lirte Tugend setzten, so groß, daß sie diese Tugend kühn seinen Waffen entgegenführten. Ja sie setz¬ ten sich sogar über den Verdacht hinweg, daß sie es thäten, damit sie, wenn er seine Krone auf den Putztisch ihrer Gemahlinnen ablegte, mit der Krone wie mit einem Joujou spielen und mit ihrem Glanz Leuten ins Fenster blenden könnten: denn ein Hof¬ mann will seine Gattin lieber bewähren als be¬ wahren.
Kurz der fünfte Infant war der Sohn der Niece und der Adoptiv- oder Stiefsohn des Baut. Die¬ ser Obristkammerherr war ein feuriger Freund des Fürsten, da er für ihn (wie Cicero verlangt) beging was er nie für sich begangen hätte -- etwas wie¬ der die Ehre. Es ist für einen Hofmann, dessen Ehre auf seinem Posten der schlimmsten Witterung bloß steht, ein rechtes Glück, daß diese Ehre, so em¬ pfindlich sie auch bei kleinen Beleidigungen ist, doch große leicht erträgt und, wenn nicht mit Worten doch mit Handlungen ohne Schaden anzutasten ist; so ungefähr verhält sichs mit Rasenden deren Haut die leiseste Betastung verspürt, auf denen aber gleich¬ wol keine Blasenpflaster ziehen. Der Fürst wurde durch einen dreifachen Bast an Le Baut geknüpft, durch Dankbarkeit, durch Sohn und durch Frau. Horion that den Bast aus einander. Er entblößte vor seiner Niece das kammerherrliche Herz und deckte
Hesperus. I. Th. D
lirte Tugend ſetzten, ſo groß, daß ſie dieſe Tugend kuͤhn ſeinen Waffen entgegenfuͤhrten. Ja ſie ſetz¬ ten ſich ſogar uͤber den Verdacht hinweg, daß ſie es thaͤten, damit ſie, wenn er ſeine Krone auf den Putztiſch ihrer Gemahlinnen ablegte, mit der Krone wie mit einem Joujou ſpielen und mit ihrem Glanz Leuten ins Fenſter blenden koͤnnten: denn ein Hof¬ mann will ſeine Gattin lieber bewaͤhren als be¬ wahren.
Kurz der fuͤnfte Infant war der Sohn der Niece und der Adoptiv- oder Stiefſohn des Baut. Die¬ ſer Obriſtkammerherr war ein feuriger Freund des Fuͤrſten, da er fuͤr ihn (wie Cicero verlangt) beging was er nie fuͤr ſich begangen haͤtte — etwas wie¬ der die Ehre. Es iſt fuͤr einen Hofmann, deſſen Ehre auf ſeinem Poſten der ſchlimmſten Witterung bloß ſteht, ein rechtes Gluͤck, daß dieſe Ehre, ſo em¬ pfindlich ſie auch bei kleinen Beleidigungen iſt, doch große leicht ertraͤgt und, wenn nicht mit Worten doch mit Handlungen ohne Schaden anzutaſten iſt; ſo ungefaͤhr verhaͤlt ſichs mit Raſenden deren Haut die leiſeſte Betaſtung verſpuͤrt, auf denen aber gleich¬ wol keine Blaſenpflaſter ziehen. Der Fuͤrſt wurde durch einen dreifachen Baſt an Le Baut geknuͤpft, durch Dankbarkeit, durch Sohn und durch Frau. Horion that den Baſt aus einander. Er entbloͤßte vor ſeiner Niece das kammerherrliche Herz und deckte
Heſperus. I. Th. D
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lirte Tugend ſetzten, ſo groß, daß ſie dieſe Tugend
kuͤhn ſeinen Waffen entgegenfuͤhrten. Ja ſie ſetz¬
ten ſich ſogar uͤber den Verdacht hinweg, daß ſie es
thaͤten, damit ſie, wenn er ſeine Krone auf den
Putztiſch ihrer Gemahlinnen ablegte, mit der Krone
wie mit einem Joujou ſpielen und mit ihrem Glanz
Leuten ins Fenſter blenden koͤnnten: denn ein Hof¬
mann will ſeine Gattin lieber bewaͤhren als be¬
wahren.
Kurz der fuͤnfte Infant war der Sohn der Niece
und der Adoptiv- oder Stiefſohn des Baut. Die¬
ſer Obriſtkammerherr war ein feuriger Freund des
Fuͤrſten, da er fuͤr ihn (wie Cicero verlangt) beging
was er nie fuͤr ſich begangen haͤtte — etwas wie¬
der die Ehre. Es iſt fuͤr einen Hofmann, deſſen
Ehre auf ſeinem Poſten der ſchlimmſten Witterung
bloß ſteht, ein rechtes Gluͤck, daß dieſe Ehre, ſo em¬
pfindlich ſie auch bei kleinen Beleidigungen iſt, doch
große leicht ertraͤgt und, wenn nicht mit Worten
doch mit Handlungen ohne Schaden anzutaſten iſt;
ſo ungefaͤhr verhaͤlt ſichs mit Raſenden deren Haut
die leiſeſte Betaſtung verſpuͤrt, auf denen aber gleich¬
wol keine Blaſenpflaſter ziehen. Der Fuͤrſt wurde
durch einen dreifachen Baſt an Le Baut geknuͤpft,
durch Dankbarkeit, durch Sohn und durch Frau.
Horion that den Baſt aus einander. Er entbloͤßte
vor ſeiner Niece das kammerherrliche Herz und deckte
Heſperus. I. Th. D
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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795/60>, abgerufen am 25.11.2024.
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