gen. Sein erstes Wort, als er aus dem Auk¬ tionszimmer in seines trat, war an seine Frau: "ist der Rittmeister droben? -- Ich hab' schöne Dinge für ihn erstanden." Jezt sang sie schon den ersten Vers ihres Kriegsliedes, ohne ein Kaufstück noch zu wissen. Er sagt' ihr keines: denn er hat¬ te das gröste Unglück eines Ehemannes, nämlich Verachtung gegen seine Frau, so wie sie hingegen ihm gegen alle Menschen, sogar gegen die besten beitrat, außer gegen sich nicht. Unter dem Abholen der Kaufstücke antwortete er auf den ersten Vers des Krieggesanges und nannte doch keines; und so an¬ tiphonirten sie bloß. Endlich wurden die Ziegenkö¬ pfe und Spitzbeine ins Haus gesetzt. Jezt gieng das Kriegsgeschrei loß: "Das ist dumm, dumm, dumm! Ei du dummer Mann du! das Zeug! den Bettel! wo waren heute deine fünf Sinne? Ich bezahl keinen Deut (sie war ohnehin nie Kas¬ sirer.) Und so theuer! aber wenn man Kinder und Narren zu Markt etc." Er sagt ganz kalt: "lasse nur nichts hinan kommen und schafs hinauf zum Rittmeister, mein Schatz!" sonderbar! sie gehorchte den Augenblick; gieng aber in seine Stu¬ be und öfnete alle Schleusen ihres rauschenden
gen. Sein erſtes Wort, als er aus dem Auk¬ tionszimmer in ſeines trat, war an ſeine Frau: „iſt der Rittmeiſter droben? — Ich hab' ſchoͤne Dinge fuͤr ihn erſtanden.“ Jezt ſang ſie ſchon den erſten Vers ihres Kriegsliedes, ohne ein Kaufſtuͤck noch zu wiſſen. Er ſagt' ihr keines: denn er hat¬ te das groͤſte Ungluͤck eines Ehemannes, naͤmlich Verachtung gegen ſeine Frau, ſo wie ſie hingegen ihm gegen alle Menſchen, ſogar gegen die beſten beitrat, außer gegen ſich nicht. Unter dem Abholen der Kaufſtuͤcke antwortete er auf den erſten Vers des Krieggeſanges und nannte doch keines; und ſo an¬ tiphonirten ſie bloß. Endlich wurden die Ziegenkoͤ¬ pfe und Spitzbeine ins Haus geſetzt. Jezt gieng das Kriegsgeſchrei loß: „Das iſt dumm, dumm, dumm! Ei du dummer Mann du! das Zeug! den Bettel! wo waren heute deine fuͤnf Sinne? Ich bezahl keinen Deut (ſie war ohnehin nie Kaſ¬ ſirer.) Und ſo theuer! aber wenn man Kinder und Narren zu Markt ꝛc.“ Er ſagt ganz kalt: „laſſe nur nichts hinan kommen und ſchafs hinauf zum Rittmeiſter, mein Schatz!“ ſonderbar! ſie gehorchte den Augenblick; gieng aber in ſeine Stu¬ be und oͤfnete alle Schleuſen ihres rauſchenden
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gen. Sein erſtes Wort, als er aus dem Auk¬
tionszimmer in ſeines trat, war an ſeine Frau:
„iſt der Rittmeiſter droben? — Ich hab' ſchoͤne
Dinge fuͤr ihn erſtanden.“ Jezt ſang ſie ſchon den
erſten Vers ihres Kriegsliedes, ohne ein Kaufſtuͤck
noch zu wiſſen. Er ſagt' ihr keines: denn er hat¬
te das groͤſte Ungluͤck eines Ehemannes, naͤmlich
Verachtung gegen ſeine Frau, ſo wie ſie hingegen ihm
gegen alle Menſchen, ſogar gegen die beſten beitrat,
außer gegen ſich nicht. Unter dem Abholen der
Kaufſtuͤcke antwortete er auf den erſten Vers des
Krieggeſanges und nannte doch keines; und ſo an¬
tiphonirten ſie bloß. Endlich wurden die Ziegenkoͤ¬
pfe und Spitzbeine ins Haus geſetzt. Jezt gieng
das Kriegsgeſchrei loß: „Das iſt dumm, dumm,
dumm! Ei du dummer Mann du! das Zeug!
den Bettel! wo waren heute deine fuͤnf Sinne?
Ich bezahl keinen Deut (ſie war ohnehin nie Kaſ¬
ſirer.) Und ſo theuer! aber wenn man Kinder
und Narren zu Markt ꝛc.“ Er ſagt ganz kalt:
„laſſe nur nichts hinan kommen und ſchafs hinauf
zum Rittmeiſter, mein Schatz!“ ſonderbar! ſie
gehorchte den Augenblick; gieng aber in ſeine Stu¬
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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/202>, abgerufen am 04.05.2024.
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