Kupferstich, kurz der Staar wurde mir mit der Staarnadel gestochen, und ein bischen das Herzchen dabey.
O, wie war ich hinter meiner Augenbinde, als hätte ich sie mir vom Amor geborgt, so ru- hig-froh! Wenn ich Dir erst künftig einmal male, wie himmlisch der Sternen-Abend war, so lange mir ihn nicht mein Schmerz umzog -- wie rein-heiter ich an der Seite des guten Men- schen saß, den ich noch für den poetischen Traum- gott meiner Jugendträume ansah und wie froh ich mein Auge auf alles um mich warf, auf die erleuchteten Bäume, auf jeden Gast am Tisch, wie auf die Sterne über mir -- wie immer das freudige Herz überkochen wollte -- und wie ich gern die armen Nachtschmetterlinge verscheucht hätte, die sich an den Lichtern zerstörten -- und wie ich in die aufdämmernden Wolken in Osten mit feuchten Augen sah, und dachte wie gar zu seelig wird dich vollends dein beglückender Mond machen, wenn er dich so findet. Er fand mich nicht mehr so -- er fand mich voll Scham und Gram, ich sah ihn an -- Dein stillendes Auge
Kupferſtich, kurz der Staar wurde mir mit der Staarnadel geſtochen, und ein bischen das Herzchen dabey.
O, wie war ich hinter meiner Augenbinde, als haͤtte ich ſie mir vom Amor geborgt, ſo ru- hig-froh! Wenn ich Dir erſt kuͤnftig einmal male, wie himmliſch der Sternen-Abend war, ſo lange mir ihn nicht mein Schmerz umzog — wie rein-heiter ich an der Seite des guten Men- ſchen ſaß, den ich noch fuͤr den poetiſchen Traum- gott meiner Jugendträume anſah und wie froh ich mein Auge auf alles um mich warf, auf die erleuchteten Baͤume, auf jeden Gaſt am Tiſch, wie auf die Sterne uͤber mir — wie immer das freudige Herz uͤberkochen wollte — und wie ich gern die armen Nachtſchmetterlinge verſcheucht haͤtte, die ſich an den Lichtern zerſtörten — und wie ich in die aufdaͤmmernden Wolken in Oſten mit feuchten Augen ſah, und dachte wie gar zu ſeelig wird dich vollends dein begluͤckender Mond machen, wenn er dich ſo findet. Er fand mich nicht mehr ſo — er fand mich voll Scham und Gram, ich ſah ihn an — Dein ſtillendes Auge
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Kupferſtich, kurz der Staar wurde mir mit der
Staarnadel geſtochen, und ein bischen das
Herzchen dabey.
O, wie war ich hinter meiner Augenbinde,
als haͤtte ich ſie mir vom Amor geborgt, ſo ru-
hig-froh! Wenn ich Dir erſt kuͤnftig einmal
male, wie himmliſch der Sternen-Abend war,
ſo lange mir ihn nicht mein Schmerz umzog —
wie rein-heiter ich an der Seite des guten Men-
ſchen ſaß, den ich noch fuͤr den poetiſchen Traum-
gott meiner Jugendträume anſah und wie froh
ich mein Auge auf alles um mich warf, auf die
erleuchteten Baͤume, auf jeden Gaſt am Tiſch,
wie auf die Sterne uͤber mir — wie immer das
freudige Herz uͤberkochen wollte — und wie ich
gern die armen Nachtſchmetterlinge verſcheucht
haͤtte, die ſich an den Lichtern zerſtörten — und
wie ich in die aufdaͤmmernden Wolken in Oſten
mit feuchten Augen ſah, und dachte wie gar zu
ſeelig wird dich vollends dein begluͤckender Mond
machen, wenn er dich ſo findet. Er fand mich
nicht mehr ſo — er fand mich voll Scham und
Gram, ich ſah ihn an — Dein ſtillendes Auge
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Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 2. Heidelberg, 1809, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger02_1809/52>, abgerufen am 24.11.2024.
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