Muth gegeben hätte, wenn er sich nicht von dem Zettel über dem Imperator der Kompas-Uhr, mit besondern Auslegungen seines Muthes hätte drohen lassen. Bei der vorigen ersten Visite war sein Muth gelähmt, weil er sich als der Sohn eines Va¬ ters, der seinen Einfluß durch die Sorge um Ba¬ starte zu befestigen schien, geflohen glaubte: denn ein Mensch voll Liebe ist neben einem voll Haß stumm und dumm.
Am muthigsten machte ihn heute außer seinen Zänkereien, die unterlagen (über die Blutigel etc.,) noch die letzte, die siegte: man wird muthiger und glücklicher zugleich, wenn man einer Stolzen wider¬ spricht als wenn man ihr schmeichelt. Er sah eine Maske liegen; da er nun wußte, daß in Italien die Damen im Bette diese, wie die unsrigen die Hand¬ schuhe, als Gesichtsschuhe anlegen: so verbot er ihr die Maske geradezu, als Zunder der Augenentzün¬ dung. Es war keine Schmeichelei da er ihr sagte, daß ihr die Maske mehr nehmen als geben könnte, Kurz er bestand darauf. --
Er war vielleicht zu tolerant gegen den Zweifel, den nur eine Frau erträglich und dauerhaft machen konnte, gegen den Zweifel, wen sie mit einander verwechsete, den Hofmedikus oder den Günstling: denn er sagte ihr -- obwohl in der Sorge, zu viel zu sagen, welches bei Leuten von seinem Feuer ein
Muth gegeben haͤtte, wenn er ſich nicht von dem Zettel uͤber dem Imperator der Kompas-Uhr, mit beſondern Auslegungen ſeines Muthes haͤtte drohen laſſen. Bei der vorigen erſten Viſite war ſein Muth gelaͤhmt, weil er ſich als der Sohn eines Va¬ ters, der ſeinen Einfluß durch die Sorge um Ba¬ ſtarte zu befeſtigen ſchien, geflohen glaubte: denn ein Menſch voll Liebe iſt neben einem voll Haß ſtumm und dumm.
Am muthigſten machte ihn heute außer ſeinen Zaͤnkereien, die unterlagen (uͤber die Blutigel ꝛc.,) noch die letzte, die ſiegte: man wird muthiger und gluͤcklicher zugleich, wenn man einer Stolzen wider¬ ſpricht als wenn man ihr ſchmeichelt. Er ſah eine Maske liegen; da er nun wußte, daß in Italien die Damen im Bette dieſe, wie die unſrigen die Hand¬ ſchuhe, als Geſichtsſchuhe anlegen: ſo verbot er ihr die Maske geradezu, als Zunder der Augenentzuͤn¬ dung. Es war keine Schmeichelei da er ihr ſagte, daß ihr die Maske mehr nehmen als geben koͤnnte, Kurz er beſtand darauf. —
Er war vielleicht zu tolerant gegen den Zweifel, den nur eine Frau ertraͤglich und dauerhaft machen konnte, gegen den Zweifel, wen ſie mit einander verwechſete, den Hofmedikus oder den Guͤnſtling: denn er ſagte ihr — obwohl in der Sorge, zu viel zu ſagen, welches bei Leuten von ſeinem Feuer ein
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Muth gegeben haͤtte, wenn er ſich nicht von dem
Zettel uͤber dem Imperator der Kompas-Uhr, mit
beſondern Auslegungen ſeines Muthes haͤtte drohen
laſſen. Bei der vorigen erſten Viſite war ſein
Muth gelaͤhmt, weil er ſich als der Sohn eines Va¬
ters, der ſeinen Einfluß durch die Sorge um Ba¬
ſtarte zu befeſtigen ſchien, geflohen glaubte: denn
ein Menſch voll Liebe iſt neben einem voll Haß
ſtumm und dumm.
Am muthigſten machte ihn heute außer ſeinen
Zaͤnkereien, die unterlagen (uͤber die Blutigel ꝛc.,)
noch die letzte, die ſiegte: man wird muthiger und
gluͤcklicher zugleich, wenn man einer Stolzen wider¬
ſpricht als wenn man ihr ſchmeichelt. Er ſah eine
Maske liegen; da er nun wußte, daß in Italien die
Damen im Bette dieſe, wie die unſrigen die Hand¬
ſchuhe, als Geſichtsſchuhe anlegen: ſo verbot er ihr
die Maske geradezu, als Zunder der Augenentzuͤn¬
dung. Es war keine Schmeichelei da er ihr ſagte,
daß ihr die Maske mehr nehmen als geben koͤnnte,
Kurz er beſtand darauf. —
Er war vielleicht zu tolerant gegen den Zweifel,
den nur eine Frau ertraͤglich und dauerhaft machen
konnte, gegen den Zweifel, wen ſie mit einander
verwechſete, den Hofmedikus oder den Guͤnſtling:
denn er ſagte ihr — obwohl in der Sorge, zu viel
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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Zweites Heftlein. Berlin, 1795, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus02_1795/144>, abgerufen am 24.11.2024.
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