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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Zweites Heftlein. Berlin, 1795.

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"sich rufend -- der Sturmwind hebt den großen
"Flügel auf und schlägt an die Wälder: höre, sie
"geben das Zeichen, daß unsre gute Sonne geschie¬
"den ist. . . .

"Ach Julius, Julius (sagt ich und umfaßte seine
"Brust) die Erde ist groß -- aber das Herz das
"auf ihr ruht, ist noch größer als die Erde und grö¬
"ßer als die Sonne. . . Denn es allein denkt den
"größten Gedanken."

Plötzlich ging es vom Sterbebette der Sonne
kühl wie aus einem Grabe daher. Das hohe Luft¬
meer wankte und ein breiter Strom, in dessen Bette
Wälder niedergebogen lagen, brauste durch den Him¬
mel die Laufbahn der Sonne zurück. Die Altäre
der Natur, die Berge, waren wie bei einer großen
Trauer schwarz überhüllt. Der Mensch war vom
Nebelgewölbe auf die Erde eingesperrt und geschieden
vom Himmel -- Am Fuße des Gewölbes leckten
durchsichtige Blitze und der Donner schlug dreimal
an das schwarze Gewölbe -- Aber der Sturm rich¬
tete sich auf und riß es auseinander -- Der Sturm
trieb die fliegenden Trümmer des zerbrochenen Ge¬
fängnißes durch das Blau und warf die zerstückten
Dampfmassen unter den Himmel hinab -- und noch
lange braust' er allein über die ofne Erde fort durch

»ſich rufend — der Sturmwind hebt den großen
»Fluͤgel auf und ſchlaͤgt an die Waͤlder: hoͤre, ſie
»geben das Zeichen, daß unſre gute Sonne geſchie¬
»den iſt. . . .

»Ach Julius, Julius (ſagt ich und umfaßte ſeine
»Bruſt) die Erde iſt groß — aber das Herz das
»auf ihr ruht, iſt noch groͤßer als die Erde und groͤ¬
ȧer als die Sonne. . . Denn es allein denkt den
»groͤßten Gedanken

Ploͤtzlich ging es vom Sterbebette der Sonne
kuͤhl wie aus einem Grabe daher. Das hohe Luft¬
meer wankte und ein breiter Strom, in deſſen Bette
Waͤlder niedergebogen lagen, brauſte durch den Him¬
mel die Laufbahn der Sonne zuruͤck. Die Altaͤre
der Natur, die Berge, waren wie bei einer großen
Trauer ſchwarz uͤberhuͤllt. Der Menſch war vom
Nebelgewoͤlbe auf die Erde eingeſperrt und geſchieden
vom Himmel — Am Fuße des Gewoͤlbes leckten
durchſichtige Blitze und der Donner ſchlug dreimal
an das ſchwarze Gewoͤlbe — Aber der Sturm rich¬
tete ſich auf und riß es auseinander — Der Sturm
trieb die fliegenden Truͤmmer des zerbrochenen Ge¬
faͤngnißes durch das Blau und warf die zerſtuͤckten
Dampfmaſſen unter den Himmel hinab — und noch
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[270/0280] »ſich rufend — der Sturmwind hebt den großen »Fluͤgel auf und ſchlaͤgt an die Waͤlder: hoͤre, ſie »geben das Zeichen, daß unſre gute Sonne geſchie¬ »den iſt. . . . »Ach Julius, Julius (ſagt ich und umfaßte ſeine »Bruſt) die Erde iſt groß — aber das Herz das »auf ihr ruht, iſt noch groͤßer als die Erde und groͤ¬ »ßer als die Sonne. . . Denn es allein denkt den »groͤßten Gedanken.« Ploͤtzlich ging es vom Sterbebette der Sonne kuͤhl wie aus einem Grabe daher. Das hohe Luft¬ meer wankte und ein breiter Strom, in deſſen Bette Waͤlder niedergebogen lagen, brauſte durch den Him¬ mel die Laufbahn der Sonne zuruͤck. Die Altaͤre der Natur, die Berge, waren wie bei einer großen Trauer ſchwarz uͤberhuͤllt. Der Menſch war vom Nebelgewoͤlbe auf die Erde eingeſperrt und geſchieden vom Himmel — Am Fuße des Gewoͤlbes leckten durchſichtige Blitze und der Donner ſchlug dreimal an das ſchwarze Gewoͤlbe — Aber der Sturm rich¬ tete ſich auf und riß es auseinander — Der Sturm trieb die fliegenden Truͤmmer des zerbrochenen Ge¬ faͤngnißes durch das Blau und warf die zerſtuͤckten Dampfmaſſen unter den Himmel hinab — und noch lange brauſt' er allein uͤber die ofne Erde fort durch

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Zitationshilfe: Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Zweites Heftlein. Berlin, 1795, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus02_1795/280>, abgerufen am 22.11.2024.