zig Freiheitsbäume in veränderlichen Gruppen umzin¬ gelten und umkreiseten und nur auf tiefere Schatten warteten, um schneller zu tanzen. Der Engländer wurde von Klotilde wie ein Freund ihrer zwei Freunde empfangen. Das Brautpaar, dem die Wiese als Erbschaft gehörte, hatte die eigne Musik gegen diese vertauscht und das Bundesfest desselben rückte in seinem Budesfeste unserem Helden den heitern Tag näher, wo er er auch seine Klotilde Braut nennen durfte; aber er hatte jetzt nicht den Muth, sein erröthendes Gesicht gegen diese zu wenden, weil er dachte, sie denke dasselbe und sey auch roth. Nur ein Liebender kann mit dem Enthusiasmus eines Brautpaars sympathisiren; und nie stiegen schönere Wünsche für eines auf als für dieses in zwei See¬ len voll Liebe. Eine vierjährige Schwester der Braut drückte sich an Klotilden an -- jene war die kleine Luna dieser Venus bei ihren Spaziergängen -- und diese entlud gern ihre Liebe in die kleine Hand, die der ihrigen den Vorzug vor einem Moitisten ließ.
Der Mond gab jetzt durch den Widerschein der Sonne, womit er dieses Kinderparadies versilberte, der Freude helleres Kolorit und unter dem vertieften Schatten der Maienbäume wuchs der kindliche Muth. Alles war beglückt -- alles fesselnlos -- alles fried¬ lich -- kein giftiges Auge warf Blitze -- keine ein¬ zige Härte störte das metrische Leben -- in melodi¬
zig Freiheitsbaͤume in veraͤnderlichen Gruppen umzin¬ gelten und umkreiſeten und nur auf tiefere Schatten warteten, um ſchneller zu tanzen. Der Englaͤnder wurde von Klotilde wie ein Freund ihrer zwei Freunde empfangen. Das Brautpaar, dem die Wieſe als Erbſchaft gehoͤrte, hatte die eigne Muſik gegen dieſe vertauſcht und das Bundesfeſt deſſelben ruͤckte in ſeinem Budesfeſte unſerem Helden den heitern Tag naͤher, wo er er auch ſeine Klotilde Braut nennen durfte; aber er hatte jetzt nicht den Muth, ſein erroͤthendes Geſicht gegen dieſe zu wenden, weil er dachte, ſie denke daſſelbe und ſey auch roth. Nur ein Liebender kann mit dem Enthuſiasmus eines Brautpaars ſympathiſiren; und nie ſtiegen ſchoͤnere Wuͤnſche fuͤr eines auf als fuͤr dieſes in zwei See¬ len voll Liebe. Eine vierjaͤhrige Schweſter der Braut druͤckte ſich an Klotilden an — jene war die kleine Luna dieſer Venus bei ihren Spaziergaͤngen — und dieſe entlud gern ihre Liebe in die kleine Hand, die der ihrigen den Vorzug vor einem Moitiſten ließ.
Der Mond gab jetzt durch den Widerſchein der Sonne, womit er dieſes Kinderparadies verſilberte, der Freude helleres Kolorit und unter dem vertieften Schatten der Maienbaͤume wuchs der kindliche Muth. Alles war begluͤckt — alles feſſelnlos — alles fried¬ lich — kein giftiges Auge warf Blitze — keine ein¬ zige Haͤrte ſtoͤrte das metriſche Leben — in melodi¬
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zig Freiheitsbaͤume in veraͤnderlichen Gruppen umzin¬
gelten und umkreiſeten und nur auf tiefere Schatten
warteten, um ſchneller zu tanzen. Der Englaͤnder
wurde von Klotilde wie ein Freund ihrer zwei
Freunde empfangen. Das Brautpaar, dem die Wieſe
als Erbſchaft gehoͤrte, hatte die eigne Muſik gegen
dieſe vertauſcht und das Bundesfeſt deſſelben ruͤckte
in ſeinem Budesfeſte unſerem Helden den heitern
Tag naͤher, wo er er auch ſeine Klotilde Braut
nennen durfte; aber er hatte jetzt nicht den Muth,
ſein erroͤthendes Geſicht gegen dieſe zu wenden, weil
er dachte, ſie denke daſſelbe und ſey auch roth. Nur
ein Liebender kann mit dem Enthuſiasmus eines
Brautpaars ſympathiſiren; und nie ſtiegen ſchoͤnere
Wuͤnſche fuͤr eines auf als fuͤr dieſes in zwei See¬
len voll Liebe. Eine vierjaͤhrige Schweſter der Braut
druͤckte ſich an Klotilden an — jene war die kleine
Luna dieſer Venus bei ihren Spaziergaͤngen — und
dieſe entlud gern ihre Liebe in die kleine Hand, die
der ihrigen den Vorzug vor einem Moitiſten ließ.
Der Mond gab jetzt durch den Widerſchein der
Sonne, womit er dieſes Kinderparadies verſilberte,
der Freude helleres Kolorit und unter dem vertieften
Schatten der Maienbaͤume wuchs der kindliche Muth.
Alles war begluͤckt — alles feſſelnlos — alles fried¬
lich — kein giftiges Auge warf Blitze — keine ein¬
zige Haͤrte ſtoͤrte das metriſche Leben — in melodi¬
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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus03_1795/192>, abgerufen am 02.05.2024.
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