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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.

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Vernünftiges sprechen, sondern ihnen bloß erzäh¬
len will, was sein guter grauer Schwiegervater
begeht -- nämlich alle Tage seinen ordentlichen
Mord und Todtschlag. Ich geb' es zu, viele
Schwiegerväter können hektisch seyn, aber weni¬
ge sind dabei in dem Grade offizinel und arse¬
nikalisch als meiner, den ich in meinem Hause
-- ich habs erst aus Hallers Physiologie T. II.
erfahren, daß Schwindsüchtige mit ihrem Athem
Fliegen tödten können -- statt eines giftigen
Fliegenschwamms mit Nutzen verbrauche. Der
Hektiker wird nicht klein geschnitten, sondern er
giebt sich bloß die kleine Mühe, den ganzen
Morgen statt einer Seuche in meinen Stuben
zu grassiren und mit dem Sirockowind seines
phlogistischen Athems aus seiner Lunge der Flie¬
gen ihre anzuwehen: die Rezensenten können
sich leicht denken, ob so kleine Wesen und Na¬
sen, die sich keinen antimephitischen Respirator
vom H. Pilatre de Rozier appliciren können,
einen solchen abscheulichen Schwaden auszuhalten
fähig sind. Die Fliegen sterben hin wie -- Fliegen

Vernuͤnftiges ſprechen, ſondern ihnen bloß erzaͤh¬
len will, was ſein guter grauer Schwiegervater
begeht — naͤmlich alle Tage ſeinen ordentlichen
Mord und Todtſchlag. Ich geb' es zu, viele
Schwiegervaͤter koͤnnen hektiſch ſeyn, aber weni¬
ge ſind dabei in dem Grade offizinel und arſe¬
nikaliſch als meiner, den ich in meinem Hauſe
— ich habs erſt aus Hallers Phyſiologie T. II.
erfahren, daß Schwindſuͤchtige mit ihrem Athem
Fliegen toͤdten koͤnnen — ſtatt eines giftigen
Fliegenſchwamms mit Nutzen verbrauche. Der
Hektiker wird nicht klein geſchnitten, ſondern er
giebt ſich bloß die kleine Muͤhe, den ganzen
Morgen ſtatt einer Seuche in meinen Stuben
zu graſſiren und mit dem Sirockowind ſeines
phlogiſtiſchen Athems aus ſeiner Lunge der Flie¬
gen ihre anzuwehen: die Rezenſenten koͤnnen
ſich leicht denken, ob ſo kleine Weſen und Na¬
ſen, die ſich keinen antimephitiſchen Reſpirator
vom H. Pilatre de Rozier appliciren koͤnnen,
einen ſolchen abſcheulichen Schwaden auszuhalten
faͤhig ſind. Die Fliegen ſterben hin wie — Fliegen

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[V/0017] Vernuͤnftiges ſprechen, ſondern ihnen bloß erzaͤh¬ len will, was ſein guter grauer Schwiegervater begeht — naͤmlich alle Tage ſeinen ordentlichen Mord und Todtſchlag. Ich geb' es zu, viele Schwiegervaͤter koͤnnen hektiſch ſeyn, aber weni¬ ge ſind dabei in dem Grade offizinel und arſe¬ nikaliſch als meiner, den ich in meinem Hauſe — ich habs erſt aus Hallers Phyſiologie T. II. erfahren, daß Schwindſuͤchtige mit ihrem Athem Fliegen toͤdten koͤnnen — ſtatt eines giftigen Fliegenſchwamms mit Nutzen verbrauche. Der Hektiker wird nicht klein geſchnitten, ſondern er giebt ſich bloß die kleine Muͤhe, den ganzen Morgen ſtatt einer Seuche in meinen Stuben zu graſſiren und mit dem Sirockowind ſeines phlogiſtiſchen Athems aus ſeiner Lunge der Flie¬ gen ihre anzuwehen: die Rezenſenten koͤnnen ſich leicht denken, ob ſo kleine Weſen und Na¬ ſen, die ſich keinen antimephitiſchen Reſpirator vom H. Pilatre de Rozier appliciren koͤnnen, einen ſolchen abſcheulichen Schwaden auszuhalten faͤhig ſind. Die Fliegen ſterben hin wie — Fliegen

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Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. V. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/17>, abgerufen am 29.03.2024.