der Leſer nach Zunamen dieſes Volks fragen? Er zog erſtlich den Gerichtshalter bei Seite und ſagte zu ihm: „Heut' ſollt' er einen Spaß machen und den vier andern Herren mit ge¬ faͤrbtem Waſſer, das ſie fuͤr Wein hielten zutrinken, damit dieſe ſich in wahrem Wein beſoͤffen.“ — — „Recht gut! ſagte der Gerichtshalter, ſie ſollen alle an den Gerichtshalter gedenken.“ Das naͤmliche ſag¬ te der Profeſſor dem Floͤßinſpektor, dem Karmen¬ macher u. ſ. w.; alle antworteten: „Recht gut! ſie ſollen alle an den Floͤßinſpektor, an dem Karmenma¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/205
Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/205>, abgerufen am 22.11.2024.