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Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 2. Heidelberg, 1809.

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aus den kleinen Knötchen in ihrem Unrathe als
den besten Zeichen von Krämpfen.

"Erhärteten freylich -- fuhr er feurig fort --
Bühnen-Thränen gleich Hirschthränen zu Be-
zoar: so schrieb ich wol selber dergleichen Spaß
und bewegte das Herz. Aber jetzt beym Hen-
ker muß der wahre Arzt mitten in den weichsten
Gefühlen der Damenherzen so scharf das Welt-
liche dazwischen kommandiren als ein Offizier un-
ter der Messe seinen Leuten das Gewehr-Strek-
ken und Heben. Vielleicht aber gäb' es einen
Mittelweg und es wäre wenigstens ein offizi-
neller Anfang, wenn man das Trauerspiel, so
gut es ginge, dem Lustspiel näher brächte, durch
eingestreute Possen, Fratzen und dergleichen, die
man denn allmählig so lange anhäufen könnte,
bis sie endlich das ganze Trauerspiel einnähmen
und besetzten. Eine solche Anastomose und Kir-
chenvereinigung des Weh und Lustspiels, setzte
er hinzu, eine solche Reinigung der Tragödie
durch die Komödie wäre zuletzt so weit zu treiben
-- ja in einigen neuesten Tragödien sey so et-
was -- daß man durch ganze Stücke hindurch

Zweyter Theil. 3

aus den kleinen Knoͤtchen in ihrem Unrathe als
den beſten Zeichen von Kraͤmpfen.

„Erhärteten freylich — fuhr er feurig fort —
Buͤhnen-Thraͤnen gleich Hirſchthränen zu Be-
zoar: ſo ſchrieb ich wol ſelber dergleichen Spaß
und bewegte das Herz. Aber jetzt beym Hen-
ker muß der wahre Arzt mitten in den weichſten
Gefuͤhlen der Damenherzen ſo ſcharf das Welt-
liche dazwiſchen kommandiren als ein Offizier un-
ter der Meſſe ſeinen Leuten das Gewehr-Strek-
ken und Heben. Vielleicht aber gaͤb’ es einen
Mittelweg und es waͤre wenigſtens ein offizi-
neller Anfang, wenn man das Trauerſpiel, ſo
gut es ginge, dem Luſtſpiel naͤher braͤchte, durch
eingeſtreute Poſſen, Fratzen und dergleichen, die
man denn allmaͤhlig ſo lange anhaͤufen koͤnnte,
bis ſie endlich das ganze Trauerſpiel einnähmen
und beſetzten. Eine ſolche Anaſtomoſe und Kir-
chenvereinigung des Weh und Luſtſpiels, ſetzte
er hinzu, eine ſolche Reinigung der Tragoͤdie
durch die Komoͤdie waͤre zuletzt ſo weit zu treiben
— ja in einigen neueſten Tragoͤdien ſey ſo et-
was — daß man durch ganze Stuͤcke hindurch

Zweyter Theil. 3
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[33/0039] aus den kleinen Knoͤtchen in ihrem Unrathe als den beſten Zeichen von Kraͤmpfen. „Erhärteten freylich — fuhr er feurig fort — Buͤhnen-Thraͤnen gleich Hirſchthränen zu Be- zoar: ſo ſchrieb ich wol ſelber dergleichen Spaß und bewegte das Herz. Aber jetzt beym Hen- ker muß der wahre Arzt mitten in den weichſten Gefuͤhlen der Damenherzen ſo ſcharf das Welt- liche dazwiſchen kommandiren als ein Offizier un- ter der Meſſe ſeinen Leuten das Gewehr-Strek- ken und Heben. Vielleicht aber gaͤb’ es einen Mittelweg und es waͤre wenigſtens ein offizi- neller Anfang, wenn man das Trauerſpiel, ſo gut es ginge, dem Luſtſpiel naͤher braͤchte, durch eingeſtreute Poſſen, Fratzen und dergleichen, die man denn allmaͤhlig ſo lange anhaͤufen koͤnnte, bis ſie endlich das ganze Trauerſpiel einnähmen und beſetzten. Eine ſolche Anaſtomoſe und Kir- chenvereinigung des Weh und Luſtſpiels, ſetzte er hinzu, eine ſolche Reinigung der Tragoͤdie durch die Komoͤdie waͤre zuletzt ſo weit zu treiben — ja in einigen neueſten Tragoͤdien ſey ſo et- was — daß man durch ganze Stuͤcke hindurch Zweyter Theil. 3

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Zitationshilfe: Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 2. Heidelberg, 1809, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger02_1809/39>, abgerufen am 24.11.2024.