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Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 2. Heidelberg, 1809.

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fanden. Da er voraussah, daß seine Verehrerin-
nen nach einer Reliquie von ihm so laufen würden,
als das Volk nach dem Lappen eines Gehenk-
ten, wiewol jene für das Bezaubern, und die-
ses gegen dasselbe: -- so hatt' er absichtlich
seine Haar-Schur dem Bad aufgehoben und da-
her seinem Bedienten verstattet, sie anzukündigen
und mit seiner Pegasus-Mähne einen kleinen
Schnitthandel anzulegen. In der That schlug
die Spekulazion mit dem Flor von seinen Haar-
zwiebeln so gut ein als der holländische mit
Blumenzwiebeln; ja eine Gräfin wollte den
ganzen Artikel allein an sich bringen zu einer
adlichen und genialen Perücke, so versessen
war alles auf die Geburten seines fruchtbaren
Kopfes, es mochten Gefühle oder Locken seyn.
Dieser Handelsflor seines Bedienten, wovon
ihm selber gerade das Geistigste zuwehte, das
Lob, ließ ihn wie gedacht, Theoda's Verlust
männlicher verschmerzen, als er sonst gehofft;
indeß ob er ihr gleich seine Krönungen d. h.
seine Tonsuren nicht am sorgfältigsten zu ver-
hehlen strebte, so warf er als heiliger Vater

fanden. Da er vorausſah, daß ſeine Verehrerin-
nen nach einer Reliquie von ihm ſo laufen wuͤrden,
als das Volk nach dem Lappen eines Gehenk-
ten, wiewol jene fuͤr das Bezaubern, und die-
ſes gegen daſſelbe: — ſo hatt’ er abſichtlich
ſeine Haar-Schur dem Bad aufgehoben und da-
her ſeinem Bedienten verſtattet, ſie anzukuͤndigen
und mit ſeiner Pegaſus-Maͤhne einen kleinen
Schnitthandel anzulegen. In der That ſchlug
die Spekulazion mit dem Flor von ſeinen Haar-
zwiebeln ſo gut ein als der hollaͤndiſche mit
Blumenzwiebeln; ja eine Gräfin wollte den
ganzen Artikel allein an ſich bringen zu einer
adlichen und genialen Peruͤcke, ſo verſeſſen
war alles auf die Geburten ſeines fruchtbaren
Kopfes, es mochten Gefuͤhle oder Locken ſeyn.
Dieſer Handelsflor ſeines Bedienten, wovon
ihm ſelber gerade das Geiſtigſte zuwehte, das
Lob, ließ ihn wie gedacht, Theoda’s Verluſt
maͤnnlicher verſchmerzen, als er ſonſt gehofft;
indeß ob er ihr gleich ſeine Kroͤnungen d. h.
ſeine Tonſuren nicht am ſorgfaͤltigſten zu ver-
hehlen ſtrebte, ſo warf er als heiliger Vater

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[53/0059] fanden. Da er vorausſah, daß ſeine Verehrerin- nen nach einer Reliquie von ihm ſo laufen wuͤrden, als das Volk nach dem Lappen eines Gehenk- ten, wiewol jene fuͤr das Bezaubern, und die- ſes gegen daſſelbe: — ſo hatt’ er abſichtlich ſeine Haar-Schur dem Bad aufgehoben und da- her ſeinem Bedienten verſtattet, ſie anzukuͤndigen und mit ſeiner Pegaſus-Maͤhne einen kleinen Schnitthandel anzulegen. In der That ſchlug die Spekulazion mit dem Flor von ſeinen Haar- zwiebeln ſo gut ein als der hollaͤndiſche mit Blumenzwiebeln; ja eine Gräfin wollte den ganzen Artikel allein an ſich bringen zu einer adlichen und genialen Peruͤcke, ſo verſeſſen war alles auf die Geburten ſeines fruchtbaren Kopfes, es mochten Gefuͤhle oder Locken ſeyn. Dieſer Handelsflor ſeines Bedienten, wovon ihm ſelber gerade das Geiſtigſte zuwehte, das Lob, ließ ihn wie gedacht, Theoda’s Verluſt maͤnnlicher verſchmerzen, als er ſonſt gehofft; indeß ob er ihr gleich ſeine Kroͤnungen d. h. ſeine Tonſuren nicht am ſorgfaͤltigſten zu ver- hehlen ſtrebte, ſo warf er als heiliger Vater

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Zitationshilfe: Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 2. Heidelberg, 1809, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger02_1809/59>, abgerufen am 24.11.2024.