Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795.nicht mehr, eh' sie übertrat, sondern ihr Wasser Er sah jetzt St. Lüne liegen, aber gleichsam ent¬ Er gieng nun auf Maienthal zu und zog mit richtet
nicht mehr, eh' ſie uͤbertrat, ſondern ihr Waſſer Er ſah jetzt St. Luͤne liegen, aber gleichſam ent¬ Er gieng nun auf Maienthal zu und zog mit richtet
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nicht mehr, eh' ſie uͤbertrat, ſondern ihr Waſſer
lief wie Thau aus Blumen leicht und ohne Stocken
nieder wie das Blut durch ſeine Bruſt.
Er ſah jetzt St. Luͤne liegen, aber gleichſam ent¬
ruͤckt von ihm in einem Mondſchein. Er gieng nicht
hindurch, ſondern auſſen herum: »werde immer
»breiter und lauter, ſchoͤner Ort, nie umzingle dich
»ein Feind!« Mehr ſagt' er nicht. Denn als er
vor dem Kirchhof voruͤbergieng: dacht er: »haben
»denn nicht dieſe auch alle von dem Orte Abſchied
»genommen; und thu' ichs allein?« — Blos der
Zuruͤckblick nach dem Pfarr-Schieferdach entzuͤndete
noch einen Blitz des Schmerzens durch den Gedan¬
ken an die muͤtterlichen Thraͤnen uͤber ſeinen
Tod; aber er ſagte ſich bald den Troſt, daß das an
Flamin gewoͤhnte Mutterherz der Pfarrerin den Kum¬
mer uͤber das Opfer heilen werde durch die Freude
uͤber den geretteten Liebling.
Er gieng nun auf Maienthal zu und zog mit
Fleiß ſeine traͤumenden Gedanken von deſſen erhab¬
nen Stellen ab, um Abends bei der Ankunft) deſto
mehr — Schmerz zu genieſſen. Aber nun ſpann
ſich ſein Ich in ein neues Gedankengewebe ein: er
uͤberdachte jetzt das Vergnuͤgen, ohne alle Kranken¬
naͤchte hell und gerade, nicht liegend ſondern aufge¬
richtet
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Zitationshilfe: | Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795, S. 368. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus03_1795/378>, abgerufen am 16.07.2024. |