rischen Wall und unter seine Sommerfreuden zu¬ rück zu fliegen. Wenn ihn die ungezogne Nach¬ kommenschaft Hoppedizels für dumm hielt, weil er nicht listig, für stolz, weil er nicht laut war: so stillte er das Bluten seines Innern, das ver¬ lacht und geneckt wurde, mit dem Gedanken an die Menschen, die ihn geliebt hatten, an seinen Genius und an seine Schäferin. Um seinen Aman¬ dus hätt' er so gern eine andere als hoppedizelische Nachbarschaft gehabt, so[ ]gern die Fluren und den freien Himmel seiner Heimath! -- Er liebte das Stille und Enge neben sich und das Unermeßliche in der Natur. O wenn du bei mir bist, Trau¬ ter, wie will ich dich schonen und lieben! dein Auge soll nie trübe neben meinem Lehrstuhle wer¬ den, dein Herz nie schwer! du zarte Pflanze sollst nicht mit einschneidenden Bindfaden um mich als eine richtende Hopfenstange geschnüret seyn, sondern mit lebendigen Epheuwurzeln sollst du selber mich als etwas lebendiges umfassen!
Ueberhaupt hatte man im Hoppedizelischen Hause ein verdammtes Hundsleben, wie ich selber oft sah wenn ich und der Hausherr einander über die ersten Prinzipien der Moral bloß moralisch bei
riſchen Wall und unter ſeine Sommerfreuden zu¬ ruͤck zu fliegen. Wenn ihn die ungezogne Nach¬ kommenſchaft Hoppedizels fuͤr dumm hielt, weil er nicht liſtig, fuͤr ſtolz, weil er nicht laut war: ſo ſtillte er das Bluten ſeines Innern, das ver¬ lacht und geneckt wurde, mit dem Gedanken an die Menſchen, die ihn geliebt hatten, an ſeinen Genius und an ſeine Schaͤferin. Um ſeinen Aman¬ dus haͤtt' er ſo gern eine andere als hoppedizeliſche Nachbarſchaft gehabt, ſo[ ]gern die Fluren und den freien Himmel ſeiner Heimath! — Er liebte das Stille und Enge neben ſich und das Unermeßliche in der Natur. O wenn du bei mir biſt, Trau¬ ter, wie will ich dich ſchonen und lieben! dein Auge ſoll nie truͤbe neben meinem Lehrſtuhle wer¬ den, dein Herz nie ſchwer! du zarte Pflanze ſollſt nicht mit einſchneidenden Bindfaden um mich als eine richtende Hopfenſtange geſchnuͤret ſeyn, ſondern mit lebendigen Epheuwurzeln ſollſt du ſelber mich als etwas lebendiges umfaſſen!
Ueberhaupt hatte man im Hoppedizeliſchen Hauſe ein verdammtes Hundsleben, wie ich ſelber oft ſah wenn ich und der Hausherr einander uͤber die erſten Prinzipien der Moral bloß moraliſch bei
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0198"n="162"/>
riſchen Wall und unter ſeine Sommerfreuden zu¬<lb/>
ruͤck zu fliegen. Wenn ihn die ungezogne Nach¬<lb/>
kommenſchaft Hoppedizels fuͤr dumm hielt, weil<lb/>
er nicht liſtig, fuͤr ſtolz, weil er nicht laut war:<lb/>ſo ſtillte er das Bluten ſeines Innern, das ver¬<lb/>
lacht und geneckt wurde, mit dem Gedanken an<lb/>
die Menſchen, die ihn geliebt hatten, an ſeinen<lb/>
Genius und an ſeine Schaͤferin. Um ſeinen Aman¬<lb/>
dus haͤtt' er ſo gern eine andere als hoppedizeliſche<lb/>
Nachbarſchaft gehabt, ſo<supplied></supplied>gern die Fluren und den<lb/>
freien Himmel ſeiner Heimath! — Er liebte das<lb/>
Stille und Enge neben ſich und das Unermeßliche<lb/>
in der Natur. O wenn du bei mir biſt, Trau¬<lb/>
ter, wie will ich dich ſchonen und lieben! dein<lb/>
Auge ſoll nie truͤbe neben meinem Lehrſtuhle wer¬<lb/>
den, dein Herz nie ſchwer! du zarte Pflanze ſollſt<lb/>
nicht mit einſchneidenden Bindfaden um mich als<lb/>
eine richtende Hopfenſtange geſchnuͤret ſeyn, ſondern<lb/>
mit lebendigen Epheuwurzeln ſollſt du ſelber mich<lb/>
als etwas lebendiges umfaſſen!</p><lb/><p>Ueberhaupt hatte man im Hoppedizeliſchen<lb/>
Hauſe ein verdammtes Hundsleben, wie ich ſelber<lb/>
oft ſah wenn ich und der Hausherr einander uͤber<lb/>
die erſten Prinzipien der Moral bloß moraliſch bei<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[162/0198]
riſchen Wall und unter ſeine Sommerfreuden zu¬
ruͤck zu fliegen. Wenn ihn die ungezogne Nach¬
kommenſchaft Hoppedizels fuͤr dumm hielt, weil
er nicht liſtig, fuͤr ſtolz, weil er nicht laut war:
ſo ſtillte er das Bluten ſeines Innern, das ver¬
lacht und geneckt wurde, mit dem Gedanken an
die Menſchen, die ihn geliebt hatten, an ſeinen
Genius und an ſeine Schaͤferin. Um ſeinen Aman¬
dus haͤtt' er ſo gern eine andere als hoppedizeliſche
Nachbarſchaft gehabt, ſo gern die Fluren und den
freien Himmel ſeiner Heimath! — Er liebte das
Stille und Enge neben ſich und das Unermeßliche
in der Natur. O wenn du bei mir biſt, Trau¬
ter, wie will ich dich ſchonen und lieben! dein
Auge ſoll nie truͤbe neben meinem Lehrſtuhle wer¬
den, dein Herz nie ſchwer! du zarte Pflanze ſollſt
nicht mit einſchneidenden Bindfaden um mich als
eine richtende Hopfenſtange geſchnuͤret ſeyn, ſondern
mit lebendigen Epheuwurzeln ſollſt du ſelber mich
als etwas lebendiges umfaſſen!
Ueberhaupt hatte man im Hoppedizeliſchen
Hauſe ein verdammtes Hundsleben, wie ich ſelber
oft ſah wenn ich und der Hausherr einander uͤber
die erſten Prinzipien der Moral bloß moraliſch bei
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/198>, abgerufen am 30.01.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.