her den nämlichen Prozeß aber zu praktischer Anwen¬ dung, mit den ihrigen geführet hatten.
Viktor, der schon lange besorgte, verlegen zu werden, ging endlich dahin, wohin er bisher so oft geschauet hatte -- zum Schach, das man mit der größten Begierde, zu -- verlieren spielte. Der Kammerherr, -- wir wissen alle, wie er war, er schrieb nichts als Rekommandationsschreiben für die ganze Welt und der Abendmahlskelch wäre mehr für sei¬ nen Geschmack gewesen, hätt' er daraus auf eines wichtigen Mannes Gesundheit toasten können -- Dieser beförderte so gut er konnte, mit den dürren Schachstatüen bloß das fremde Wohl auf Kosten des eignen: gern verlor er, falls nur Maz gewann. Noch dazu glich er jenen verschämten Seelen, die ihre Wohlthaten gern verborgen geben und er konnt' es nicht über sich erhalten, es seinem Schach-Opponen¬ ten zu sagen, daß er ihm den Sieg zuschanze; er hatte fast größere Mühe, sich zu verbergen wie ein Hofmann als sich selber zu besiegen wie ein Christ. Eine solche Liebe hätte, wie es scheint, wärmer vergolten werden sollen als durch offenbare Boßheit; aber Maz hatte das Nämliche vor und wich dem Siege, den jener ihm nachtrug, wie ein wahrer Spitzbube aus. Le Baut ersann sich vergeb¬ lich die besten Züge, womit man sich selber matt macht -- Maz setzte noch bessere entgegen und drohte
her den naͤmlichen Prozeß aber zu praktiſcher Anwen¬ dung, mit den ihrigen gefuͤhret hatten.
Viktor, der ſchon lange beſorgte, verlegen zu werden, ging endlich dahin, wohin er bisher ſo oft geſchauet hatte — zum Schach, das man mit der groͤßten Begierde, zu — verlieren ſpielte. Der Kammerherr, — wir wiſſen alle, wie er war, er ſchrieb nichts als Rekommandationsſchreiben fuͤr die ganze Welt und der Abendmahlskelch waͤre mehr fuͤr ſei¬ nen Geſchmack geweſen, haͤtt' er daraus auf eines wichtigen Mannes Geſundheit toaſten koͤnnen — Dieſer befoͤrderte ſo gut er konnte, mit den duͤrren Schachſtatuͤen bloß das fremde Wohl auf Koſten des eignen: gern verlor er, falls nur Maz gewann. Noch dazu glich er jenen verſchaͤmten Seelen, die ihre Wohlthaten gern verborgen geben und er konnt' es nicht uͤber ſich erhalten, es ſeinem Schach-Opponen¬ ten zu ſagen, daß er ihm den Sieg zuſchanze; er hatte faſt groͤßere Muͤhe, ſich zu verbergen wie ein Hofmann als ſich ſelber zu beſiegen wie ein Chriſt. Eine ſolche Liebe haͤtte, wie es ſcheint, waͤrmer vergolten werden ſollen als durch offenbare Boßheit; aber Maz hatte das Naͤmliche vor und wich dem Siege, den jener ihm nachtrug, wie ein wahrer Spitzbube aus. Le Baut erſann ſich vergeb¬ lich die beſten Zuͤge, womit man ſich ſelber matt macht — Maz ſetzte noch beſſere entgegen und drohte
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her den naͤmlichen Prozeß aber zu praktiſcher Anwen¬
dung, mit den ihrigen gefuͤhret hatten.
Viktor, der ſchon lange beſorgte, verlegen zu
werden, ging endlich dahin, wohin er bisher ſo oft
geſchauet hatte — zum Schach, das man mit der
groͤßten Begierde, zu — verlieren ſpielte. Der
Kammerherr, — wir wiſſen alle, wie er war, er ſchrieb
nichts als Rekommandationsſchreiben fuͤr die ganze
Welt und der Abendmahlskelch waͤre mehr fuͤr ſei¬
nen Geſchmack geweſen, haͤtt' er daraus auf eines
wichtigen Mannes Geſundheit toaſten koͤnnen —
Dieſer befoͤrderte ſo gut er konnte, mit den duͤrren
Schachſtatuͤen bloß das fremde Wohl auf Koſten des
eignen: gern verlor er, falls nur Maz gewann. Noch
dazu glich er jenen verſchaͤmten Seelen, die ihre
Wohlthaten gern verborgen geben und er konnt' es
nicht uͤber ſich erhalten, es ſeinem Schach-Opponen¬
ten zu ſagen, daß er ihm den Sieg zuſchanze; er
hatte faſt groͤßere Muͤhe, ſich zu verbergen wie ein
Hofmann als ſich ſelber zu beſiegen wie ein
Chriſt. Eine ſolche Liebe haͤtte, wie es ſcheint,
waͤrmer vergolten werden ſollen als durch offenbare
Boßheit; aber Maz hatte das Naͤmliche vor und
wich dem Siege, den jener ihm nachtrug, wie ein
wahrer Spitzbube aus. Le Baut erſann ſich vergeb¬
lich die beſten Zuͤge, womit man ſich ſelber matt
macht — Maz ſetzte noch beſſere entgegen und drohte
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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795, S. 379. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795/390>, abgerufen am 25.11.2024.
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