Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

dazu kein anderes Herz besitzt als das leinene, das
die Nähterin unten im Winkel des Hemdjabots ein¬
flickt und das auf der Herzgrube aufliegt, die man
gescheuter die Magengrube nennen sollte -- endlich
muß ich sagen (wenigstens kann ich's) wenn sechstens
wahrer Zusammenhang, strenge Paragraphen-Ver¬
kettung
vielleicht die größte Zierde und Seele der
ungebundnen Rede ist, die aber einem gebund¬
nen
Klaviere gleicht und wenn daher der Verstand,
wie eine epische Handlung, am Ende der (rhetori¬
schen und der Zeit-) Periode anfangen muß, weil
sonst gar keiner da wäre. . . .

-- Es wird aber auch keiner mehr kommen. --
Aber jene vier Punkte sehen wie die Hasenfärthe
im Schnee aus. -- Kurz: der Spitzhund unser bio¬
graphischer Handlanger und Kommissionär, liegt
schon unter dem Tische und hat einige elysische Fel¬
der und Himmelreiche abgeladen. -- Da ich ohne¬
hin im obigen nicht wußte was ich haben wollte
(ich will nicht gesund vor dem Publikum sitzen, wenn
ich's gewust habe): so erwieß mir der Hund einen
wahren Liebesdienst, daß er dem Perioden den Nach¬
satz-Schwanz so zu sagen gar abbiß. Es war ohne¬
hin mein Plan blos zu narriren und zu haseliren in
einem ellenlangen Perioden bis der Hund mir die
Angst über die Zweifelhaftigkeit der Pfingstreise be¬
nommen hätte. -- Ueberhaupt wollt' ich nie Worte

dazu kein anderes Herz beſitzt als das leinene, das
die Naͤhterin unten im Winkel des Hemdjabots ein¬
flickt und das auf der Herzgrube aufliegt, die man
geſcheuter die Magengrube nennen ſollte — endlich
muß ich ſagen (wenigſtens kann ich's) wenn ſechſtens
wahrer Zuſammenhang, ſtrenge Paragraphen-Ver¬
kettung
vielleicht die groͤßte Zierde und Seele der
ungebundnen Rede iſt, die aber einem gebund¬
nen
Klaviere gleicht und wenn daher der Verſtand,
wie eine epiſche Handlung, am Ende der (rhetori¬
ſchen und der Zeit-) Periode anfangen muß, weil
ſonſt gar keiner da waͤre. . . .

— Es wird aber auch keiner mehr kommen. —
Aber jene vier Punkte ſehen wie die Haſenfaͤrthe
im Schnee aus. — Kurz: der Spitzhund unſer bio¬
graphiſcher Handlanger und Kommiſſionaͤr, liegt
ſchon unter dem Tiſche und hat einige elyſiſche Fel¬
der und Himmelreiche abgeladen. — Da ich ohne¬
hin im obigen nicht wußte was ich haben wollte
(ich will nicht geſund vor dem Publikum ſitzen, wenn
ich's gewuſt habe): ſo erwieß mir der Hund einen
wahren Liebesdienſt, daß er dem Perioden den Nach¬
ſatz-Schwanz ſo zu ſagen gar abbiß. Es war ohne¬
hin mein Plan blos zu narriren und zu haſeliren in
einem ellenlangen Perioden bis der Hund mir die
Angſt uͤber die Zweifelhaftigkeit der Pfingſtreiſe be¬
nommen haͤtte. — Ueberhaupt wollt' ich nie Worte

