"schönen Wangen und in deiner Erbengestalt -- ich "segne dich und sage dir Lebewol, aber schwer und "trübe, weil ich noch so viele Tage leben soll ohne "dich. Ziehe sanft umweht durch's Leben, halte "dein Herz hoch über den bunten Dunst der Erde "und über ihre Wetterwolken -- du hörst mich ja "nicht, du bitter-weinendes Angesicht, Gott gieße "Trost in deine Seele, scheide froher! -- dein "Freund ist bei mir, wann ich von hinnen gehe." -- -- Hier faßte Viktor die Hände der wankenden ver¬ weinten Gestalt, die sich vergeblich die Thränen ab¬ streifte, um den Lehrer noch einmal zu sehen und in die Seele zu drücken; und als Viktor ohne Besin¬ nung aber emporgehoben rief: "Giulia! Seelige! mil¬ "dere das Weh deiner Freundin in dieser Stunde, "halte dieses brechende Herz" so sagte Emanuel un¬ beschreiblich zärtlich beide anblickend: "Ich segne "euch ein wie ein Vater, heiliges Seelen-Paar! "Nie verlasset, nie vergesset einander! -- O ihr see¬ "ligen Geister hier über dem glimmenden Moder der "zerstückten Särge, gebet diesen zwei Herzen Frieden "und Glück und wenn ich einmal gestorben bin, "will ich um eure Seelen schweben und sie beruhi¬ "gen -- Und du, Ewiger unter deinen Sternen, "mache diese zwei Menschen so glücklich wie mich "-- o nimm ihnen nichts, nichts auf der Erde als "das Leben -- Gute Nacht, Klotilde!" . . . .
»ſchoͤnen Wangen und in deiner Erbengeſtalt — ich »ſegne dich und ſage dir Lebewol, aber ſchwer und »truͤbe, weil ich noch ſo viele Tage leben ſoll ohne »dich. Ziehe ſanft umweht durch's Leben, halte »dein Herz hoch uͤber den bunten Dunſt der Erde »und uͤber ihre Wetterwolken — du hoͤrſt mich ja »nicht, du bitter-weinendes Angeſicht, Gott gieße »Troſt in deine Seele, ſcheide froher! — dein »Freund iſt bei mir, wann ich von hinnen gehe.« — — Hier faßte Viktor die Haͤnde der wankenden ver¬ weinten Geſtalt, die ſich vergeblich die Thraͤnen ab¬ ſtreifte, um den Lehrer noch einmal zu ſehen und in die Seele zu druͤcken; und als Viktor ohne Beſin¬ nung aber emporgehoben rief: »Giulia! Seelige! mil¬ »dere das Weh deiner Freundin in dieſer Stunde, »halte dieſes brechende Herz« ſo ſagte Emanuel un¬ beſchreiblich zaͤrtlich beide anblickend: »Ich ſegne »euch ein wie ein Vater, heiliges Seelen-Paar! »Nie verlaſſet, nie vergeſſet einander! — O ihr ſee¬ »ligen Geiſter hier uͤber dem glimmenden Moder der »zerſtuͤckten Saͤrge, gebet dieſen zwei Herzen Frieden »und Gluͤck und wenn ich einmal geſtorben bin, »will ich um eure Seelen ſchweben und ſie beruhi¬ »gen — Und du, Ewiger unter deinen Sternen, »mache dieſe zwei Menſchen ſo gluͤcklich wie mich »— o nimm ihnen nichts, nichts auf der Erde als »das Leben — Gute Nacht, Klotilde!« . . . .
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»ſchoͤnen Wangen und in deiner Erbengeſtalt — ich
»ſegne dich und ſage dir Lebewol, aber ſchwer und
»truͤbe, weil ich noch ſo viele Tage leben ſoll ohne
»dich. Ziehe ſanft umweht durch's Leben, halte
»dein Herz hoch uͤber den bunten Dunſt der Erde
»und uͤber ihre Wetterwolken — du hoͤrſt mich ja
»nicht, du bitter-weinendes Angeſicht, Gott gieße
»Troſt in deine Seele, ſcheide froher! — dein
»Freund iſt bei mir, wann ich von hinnen gehe.« —
— Hier faßte Viktor die Haͤnde der wankenden ver¬
weinten Geſtalt, die ſich vergeblich die Thraͤnen ab¬
ſtreifte, um den Lehrer noch einmal zu ſehen und in
die Seele zu druͤcken; und als Viktor ohne Beſin¬
nung aber emporgehoben rief: »Giulia! Seelige! mil¬
»dere das Weh deiner Freundin in dieſer Stunde,
»halte dieſes brechende Herz« ſo ſagte Emanuel un¬
beſchreiblich zaͤrtlich beide anblickend: »Ich ſegne
»euch ein wie ein Vater, heiliges Seelen-Paar!
»Nie verlaſſet, nie vergeſſet einander! — O ihr ſee¬
»ligen Geiſter hier uͤber dem glimmenden Moder der
»zerſtuͤckten Saͤrge, gebet dieſen zwei Herzen Frieden
»und Gluͤck und wenn ich einmal geſtorben bin,
»will ich um eure Seelen ſchweben und ſie beruhi¬
»gen — Und du, Ewiger unter deinen Sternen,
»mache dieſe zwei Menſchen ſo gluͤcklich wie mich
»— o nimm ihnen nichts, nichts auf der Erde als
»das Leben — Gute Nacht, Klotilde!« . . . .
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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus03_1795/232>, abgerufen am 21.11.2024.
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