Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Zweites Heftlein. Berlin, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

Dadurch würde -- getrauete sich die Obristjäger¬
meisterei zu versprechen -- den Landleuten und Hir¬
schen zugleich unter die Arme gegriffen -- letztere
könnten alsdann ruhig wie Tagvieh die Felder abwei¬
den und würden doch dem Landmann die Nachlese,
indem sie mit der Vorlese zufrieden wären, las¬
sen. -- Das Landvolk wäre von den Krankheiten,
die aus den Nachtwachen kämen, von Erkältungen
und Ermüdungen glücklicherweise befreiet. Der
größte Vortheil aber wäre der, daß da bisher Bauern
über die Jagdfrohnen murrten (und nicht ganz Un¬
recht) weil sie darüber die Zeit der Erndte versäum¬
ten, daß alsdann die Hirsche an ihrer Statt die Ernd¬
te zu Nachts übernähmen, wie sich in der Schweiz die
Jünglinge für die Mädgen, die sie liebten, zu Nachts
dem Getraide-Schneiden unterzögen, damit diese,
wenn sie am Morgen zur Arbeit kommen, keine fin¬
den -- und so würden die Jagdfrohnen in den Ernd¬
ten niemand mehr stöhren als höchstens das --
Wild etc."

Was ist aber vom Konsistorialsportulboten zu er¬
erzählen? -- Dieser kanonische Hebungsbediente setz¬
te alle Pfarrherren durch seinen Spas und alle
Pfarrfrauen durch seine Gewandtheit in Erstaunen
und blos sein Blech und seine Papiere konnten die
Authentizität dieses Botenexemplars hinlänglich ver¬
bürgen. Er kassirte alles ein was der Konsistorial¬

Hesperus. II Th. D

Dadurch wuͤrde — getrauete ſich die Obriſtjaͤger¬
meiſterei zu verſprechen — den Landleuten und Hir¬
ſchen zugleich unter die Arme gegriffen — letztere
koͤnnten alsdann ruhig wie Tagvieh die Felder abwei¬
den und wuͤrden doch dem Landmann die Nachleſe,
indem ſie mit der Vorleſe zufrieden waͤren, laſ¬
ſen. — Das Landvolk waͤre von den Krankheiten,
die aus den Nachtwachen kaͤmen, von Erkaͤltungen
und Ermuͤdungen gluͤcklicherweiſe befreiet. Der
groͤßte Vortheil aber waͤre der, daß da bisher Bauern
uͤber die Jagdfrohnen murrten (und nicht ganz Un¬
recht) weil ſie daruͤber die Zeit der Erndte verſaͤum¬
ten, daß alsdann die Hirſche an ihrer Statt die Ernd¬
te zu Nachts uͤbernaͤhmen, wie ſich in der Schweiz die
Juͤnglinge fuͤr die Maͤdgen, die ſie liebten, zu Nachts
dem Getraide-Schneiden unterzoͤgen, damit dieſe,
wenn ſie am Morgen zur Arbeit kommen, keine fin¬
den — und ſo wuͤrden die Jagdfrohnen in den Ernd¬
ten niemand mehr ſtoͤhren als hoͤchſtens das —
Wild ꝛc.»

Was iſt aber vom Konſiſtorialſportulboten zu er¬
erzaͤhlen? — Dieſer kanoniſche Hebungsbediente ſetz¬
te alle Pfarrherren durch ſeinen Spas und alle
Pfarrfrauen durch ſeine Gewandtheit in Erſtaunen
und blos ſein Blech und ſeine Papiere konnten die
Authentizitaͤt dieſes Botenexemplars hinlaͤnglich ver¬
buͤrgen. Er kaſſirte alles ein was der Konſiſtorial¬