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0119" n="209 [109]"/>
dazu kein anderes Herz be&#x017F;itzt als das leinene, das<lb/>
die Na&#x0364;hterin unten im Winkel des Hemdjabots ein¬<lb/>
flickt und das auf der Herzgrube aufliegt, die man<lb/>
ge&#x017F;cheuter die Magengrube nennen &#x017F;ollte &#x2014; endlich<lb/>
muß ich &#x017F;agen (wenig&#x017F;tens kann ich's) wenn &#x017F;ech&#x017F;tens<lb/>
wahrer Zu&#x017F;ammenhang, &#x017F;trenge Paragraphen-<hi rendition="#g">Ver¬<lb/>
kettung</hi> vielleicht die gro&#x0364;ßte Zierde und Seele der<lb/><hi rendition="#g">ungebundnen</hi> Rede i&#x017F;t, die aber einem <hi rendition="#g">gebund¬<lb/>
nen</hi> Klaviere gleicht und wenn daher der Ver&#x017F;tand,<lb/>
wie eine epi&#x017F;che Handlung, am Ende der (rhetori¬<lb/>
&#x017F;chen und der Zeit-) Periode anfangen muß, weil<lb/>
&#x017F;on&#x017F;t gar keiner da wa&#x0364;re. . . .</p><lb/>
          <p>&#x2014; Es wird aber auch keiner mehr kommen. &#x2014;<lb/>
Aber jene vier Punkte &#x017F;ehen wie die <hi rendition="#g">Ha&#x017F;enfa&#x0364;rthe</hi><lb/>
im Schnee aus. &#x2014; Kurz: der Spitzhund un&#x017F;er bio¬<lb/>
graphi&#x017F;cher Handlanger und Kommi&#x017F;&#x017F;iona&#x0364;r, liegt<lb/>
&#x017F;chon unter dem Ti&#x017F;che und hat einige ely&#x017F;i&#x017F;che Fel¬<lb/>
der und Himmelreiche abgeladen. &#x2014; Da ich ohne¬<lb/>
hin im obigen nicht wußte was ich haben wollte<lb/>
(ich will nicht ge&#x017F;und vor dem Publikum &#x017F;itzen, wenn<lb/>
ich's gewu&#x017F;t habe): &#x017F;o erwieß mir der Hund einen<lb/>
wahren Liebesdien&#x017F;t, daß er dem Perioden den Nach¬<lb/>
&#x017F;atz-Schwanz &#x017F;o zu &#x017F;agen gar abbiß. Es war ohne¬<lb/>
hin mein Plan blos zu narriren und zu ha&#x017F;eliren in<lb/>
einem ellenlangen Perioden bis der Hund mir die<lb/>
Ang&#x017F;t u&#x0364;ber die Zweifelhaftigkeit der Pfing&#x017F;trei&#x017F;e be¬<lb/>
nommen ha&#x0364;tte. &#x2014; Ueberhaupt wollt' ich nie Worte<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[209 [109]/0119] dazu kein anderes Herz beſitzt als das leinene, das die Naͤhterin unten im Winkel des Hemdjabots ein¬ flickt und das auf der Herzgrube aufliegt, die man geſcheuter die Magengrube nennen ſollte — endlich muß ich ſagen (wenigſtens kann ich's) wenn ſechſtens wahrer Zuſammenhang, ſtrenge Paragraphen-Ver¬ kettung vielleicht die groͤßte Zierde und Seele der ungebundnen Rede iſt, die aber einem gebund¬ nen Klaviere gleicht und wenn daher der Verſtand, wie eine epiſche Handlung, am Ende der (rhetori¬ ſchen und der Zeit-) Periode anfangen muß, weil ſonſt gar keiner da waͤre. . . . — Es wird aber auch keiner mehr kommen. — Aber jene vier Punkte ſehen wie die Haſenfaͤrthe im Schnee aus. — Kurz: der Spitzhund unſer bio¬ graphiſcher Handlanger und Kommiſſionaͤr, liegt ſchon unter dem Tiſche und hat einige elyſiſche Fel¬ der und Himmelreiche abgeladen. — Da ich ohne¬ hin im obigen nicht wußte was ich haben wollte (ich will nicht geſund vor dem Publikum ſitzen, wenn ich's gewuſt habe): ſo erwieß mir der Hund einen wahren Liebesdienſt, daß er dem Perioden den Nach¬ ſatz-Schwanz ſo zu ſagen gar abbiß. Es war ohne¬ hin mein Plan blos zu narriren und zu haſeliren in einem ellenlangen Perioden bis der Hund mir die Angſt uͤber die Zweifelhaftigkeit der Pfingſtreiſe be¬ nommen haͤtte. — Ueberhaupt wollt' ich nie Worte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus03_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus03_1795/119
Zitationshilfe: Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795, S. 209 [109]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus03_1795/119>, abgerufen am 21.11.2024.