Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795.es war schwül um diesen Schatten, die Baumgipfel Er führt seine rechte Hand ans nasse Auge und Er trat eilig in den leuchtenden Tag, um die es war ſchwuͤl um dieſen Schatten, die Baumgipfel Er fuͤhrt ſeine rechte Hand ans naſſe Auge und Er trat eilig in den leuchtenden Tag, um die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0206" n="196"/> es war ſchwuͤl um dieſen Schatten, die Baumgipfel<lb/> waren ſtumm und alle Blumen gerade — Bienen<lb/> bogen ſich von Sandkoͤrngen herab in die Quellen<lb/> um ihn und ſchlurften Waſſer — von den Weiden tropf¬<lb/> ten weiſſe Flocken und alle Riechflaͤſchgen der Bluͤ¬<lb/> ten und die Rauchgefaͤße der Blumen uͤbergoßen ſei¬<lb/> ne Schlafſtaͤtte mit einem ſuͤßen ſchwuͤlen Dunſt ...</p><lb/> <p>Er fuͤhrt ſeine rechte Hand ans naſſe Auge und<lb/> erblickt darin mit Erſtaunen eine weiſſe Hyazinthe,<lb/> die ihm jemand heute mußte hineingeleget haben ..<lb/> Er verfiel auf Klotilde; und ſie war's auch gewe¬<lb/> ſen: vor einer halben Stunde trat ſie an dieſes Blu¬<lb/> men-Bette — ließ ſogleich das Geſtraͤuch leiſe wie¬<lb/> der zuſammenſchlagen — zog es aber doch wieder<lb/> auseinander, weil ſie die Thraͤnen des vergeſſenen<lb/> Traums uͤber das Angeſicht des gluͤhenden Schlaͤfers<lb/> rinnen ſah — ihre ganze Seele wurde nun ein wei¬<lb/> cher ſegnender Blick der Liebe und ſie konnte ſich<lb/> nicht enthalten, das Denkmal ihres Morgenbeſuchs,<lb/> die Blume, in die Hand zu legen — und eilte dann<lb/> leiſe in ihr Zimmer zuruͤck.</p><lb/> <p>Er trat eilig in den leuchtenden Tag, um die<lb/> Geberin einzuholen, deren Morgengabe er leider aus<lb/> Beſorgniß der Zerſtoͤrung ſo wenig wie ſie ans Herz<lb/> anpreſſen durfte. O wie that es ihm wehe, als er<lb/> im Freien vor dem herrnhutiſchen Gottesacker der<lb/><hi rendition="#g">heimgegangnen</hi> Himmelsnacht, vor dem ruhen¬<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [196/0206]
es war ſchwuͤl um dieſen Schatten, die Baumgipfel
waren ſtumm und alle Blumen gerade — Bienen
bogen ſich von Sandkoͤrngen herab in die Quellen
um ihn und ſchlurften Waſſer — von den Weiden tropf¬
ten weiſſe Flocken und alle Riechflaͤſchgen der Bluͤ¬
ten und die Rauchgefaͤße der Blumen uͤbergoßen ſei¬
ne Schlafſtaͤtte mit einem ſuͤßen ſchwuͤlen Dunſt ...
Er fuͤhrt ſeine rechte Hand ans naſſe Auge und
erblickt darin mit Erſtaunen eine weiſſe Hyazinthe,
die ihm jemand heute mußte hineingeleget haben ..
Er verfiel auf Klotilde; und ſie war's auch gewe¬
ſen: vor einer halben Stunde trat ſie an dieſes Blu¬
men-Bette — ließ ſogleich das Geſtraͤuch leiſe wie¬
der zuſammenſchlagen — zog es aber doch wieder
auseinander, weil ſie die Thraͤnen des vergeſſenen
Traums uͤber das Angeſicht des gluͤhenden Schlaͤfers
rinnen ſah — ihre ganze Seele wurde nun ein wei¬
cher ſegnender Blick der Liebe und ſie konnte ſich
nicht enthalten, das Denkmal ihres Morgenbeſuchs,
die Blume, in die Hand zu legen — und eilte dann
leiſe in ihr Zimmer zuruͤck.
Er trat eilig in den leuchtenden Tag, um die
Geberin einzuholen, deren Morgengabe er leider aus
Beſorgniß der Zerſtoͤrung ſo wenig wie ſie ans Herz
anpreſſen durfte. O wie that es ihm wehe, als er
im Freien vor dem herrnhutiſchen Gottesacker der
heimgegangnen Himmelsnacht, vor dem ruhen¬
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