von etwas abhängig, von fremder Liebe *). Unter dieser Schilderung sehnte Viktor sich wieder so be¬ wegt nach ihm als wären sie ein Jahr auseinander gewesen; daher legt' er sich im Abendrothe unter Birkenblätter, dem Stifte gegenüber, um ihn so¬ gleich mit heißen Armen in Verhast zu nehmen.
Und als Viktor seine Seele hob an hohen weißen Säulen des vom Lord entworfenen Parks, an dem erhabenen Bildwerk, das einen großen Gedanken schrieb, der wie ein Gewitter aussah; und als er gerade eine herabgefallne Biene, deren Flugwerk ihr Honig verpichte, auf das Bienenbrett getragen hat¬ te: so wandelte freundlich Dahore daher. Dieser verfiel selber -- denn Viktor hatte das versteckte Herantreiben einer Materie für Sünde genommen -- auf Klotilde und sagte, das wäre ihre Lieblings¬ stelle und die Ruhebank ihrer stillen Seele gewesen. Der Ort war nicht erhaben, aber was noch mehr ist, dem Erhabnen gegenüber -- (sogar die physische Großheit, z. B. ein Berg hat die Ferne als ein
*) Denn der edelste Mensch hängt eben am meisten von lie¬ benden Seelen ab, oder doch von seinen Idealen derselben, mit denen er aber nur in so fern ausreicht als er sie für Pfänder künftiger Originale ansieht. Ich nehme den Stoi¬ ker (diesen epikureischen Gott) und den Mystiker nicht aus, beide lieben in dem Schöpfer nur den Inbegrif seiner Ge¬ schöpfe; wir jenen in diesen.
von etwas abhaͤngig, von fremder Liebe *). Unter dieſer Schilderung ſehnte Viktor ſich wieder ſo be¬ wegt nach ihm als waͤren ſie ein Jahr auseinander geweſen; daher legt' er ſich im Abendrothe unter Birkenblaͤtter, dem Stifte gegenuͤber, um ihn ſo¬ gleich mit heißen Armen in Verhaſt zu nehmen.
Und als Viktor ſeine Seele hob an hohen weißen Saͤulen des vom Lord entworfenen Parks, an dem erhabenen Bildwerk, das einen großen Gedanken ſchrieb, der wie ein Gewitter ausſah; und als er gerade eine herabgefallne Biene, deren Flugwerk ihr Honig verpichte, auf das Bienenbrett getragen hat¬ te: ſo wandelte freundlich Dahore daher. Dieſer verfiel ſelber — denn Viktor hatte das verſteckte Herantreiben einer Materie fuͤr Suͤnde genommen — auf Klotilde und ſagte, das waͤre ihre Lieblings¬ ſtelle und die Ruhebank ihrer ſtillen Seele geweſen. Der Ort war nicht erhaben, aber was noch mehr iſt, dem Erhabnen gegenuͤber — (ſogar die phyſiſche Großheit, z. B. ein Berg hat die Ferne als ein
*) Denn der edelſte Menſch haͤngt eben am meiſten von lie¬ benden Seelen ab, oder doch von ſeinen Idealen derſelben, mit denen er aber nur in ſo fern ausreicht als er ſie fuͤr Pfaͤnder kuͤnftiger Originale anſieht. Ich nehme den Stoi¬ ker (dieſen epikureiſchen Gott) und den Myſtiker nicht aus, beide lieben in dem Schoͤpfer nur den Inbegrif ſeiner Ge¬ ſchoͤpfe; wir jenen in dieſen.
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von etwas abhaͤngig, von fremder Liebe *). Unter
dieſer Schilderung ſehnte Viktor ſich wieder ſo be¬
wegt nach ihm als waͤren ſie ein Jahr auseinander
geweſen; daher legt' er ſich im Abendrothe unter
Birkenblaͤtter, dem Stifte gegenuͤber, um ihn ſo¬
gleich mit heißen Armen in Verhaſt zu nehmen.
Und als Viktor ſeine Seele hob an hohen weißen
Saͤulen des vom Lord entworfenen Parks, an dem
erhabenen Bildwerk, das einen großen Gedanken
ſchrieb, der wie ein Gewitter ausſah; und als er
gerade eine herabgefallne Biene, deren Flugwerk ihr
Honig verpichte, auf das Bienenbrett getragen hat¬
te: ſo wandelte freundlich Dahore daher. Dieſer
verfiel ſelber — denn Viktor hatte das verſteckte
Herantreiben einer Materie fuͤr Suͤnde genommen
— auf Klotilde und ſagte, das waͤre ihre Lieblings¬
ſtelle und die Ruhebank ihrer ſtillen Seele geweſen.
Der Ort war nicht erhaben, aber was noch mehr
iſt, dem Erhabnen gegenuͤber — (ſogar die phyſiſche
Großheit, z. B. ein Berg hat die Ferne als ein
*)
Denn der edelſte Menſch haͤngt eben am meiſten von lie¬
benden Seelen ab, oder doch von ſeinen Idealen derſelben,
mit denen er aber nur in ſo fern ausreicht als er ſie fuͤr
Pfaͤnder kuͤnftiger Originale anſieht. Ich nehme den Stoi¬
ker (dieſen epikureiſchen Gott) und den Myſtiker nicht aus,
beide lieben in dem Schoͤpfer nur den Inbegrif ſeiner Ge¬
ſchoͤpfe; wir jenen in dieſen.
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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795, S. 334. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795/345>, abgerufen am 22.07.2024.
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