Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 2. Heidelberg, 1809.

Bild:
<< vorherige Seite

nem Pathengeschenk edlerer Art, um nur an
schlechte maßive Gaben gar nicht zu denken.
Sein Herz fühlte sich weit seliger dabey, wenn
er eine geliebte Hand recht herzlich drücken
und schütteln durfte, als sie füllen mußte.

Nur etwas fiel ihm noch bey; nämlich eine
Mißgeburt hätt' er gern aus der Taufe geho-
ben und beschenkt mit seinem Namen. "Der
Junge ist wohl regelmäßig gebaut?" fragt' er.
"H. Doktor, versetzte der Zoller, wahrlich wir
alle können Gott nicht genug dafür danken;
er ist aber, wie die Wehmutter sagt, wie aus
dem Ey geschält für sein Alter."

"Aus dem Ey für sein Alter? versetzte er
etwas verdrüßlich. -- Versteigen Sie sich nicht
mit einem Anachronismus in die Physiolo-
gie!" -- "Gott, Nein, fuhr Mehlhorn fort,
und die Wöchnerin ist gottlob so frisch wie ich
selber." -- "Ja, das ist sie, Gott sey Dank"
rief Theoda nach der Lesung des vierzeiligen
Briefchens von Bona, und stürzte vor Freude
dem Zoller an den Hals. "Noch heute, sagte
sie, geh' ich zu Fuße mit Ihnen und laufe die

nem Pathengeſchenk edlerer Art, um nur an
ſchlechte maßive Gaben gar nicht zu denken.
Sein Herz fuͤhlte ſich weit ſeliger dabey, wenn
er eine geliebte Hand recht herzlich druͤcken
und ſchütteln durfte, als ſie fuͤllen mußte.

Nur etwas fiel ihm noch bey; naͤmlich eine
Mißgeburt hätt’ er gern aus der Taufe geho-
ben und beſchenkt mit ſeinem Namen. „Der
Junge iſt wohl regelmaͤßig gebaut?” fragt’ er.
„H. Doktor, verſetzte der Zoller, wahrlich wir
alle koͤnnen Gott nicht genug dafuͤr danken;
er iſt aber, wie die Wehmutter ſagt, wie aus
dem Ey geſchaͤlt fuͤr ſein Alter.”

„Aus dem Ey fuͤr ſein Alter? verſetzte er
etwas verdruͤßlich. — Verſteigen Sie ſich nicht
mit einem Anachronismus in die Phyſiolo-
gie!” — „Gott, Nein, fuhr Mehlhorn fort,
und die Woͤchnerin iſt gottlob ſo friſch wie ich
ſelber.” — „Ja, das iſt ſie, Gott ſey Dank”
rief Theoda nach der Leſung des vierzeiligen
Briefchens von Bona, und ſtuͤrzte vor Freude
dem Zoller an den Hals. „Noch heute, ſagte
ſie, geh’ ich zu Fuße mit Ihnen und laufe die

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0067" n="61"/>
nem Pathenge&#x017F;chenk edlerer Art, um nur an<lb/>
&#x017F;chlechte maßive Gaben gar nicht zu denken.<lb/>
Sein Herz fu&#x0364;hlte &#x017F;ich weit &#x017F;eliger dabey, wenn<lb/>
er eine geliebte Hand recht herzlich dru&#x0364;cken<lb/>
und &#x017F;chütteln durfte, als &#x017F;ie fu&#x0364;llen mußte.</p><lb/>
            <p>Nur etwas fiel ihm noch bey; na&#x0364;mlich eine<lb/>
Mißgeburt hätt&#x2019; er gern aus der Taufe geho-<lb/>
ben und be&#x017F;chenkt mit &#x017F;einem Namen. &#x201E;Der<lb/>
Junge i&#x017F;t wohl regelma&#x0364;ßig gebaut?&#x201D; fragt&#x2019; er.<lb/>
&#x201E;H. Doktor, ver&#x017F;etzte der Zoller, wahrlich wir<lb/>
alle ko&#x0364;nnen Gott nicht genug dafu&#x0364;r danken;<lb/>
er i&#x017F;t aber, wie die Wehmutter &#x017F;agt, wie aus<lb/>
dem Ey ge&#x017F;cha&#x0364;lt fu&#x0364;r &#x017F;ein Alter.&#x201D;</p><lb/>
            <p>&#x201E;Aus dem Ey fu&#x0364;r &#x017F;ein Alter? ver&#x017F;etzte er<lb/>
etwas verdru&#x0364;ßlich. &#x2014; Ver&#x017F;teigen Sie &#x017F;ich nicht<lb/>
mit einem Anachronismus in die Phy&#x017F;iolo-<lb/>
gie!&#x201D; &#x2014; &#x201E;Gott, Nein, fuhr Mehlhorn fort,<lb/>
und die Wo&#x0364;chnerin i&#x017F;t gottlob &#x017F;o fri&#x017F;ch wie ich<lb/>
&#x017F;elber.&#x201D; &#x2014; &#x201E;Ja, das i&#x017F;t &#x017F;ie, Gott &#x017F;ey Dank&#x201D;<lb/>
rief Theoda nach der Le&#x017F;ung des vierzeiligen<lb/>
Briefchens von Bona, und &#x017F;tu&#x0364;rzte vor Freude<lb/>
dem Zoller an den Hals. &#x201E;Noch heute, &#x017F;agte<lb/>
&#x017F;ie, geh&#x2019; ich zu Fuße mit Ihnen und laufe die<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[61/0067] nem Pathengeſchenk edlerer Art, um nur an ſchlechte maßive Gaben gar nicht zu denken. Sein Herz fuͤhlte ſich weit ſeliger dabey, wenn er eine geliebte Hand recht herzlich druͤcken und ſchütteln durfte, als ſie fuͤllen mußte. Nur etwas fiel ihm noch bey; naͤmlich eine Mißgeburt hätt’ er gern aus der Taufe geho- ben und beſchenkt mit ſeinem Namen. „Der Junge iſt wohl regelmaͤßig gebaut?” fragt’ er. „H. Doktor, verſetzte der Zoller, wahrlich wir alle koͤnnen Gott nicht genug dafuͤr danken; er iſt aber, wie die Wehmutter ſagt, wie aus dem Ey geſchaͤlt fuͤr ſein Alter.” „Aus dem Ey fuͤr ſein Alter? verſetzte er etwas verdruͤßlich. — Verſteigen Sie ſich nicht mit einem Anachronismus in die Phyſiolo- gie!” — „Gott, Nein, fuhr Mehlhorn fort, und die Woͤchnerin iſt gottlob ſo friſch wie ich ſelber.” — „Ja, das iſt ſie, Gott ſey Dank” rief Theoda nach der Leſung des vierzeiligen Briefchens von Bona, und ſtuͤrzte vor Freude dem Zoller an den Hals. „Noch heute, ſagte ſie, geh’ ich zu Fuße mit Ihnen und laufe die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger02_1809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger02_1809/67
Zitationshilfe: Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 2. Heidelberg, 1809, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger02_1809/67>, abgerufen am 24.11.2024.