Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 2. Heidelberg, 1809.

Bild:
<< vorherige Seite

worden von der Aussicht, daß er gemäß sei-
nem Versprechen der Abreise und Fracht, eben
jetzt, da ihm Sonne, Mond und Sterne über
Maulbronn aufgegangen, nichts davon vor der
Hand wegzufahren habe, als den Umgelder.
Theoda sann einen Augenblick nach, sah ih-
ren Vater an, fragte noch einmal den Zoller:
ob ihm ein zweytes Nacht-Wachen nicht be-
schwerlich sey, und gab, da er versetzte: "im
Mindesten nicht, da man ihn ja Nachts tag-
täglich wecke" leise die Antwort: so wie Sie
denn wollen, Vater!

Alle waren nun zufrieden mit ihren Per-
spektiv-Malereyen -- die Liebenden mit der
steilrechten Himmelfahrt, Mehlhorn mit der
wagrechten, Katzenberger mit der Aussicht in
eine Höllenfahrt zu Strykius als ein aufer-
standner Gekreuzigter.

Theoda nahm ihren Vater noch bey Seite,
und bat ihn mit mehr Ernst als gewöhnlich
um einen leichten Gefallen; sie habe, sagte
sie, allerdings noch französisches Blut genug,
um ihre unerschrockne Mutter nachzuahmen,

worden von der Ausſicht, daß er gemaͤß ſei-
nem Verſprechen der Abreiſe und Fracht, eben
jetzt, da ihm Sonne, Mond und Sterne über
Maulbronn aufgegangen, nichts davon vor der
Hand wegzufahren habe, als den Umgelder.
Theoda ſann einen Augenblick nach, ſah ih-
ren Vater an, fragte noch einmal den Zoller:
ob ihm ein zweytes Nacht-Wachen nicht be-
ſchwerlich ſey, und gab, da er verſetzte: „im
Mindeſten nicht, da man ihn ja Nachts tag-
taͤglich wecke” leiſe die Antwort: ſo wie Sie
denn wollen, Vater!

Alle waren nun zufrieden mit ihren Per-
ſpektiv-Malereyen — die Liebenden mit der
ſteilrechten Himmelfahrt, Mehlhorn mit der
wagrechten, Katzenberger mit der Ausſicht in
eine Hoͤllenfahrt zu Strykius als ein aufer-
ſtandner Gekreuzigter.

Theoda nahm ihren Vater noch bey Seite,
und bat ihn mit mehr Ernſt als gewoͤhnlich
um einen leichten Gefallen; ſie habe, ſagte
ſie, allerdings noch franzoͤſiſches Blut genug,
um ihre unerſchrockne Mutter nachzuahmen,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0098" n="92"/>
worden von der Aus&#x017F;icht, daß er gema&#x0364;ß &#x017F;ei-<lb/>
nem Ver&#x017F;prechen der Abrei&#x017F;e und Fracht, eben<lb/>
jetzt, da ihm Sonne, Mond und Sterne über<lb/>
Maulbronn aufgegangen, nichts davon vor der<lb/>
Hand wegzufahren habe, als den Umgelder.<lb/>
Theoda &#x017F;ann einen Augenblick nach, &#x017F;ah ih-<lb/>
ren Vater an, fragte noch einmal den Zoller:<lb/>
ob ihm ein zweytes Nacht-Wachen nicht be-<lb/>
&#x017F;chwerlich &#x017F;ey, und gab, da er ver&#x017F;etzte: &#x201E;im<lb/>
Minde&#x017F;ten nicht, da man ihn ja Nachts tag-<lb/>
ta&#x0364;glich wecke&#x201D; lei&#x017F;e die Antwort: &#x017F;o wie Sie<lb/>
denn wollen, Vater!</p><lb/>
            <p>Alle waren nun zufrieden mit ihren Per-<lb/>
&#x017F;pektiv-Malereyen &#x2014; die Liebenden mit der<lb/>
&#x017F;teilrechten Himmelfahrt, Mehlhorn mit der<lb/>
wagrechten, Katzenberger mit der Aus&#x017F;icht in<lb/>
eine Ho&#x0364;llenfahrt zu Strykius als ein aufer-<lb/>
&#x017F;tandner Gekreuzigter.</p><lb/>
            <p>Theoda nahm ihren Vater noch bey Seite,<lb/>
und bat ihn mit mehr Ern&#x017F;t als gewo&#x0364;hnlich<lb/>
um einen leichten Gefallen; &#x017F;ie habe, &#x017F;agte<lb/>
&#x017F;ie, allerdings noch franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;ches Blut genug,<lb/>
um ihre uner&#x017F;chrockne Mutter nachzuahmen,<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[92/0098] worden von der Ausſicht, daß er gemaͤß ſei- nem Verſprechen der Abreiſe und Fracht, eben jetzt, da ihm Sonne, Mond und Sterne über Maulbronn aufgegangen, nichts davon vor der Hand wegzufahren habe, als den Umgelder. Theoda ſann einen Augenblick nach, ſah ih- ren Vater an, fragte noch einmal den Zoller: ob ihm ein zweytes Nacht-Wachen nicht be- ſchwerlich ſey, und gab, da er verſetzte: „im Mindeſten nicht, da man ihn ja Nachts tag- taͤglich wecke” leiſe die Antwort: ſo wie Sie denn wollen, Vater! Alle waren nun zufrieden mit ihren Per- ſpektiv-Malereyen — die Liebenden mit der ſteilrechten Himmelfahrt, Mehlhorn mit der wagrechten, Katzenberger mit der Ausſicht in eine Hoͤllenfahrt zu Strykius als ein aufer- ſtandner Gekreuzigter. Theoda nahm ihren Vater noch bey Seite, und bat ihn mit mehr Ernſt als gewoͤhnlich um einen leichten Gefallen; ſie habe, ſagte ſie, allerdings noch franzoͤſiſches Blut genug, um ihre unerſchrockne Mutter nachzuahmen,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger02_1809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger02_1809/98
Zitationshilfe: Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 2. Heidelberg, 1809, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger02_1809/98>, abgerufen am 21.11.2024.