Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795.Ach er ergoß sich in Freuden- und Trauerthrä¬ Zu seinen Füßen und an diesem Berge lagerte Ach er ergoß ſich in Freuden- und Trauerthraͤ¬ Zu ſeinen Fuͤßen und an dieſem Berge lagerte <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0322" n="311"/> <p>Ach er ergoß ſich in Freuden- und Trauerthraͤ¬<lb/> nen mit einander und die Zukunft und die Vergan¬<lb/> genheit bewegten zugleich ſein Herz. — Die Sonne<lb/> fiel immer ſchneller den Himmel herab, und er be¬<lb/> ſtieg ſchneller den Berg, um ihr laͤnger nachzuſehen<lb/> — Und hier ſah er in das Doͤrfgen Maienthal hin¬<lb/> ab, das zwiſchen feuchten Schatten glimmte. . . .</p><lb/> <p>Zu ſeinen Fuͤßen und an dieſem Berge lagerte<lb/> ſich wie ein bekraͤnzter Rieſe, wie eine verſetzte<lb/> Fruͤhlings-Inſel ein engliſcher Park. Dieſer Berg<lb/> gegen Suͤden und einer gegen Norden waren zu ei¬<lb/> ner Wiege zuſammen geruͤckt, in der das ſtille Doͤrf¬<lb/> gen ruhte und uͤber welche die Morgen- und die<lb/> Abendſonne ihr goldnes Geſpinſt deckte. In fuͤnf<lb/> brillantirten Teichen ſchwankten fuͤnf dunklere Abend¬<lb/> himmel und jede aufhuͤpfende Welle mahlte ſich im<lb/> daruͤberſchwebenden Sonnenfeuer zum Rubin. Zwei<lb/> Baͤche wateten in veraͤnderlichen Entfernungen, von<lb/> Roſen und Weiden verdunkelt, uͤber den langen Wie¬<lb/> ſengrund und ein waͤſſerndes Feuerrad trieb wie ein<lb/> gehendes Herz das vom Abend geroͤthete Waſſer<lb/> durch alle gruͤnende Blumengefaͤße. Ueberall nickten<lb/> Blumen, dieſe Schmetterlinge unter den Gewaͤchſen<lb/> — auf jedem bemoſten Bachſtein, aus jedem muͤrben<lb/> Stocke, um jedes Fenſter wiegte ſich eine Blume<lb/> in ihrem Duft und ſpaniſche Wicken uͤberzogen mit<lb/> blauen und rothen Adern einen Garten ohne Zaun.<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [311/0322]
Ach er ergoß ſich in Freuden- und Trauerthraͤ¬
nen mit einander und die Zukunft und die Vergan¬
genheit bewegten zugleich ſein Herz. — Die Sonne
fiel immer ſchneller den Himmel herab, und er be¬
ſtieg ſchneller den Berg, um ihr laͤnger nachzuſehen
— Und hier ſah er in das Doͤrfgen Maienthal hin¬
ab, das zwiſchen feuchten Schatten glimmte. . . .
Zu ſeinen Fuͤßen und an dieſem Berge lagerte
ſich wie ein bekraͤnzter Rieſe, wie eine verſetzte
Fruͤhlings-Inſel ein engliſcher Park. Dieſer Berg
gegen Suͤden und einer gegen Norden waren zu ei¬
ner Wiege zuſammen geruͤckt, in der das ſtille Doͤrf¬
gen ruhte und uͤber welche die Morgen- und die
Abendſonne ihr goldnes Geſpinſt deckte. In fuͤnf
brillantirten Teichen ſchwankten fuͤnf dunklere Abend¬
himmel und jede aufhuͤpfende Welle mahlte ſich im
daruͤberſchwebenden Sonnenfeuer zum Rubin. Zwei
Baͤche wateten in veraͤnderlichen Entfernungen, von
Roſen und Weiden verdunkelt, uͤber den langen Wie¬
ſengrund und ein waͤſſerndes Feuerrad trieb wie ein
gehendes Herz das vom Abend geroͤthete Waſſer
durch alle gruͤnende Blumengefaͤße. Ueberall nickten
Blumen, dieſe Schmetterlinge unter den Gewaͤchſen
— auf jedem bemoſten Bachſtein, aus jedem muͤrben
Stocke, um jedes Fenſter wiegte ſich eine Blume
in ihrem Duft und ſpaniſche Wicken uͤberzogen mit
blauen und rothen Adern einen Garten ohne Zaun.
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