Heſperus. II Th. D
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0059" n="49"/>
            <p>Dadurch wu&#x0364;rde &#x2014; getrauete &#x017F;ich die Obri&#x017F;tja&#x0364;ger¬<lb/>
mei&#x017F;terei zu ver&#x017F;prechen &#x2014; den Landleuten und Hir¬<lb/>
&#x017F;chen zugleich unter die Arme gegriffen &#x2014; letztere<lb/>
ko&#x0364;nnten alsdann ruhig wie Tagvieh die Felder abwei¬<lb/>
den und wu&#x0364;rden doch dem Landmann die Nachle&#x017F;e,<lb/>
indem &#x017F;ie mit der Vorle&#x017F;e zufrieden wa&#x0364;ren, la&#x017F;¬<lb/>
&#x017F;en. &#x2014; Das Landvolk wa&#x0364;re von den Krankheiten,<lb/>
die aus den Nachtwachen ka&#x0364;men, von Erka&#x0364;ltungen<lb/>
und Ermu&#x0364;dungen glu&#x0364;cklicherwei&#x017F;e befreiet. Der<lb/>
gro&#x0364;ßte Vortheil aber wa&#x0364;re der, daß da bisher Bauern<lb/>
u&#x0364;ber die Jagdfrohnen murrten (und nicht ganz Un¬<lb/>
recht) weil &#x017F;ie daru&#x0364;ber die Zeit der Erndte ver&#x017F;a&#x0364;um¬<lb/>
ten, daß alsdann die Hir&#x017F;che an ihrer Statt die Ernd¬<lb/>
te zu Nachts u&#x0364;berna&#x0364;hmen, wie &#x017F;ich in der Schweiz die<lb/>
Ju&#x0364;nglinge fu&#x0364;r die Ma&#x0364;dgen, die &#x017F;ie liebten, zu Nachts<lb/>
dem Getraide-Schneiden unterzo&#x0364;gen, damit die&#x017F;e,<lb/>
wenn &#x017F;ie am Morgen zur Arbeit kommen, keine fin¬<lb/>
den &#x2014; und &#x017F;o wu&#x0364;rden die Jagdfrohnen in den Ernd¬<lb/>
ten niemand mehr &#x017F;to&#x0364;hren als ho&#x0364;ch&#x017F;tens das &#x2014;<lb/>
Wild &#xA75B;c.»</p><lb/>
            <p>Was i&#x017F;t aber vom Kon&#x017F;i&#x017F;torial&#x017F;portulboten zu er¬<lb/>
erza&#x0364;hlen? &#x2014; Die&#x017F;er kanoni&#x017F;che Hebungsbediente &#x017F;etz¬<lb/>
te alle Pfarrherren durch &#x017F;einen Spas und alle<lb/>
Pfarrfrauen durch &#x017F;eine Gewandtheit in Er&#x017F;taunen<lb/>
und blos &#x017F;ein Blech und &#x017F;eine Papiere konnten die<lb/>
Authentizita&#x0364;t die&#x017F;es Botenexemplars hinla&#x0364;nglich ver¬<lb/>
bu&#x0364;rgen. Er ka&#x017F;&#x017F;irte alles ein was der Kon&#x017F;i&#x017F;torial¬<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">He&#x017F;perus. <hi rendition="#aq">II</hi> Th. D<lb/></fw>
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[49/0059] Dadurch wuͤrde — getrauete ſich die Obriſtjaͤger¬ meiſterei zu verſprechen — den Landleuten und Hir¬ ſchen zugleich unter die Arme gegriffen — letztere koͤnnten alsdann ruhig wie Tagvieh die Felder abwei¬ den und wuͤrden doch dem Landmann die Nachleſe, indem ſie mit der Vorleſe zufrieden waͤren, laſ¬ ſen. — Das Landvolk waͤre von den Krankheiten, die aus den Nachtwachen kaͤmen, von Erkaͤltungen und Ermuͤdungen gluͤcklicherweiſe befreiet. Der groͤßte Vortheil aber waͤre der, daß da bisher Bauern uͤber die Jagdfrohnen murrten (und nicht ganz Un¬ recht) weil ſie daruͤber die Zeit der Erndte verſaͤum¬ ten, daß alsdann die Hirſche an ihrer Statt die Ernd¬ te zu Nachts uͤbernaͤhmen, wie ſich in der Schweiz die Juͤnglinge fuͤr die Maͤdgen, die ſie liebten, zu Nachts dem Getraide-Schneiden unterzoͤgen, damit dieſe, wenn ſie am Morgen zur Arbeit kommen, keine fin¬ den — und ſo wuͤrden die Jagdfrohnen in den Ernd¬ ten niemand mehr ſtoͤhren als hoͤchſtens das — Wild ꝛc.» Was iſt aber vom Konſiſtorialſportulboten zu er¬ erzaͤhlen? — Dieſer kanoniſche Hebungsbediente ſetz¬ te alle Pfarrherren durch ſeinen Spas und alle Pfarrfrauen durch ſeine Gewandtheit in Erſtaunen und blos ſein Blech und ſeine Papiere konnten die Authentizitaͤt dieſes Botenexemplars hinlaͤnglich ver¬ buͤrgen. Er kaſſirte alles ein was der Konſiſtorial¬ Heſperus. II Th. D

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus02_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus02_1795/59
Zitationshilfe: Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Zweites Heftlein. Berlin, 1795, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus02_1795/59>, abgerufen am 02.05.2024.