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Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 2. Heidelberg, 1809.

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ren Armen aufhüpfende Tochter durchgetragen;
und ich erfragte unten im Dorfe den Hölen-
Eingang. Der Mond schien an die Pforte;
die Kinder hatten davor gespielt, und Ketten
von Dotterblumen, und ein kleines Gärtchen
von eingesteckten Weiden zurückgelassen. Ich
öffnete die Thüre um vor die weite wie ein
Leichnam in die Höle begrabne Finsterniß zu
treten; aber als der Mond seinen Schimmer
lang hineinwarf und ich meinen Schatten drin-
nen in der Höle liegen sah: so schauderte michs;
ich sah die Schattengestalt meiner Mutter in
ihrem Grabe schlafen; da eilt' ich davon und
dachte mir Dich und Dein Wohl, um mein
Herz zu wärmen. O lebe wol!

Spätere N. S. Sein Herz ist sein Ge-
sicht; ich rede vom Hauptmann. Aus Zart-
heit wich er mir bisher aus; aber er schickte
mir durch meinen Vater ein Blättchen, worin
er alle Schuld des öffentlichen Misverständnis-
ses auf sich nimmt und durch seine Zurückzie-
hung, um es nicht zu bestätigen, dafür zu

Zweyter Theil. 4

ren Armen aufhuͤpfende Tochter durchgetragen;
und ich erfragte unten im Dorfe den Hoͤlen-
Eingang. Der Mond ſchien an die Pforte;
die Kinder hatten davor geſpielt, und Ketten
von Dotterblumen, und ein kleines Gaͤrtchen
von eingeſteckten Weiden zuruͤckgelaſſen. Ich
öffnete die Thuͤre um vor die weite wie ein
Leichnam in die Hoͤle begrabne Finſterniß zu
treten; aber als der Mond ſeinen Schimmer
lang hineinwarf und ich meinen Schatten drin-
nen in der Hoͤle liegen ſah: ſo ſchauderte michs;
ich ſah die Schattengeſtalt meiner Mutter in
ihrem Grabe ſchlafen; da eilt’ ich davon und
dachte mir Dich und Dein Wohl, um mein
Herz zu waͤrmen. O lebe wol!

Spaͤtere N. S. Sein Herz iſt ſein Ge-
ſicht; ich rede vom Hauptmann. Aus Zart-
heit wich er mir bisher aus; aber er ſchickte
mir durch meinen Vater ein Blaͤttchen, worin
er alle Schuld des oͤffentlichen Misverſtaͤndniſ-
ſes auf ſich nimmt und durch ſeine Zuruͤckzie-
hung, um es nicht zu beſtaͤtigen, dafuͤr zu

Zweyter Theil. 4
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[49/0055] ren Armen aufhuͤpfende Tochter durchgetragen; und ich erfragte unten im Dorfe den Hoͤlen- Eingang. Der Mond ſchien an die Pforte; die Kinder hatten davor geſpielt, und Ketten von Dotterblumen, und ein kleines Gaͤrtchen von eingeſteckten Weiden zuruͤckgelaſſen. Ich öffnete die Thuͤre um vor die weite wie ein Leichnam in die Hoͤle begrabne Finſterniß zu treten; aber als der Mond ſeinen Schimmer lang hineinwarf und ich meinen Schatten drin- nen in der Hoͤle liegen ſah: ſo ſchauderte michs; ich ſah die Schattengeſtalt meiner Mutter in ihrem Grabe ſchlafen; da eilt’ ich davon und dachte mir Dich und Dein Wohl, um mein Herz zu waͤrmen. O lebe wol! Spaͤtere N. S. Sein Herz iſt ſein Ge- ſicht; ich rede vom Hauptmann. Aus Zart- heit wich er mir bisher aus; aber er ſchickte mir durch meinen Vater ein Blaͤttchen, worin er alle Schuld des oͤffentlichen Misverſtaͤndniſ- ſes auf ſich nimmt und durch ſeine Zuruͤckzie- hung, um es nicht zu beſtaͤtigen, dafuͤr zu Zweyter Theil. 4

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Zitationshilfe: Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 2. Heidelberg, 1809, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger02_1809/55>, abgerufen am 28.04.2024.