"doch hineingestürzt, daß du mich doch nicht verläs¬ "sest und nicht hassest. ... (Viktor preste ihn kon¬ "vulstvisch an sich) Sondern wir gehen hieher, wenn "wir uns nicht mehr aussöhnen können -- o es thut "mir auch wehe, Viktor! -- hieher und umfassen "uns und stürzen uns hinab und sterben" -- Ja! sagte Viktor erschöpft leise; o Gott! ist denn etwas vorgegangen? "Ich will dir alles sagen: nun le¬ "ben und sterben wir mit einander" -- O Flamin! ich liebe dich heute unaussprechlich! -- Nun lass' ich dich in mein ganzes Herz sehen, Viktor, und of¬ fenbare dir alles. " -- --
Aber eh' ers konnte, must' er vorher sich durch Verstummen ermannen und sie schwiegen lange, in den innern und den äußern Himmel vertieft.
Endlich konnt' er anfangen und ihm erzählen, daß jene Klotilde, über die er heute gescherzt, sich mit unauslöschlicher Schrift in sein Inneres geschrie¬ ben -- daß er sie weder vergessen noch bekommen könne -- daß er mit ihr zwar kein Wort über seine Liebe nach ihrem eignen Verbote sprechen dürfe, als bis ihr Bruder wieder da und dabei sey, daß sie aber, nach ihrem Betragen und nach Matthieus Versicherungen vielleicht einige für ihn habe -- daß ihr Stand die ewige Scheidemauer zwischen beiden bleibe, so lang er den juristischen Weg anstatt des militairischen zu seinem Steigen ginge --
»doch hineingeſtuͤrzt, daß du mich doch nicht verlaͤſ¬ »ſeſt und nicht haſſeſt. ... (Viktor preſte ihn kon¬ »vulſtviſch an ſich) Sondern wir gehen hieher, wenn »wir uns nicht mehr ausſoͤhnen koͤnnen — o es thut »mir auch wehe, Viktor! — hieher und umfaſſen »uns und ſtuͤrzen uns hinab und ſterben« — Ja! ſagte Viktor erſchoͤpft leiſe; o Gott! iſt denn etwas vorgegangen? »Ich will dir alles ſagen: nun le¬ »ben und ſterben wir mit einander« — O Flamin! ich liebe dich heute unausſprechlich! — Nun laſſ' ich dich in mein ganzes Herz ſehen, Viktor, und of¬ fenbare dir alles. « — —
Aber eh' ers konnte, muſt' er vorher ſich durch Verſtummen ermannen und ſie ſchwiegen lange, in den innern und den aͤußern Himmel vertieft.
Endlich konnt' er anfangen und ihm erzaͤhlen, daß jene Klotilde, uͤber die er heute geſcherzt, ſich mit unausloͤſchlicher Schrift in ſein Inneres geſchrie¬ ben — daß er ſie weder vergeſſen noch bekommen koͤnne — daß er mit ihr zwar kein Wort uͤber ſeine Liebe nach ihrem eignen Verbote ſprechen duͤrfe, als bis ihr Bruder wieder da und dabei ſey, daß ſie aber, nach ihrem Betragen und nach Matthieus Verſicherungen vielleicht einige fuͤr ihn habe — daß ihr Stand die ewige Scheidemauer zwiſchen beiden bleibe, ſo lang er den juriſtiſchen Weg anſtatt des militairiſchen zu ſeinem Steigen ginge —
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»doch hineingeſtuͤrzt, daß du mich doch nicht verlaͤſ¬
»ſeſt und nicht haſſeſt. ... (Viktor preſte ihn kon¬
»vulſtviſch an ſich) Sondern wir gehen hieher, wenn
»wir uns nicht mehr ausſoͤhnen koͤnnen — o es thut
»mir auch wehe, Viktor! — hieher und umfaſſen
»uns und ſtuͤrzen uns hinab und ſterben« — Ja!
ſagte Viktor erſchoͤpft leiſe; o Gott! iſt denn etwas
vorgegangen? »Ich will dir alles ſagen: nun le¬
»ben und ſterben wir mit einander« — O Flamin!
ich liebe dich heute unausſprechlich! — Nun laſſ'
ich dich in mein ganzes Herz ſehen, Viktor, und of¬
fenbare dir alles. « — —
Aber eh' ers konnte, muſt' er vorher ſich durch
Verſtummen ermannen und ſie ſchwiegen lange, in
den innern und den aͤußern Himmel vertieft.
Endlich konnt' er anfangen und ihm erzaͤhlen,
daß jene Klotilde, uͤber die er heute geſcherzt, ſich
mit unausloͤſchlicher Schrift in ſein Inneres geſchrie¬
ben — daß er ſie weder vergeſſen noch bekommen
koͤnne — daß er mit ihr zwar kein Wort uͤber ſeine
Liebe nach ihrem eignen Verbote ſprechen duͤrfe, als
bis ihr Bruder wieder da und dabei ſey, daß ſie
aber, nach ihrem Betragen und nach Matthieus
Verſicherungen vielleicht einige fuͤr ihn habe — daß
ihr Stand die ewige Scheidemauer zwiſchen beiden
bleibe, ſo lang er den juriſtiſchen Weg anſtatt
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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795/86>, abgerufen am 21.12.2024.
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