Im Nachtquartiere trafs sichs für den Edel- mann sehr glücklich, daß in die Fenster der nahe Gottesacker mit getünchten und vergoldeten Grabmählern glänzte, von Obstbäumen mit Zauberschatten und vom Mond mit Zauberlich- tern geschmückt. Es wurd' ihm bisher neben Theoda immer wohler und voller ums Herz; gerade ihr Scherz und ihr Ungestüm, womit ihre Gefühle wie noch mit einer Puppen-Hülse aus- flogen, überraschten den Ueberfeinerten und Verwöhnten; und die Nähe eines entgegengesetz- ten Vaters hob mit Schlagschatten ihre Lichter; denn er mußte denken: wem hat sie ihr Herz zu danken, als allein ihrem Herzen? -- Hätte er die Erfahrung der Soldaten und Dichter nicht gehabt, zu siegen wie Cäsar, wenn er käme, und -- gesehen würde, oder gar gehört, -- wie denn schon am Himmel der Liebesstern sich nie so weit vom dichterischen Sonnen- gott verliert, daß er in Gegenschein oder Ent- gegensetzung mit ihm geriethe --; wäre dies nicht gewesen, Nieß würde anders prangen in dieser Geschichte.
Im Nachtquartiere trafs ſichs fuͤr den Edel- mann ſehr gluͤcklich, daß in die Fenſter der nahe Gottesacker mit getuͤnchten und vergoldeten Grabmaͤhlern glaͤnzte, von Obſtbaͤumen mit Zauberſchatten und vom Mond mit Zauberlich- tern geſchmuͤckt. Es wurd’ ihm bisher neben Theoda immer wohler und voller ums Herz; gerade ihr Scherz und ihr Ungeſtuͤm, womit ihre Gefuͤhle wie noch mit einer Puppen-Huͤlſe aus- flogen, uͤberraſchten den Ueberfeinerten und Verwoͤhnten; und die Naͤhe eines entgegengeſetz- ten Vaters hob mit Schlagſchatten ihre Lichter; denn er mußte denken: wem hat ſie ihr Herz zu danken, als allein ihrem Herzen? — Haͤtte er die Erfahrung der Soldaten und Dichter nicht gehabt, zu ſiegen wie Caͤſar, wenn er kaͤme, und — geſehen wuͤrde, oder gar gehoͤrt, — wie denn ſchon am Himmel der Liebesſtern ſich nie ſo weit vom dichteriſchen Sonnen- gott verliert, daß er in Gegenſchein oder Ent- gegenſetzung mit ihm geriethe —; waͤre dies nicht geweſen, Nieß wuͤrde anders prangen in dieſer Geſchichte.
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Im Nachtquartiere trafs ſichs fuͤr den Edel-
mann ſehr gluͤcklich, daß in die Fenſter der nahe
Gottesacker mit getuͤnchten und vergoldeten
Grabmaͤhlern glaͤnzte, von Obſtbaͤumen mit
Zauberſchatten und vom Mond mit Zauberlich-
tern geſchmuͤckt. Es wurd’ ihm bisher neben
Theoda immer wohler und voller ums Herz;
gerade ihr Scherz und ihr Ungeſtuͤm, womit ihre
Gefuͤhle wie noch mit einer Puppen-Huͤlſe aus-
flogen, uͤberraſchten den Ueberfeinerten und
Verwoͤhnten; und die Naͤhe eines entgegengeſetz-
ten Vaters hob mit Schlagſchatten ihre Lichter;
denn er mußte denken: wem hat ſie ihr Herz zu
danken, als allein ihrem Herzen? — Haͤtte er
die Erfahrung der Soldaten und Dichter nicht
gehabt, zu ſiegen wie Caͤſar, wenn er kaͤme,
und — geſehen wuͤrde, oder gar gehoͤrt, —
wie denn ſchon am Himmel der Liebesſtern
ſich nie ſo weit vom dichteriſchen Sonnen-
gott verliert, daß er in Gegenſchein oder Ent-
gegenſetzung mit ihm geriethe —; waͤre dies
nicht geweſen, Nieß wuͤrde anders prangen in
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Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 1. Heidelberg, 1809, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger01_1809/127>, abgerufen am 24.11.2024.
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