z. B. die verstorbene Klarisse, der vorrückte, sie habe gegen Lovelace nicht genug gewußt, sauver les dehors de la vertu. Man muß es gewärtig seyn, wie die Königsberger Schule es in ihren Rezensionen aufnimmt, daß er sich vor der Verläumderin auf ein Knie hinließ und mit einigem Ernste sagte: O Clarisse! Voice Votre Lovelace retranchons quatre tomes et commencons comme les Faiseurs d'Epo¬ pees par le reste.
Freilich warf er sich die Tarantelzeit häufig un¬ ter der Tarantelzeit vor; und da der Heidenvorhof seines Herzens so voll Weiber wurde, indeß im Al¬ lerheiligsten desselben nichts war als ein stummes Dunkel, und da sein Kopf ein Insektenkabinet von Hofkleinigkeiten wurde: so seufzete er freilich oft in seinem Erker: o! komme bald, guter Vater, damit "dein sinkender Sohn aus diesem schmutzigen März¬ "nebel in ein helleres Leben steige, eh' er sich ganz "befleckt hat, daß er nicht einmal diesen Wunsch "mehr thut" -- und so oft er in Joachimens Zim¬ mer die Prospekte von Maienthal -- die Guilia vom Portraitmaler Klotildens machen lassen -- zu Ge¬ sichte bekam: so zog er mitten im Scherzen das Auge von ihnen mit einem Seufzer weg -- -- Aber geheilt wurd' er nicht als bis das Schicksal sagte: jetzt! Der Theaterschlüssel klopfte auf einmal, der die Menschen in der Komödienprobe des Lebens --
z. B. die verſtorbene Klariſſe, der vorruͤckte, ſie habe gegen Lovelace nicht genug gewußt, sauver les dehors de la vertu. Man muß es gewaͤrtig ſeyn, wie die Koͤnigsberger Schule es in ihren Rezenſionen aufnimmt, daß er ſich vor der Verlaͤumderin auf ein Knie hinließ und mit einigem Ernſte ſagte: O Clarisse! Voice Votre Lovelace retranchons quatre tomes et commencons comme les Faiseurs d'Epo¬ pées par le reste.
Freilich warf er ſich die Tarantelzeit haͤufig un¬ ter der Tarantelzeit vor; und da der Heidenvorhof ſeines Herzens ſo voll Weiber wurde, indeß im Al¬ lerheiligſten deſſelben nichts war als ein ſtummes Dunkel, und da ſein Kopf ein Inſektenkabinet von Hofkleinigkeiten wurde: ſo ſeufzete er freilich oft in ſeinem Erker: o! komme bald, guter Vater, damit »dein ſinkender Sohn aus dieſem ſchmutzigen Maͤrz¬ »nebel in ein helleres Leben ſteige, eh' er ſich ganz »befleckt hat, daß er nicht einmal dieſen Wunſch »mehr thut« — und ſo oft er in Joachimens Zim¬ mer die Proſpekte von Maienthal — die Guilia vom Portraitmaler Klotildens machen laſſen — zu Ge¬ ſichte bekam: ſo zog er mitten im Scherzen das Auge von ihnen mit einem Seufzer weg — — Aber geheilt wurd' er nicht als bis das Schickſal ſagte: jetzt! Der Theaterſchluͤſſel klopfte auf einmal, der die Menſchen in der Komoͤdienprobe des Lebens —
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z. B. die verſtorbene Klariſſe, der vorruͤckte, ſie
habe gegen Lovelace nicht genug gewußt, sauver les
dehors de la vertu. Man muß es gewaͤrtig ſeyn,
wie die Koͤnigsberger Schule es in ihren Rezenſionen
aufnimmt, daß er ſich vor der Verlaͤumderin auf
ein Knie hinließ und mit einigem Ernſte ſagte: O
Clarisse! Voice Votre Lovelace retranchons quatre
tomes et commencons comme les Faiseurs d'Epo¬
pées par le reste.
Freilich warf er ſich die Tarantelzeit haͤufig un¬
ter der Tarantelzeit vor; und da der Heidenvorhof
ſeines Herzens ſo voll Weiber wurde, indeß im Al¬
lerheiligſten deſſelben nichts war als ein ſtummes
Dunkel, und da ſein Kopf ein Inſektenkabinet von
Hofkleinigkeiten wurde: ſo ſeufzete er freilich oft in
ſeinem Erker: o! komme bald, guter Vater, damit
»dein ſinkender Sohn aus dieſem ſchmutzigen Maͤrz¬
»nebel in ein helleres Leben ſteige, eh' er ſich ganz
»befleckt hat, daß er nicht einmal dieſen Wunſch
»mehr thut« — und ſo oft er in Joachimens Zim¬
mer die Proſpekte von Maienthal — die Guilia vom
Portraitmaler Klotildens machen laſſen — zu Ge¬
ſichte bekam: ſo zog er mitten im Scherzen das
Auge von ihnen mit einem Seufzer weg — — Aber
geheilt wurd' er nicht als bis das Schickſal ſagte:
jetzt! Der Theaterſchluͤſſel klopfte auf einmal, der
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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Zweites Heftlein. Berlin, 1795, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus02_1795/216>, abgerufen am 24.11.2024.
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