des Paradigma: -- (und so liegt umgekehrt im ge, wöhnlichsten Menschen der kurze Abriß zum sonder¬ barsten) -- er ist einer der unglücklichen Großen, die zuviel Genie, zuviel Reichthum und zu wenig Ruhe und Kenntnisse haben, um glücklich zu bleiben -- sie hetzen Freude statt der Tugend und verfehlen beide und schreien zuletzt über jeden bittern Tropfen, der ihnen in einem Zuckerhut eingegeben wird -- gleich der Silberfläche sind sie gerade in der Zer¬ schmelzung durch Freuden-Feuer am geneigtesien sich mit einer dunkeln Haut zu überziehen -- ihr Ehr¬ geiz, der sonst durch Plane die Leerheit des vorneh¬ men Lebens bedeckt, ist nicht stark genug gegen ihr Herz, das in dieser Leerheit verwelkt -- sie thun Gutes aus Stolz, aber ohne Liebe dazu, sie spielen mit dem ausgekernten Leben wie mit einer Locke und halten es nicht einmal der Mühe werth, es ab¬ zukürzen -- aber doch halten sie es der Mühe werth, wenn ihnen, indeß sie in diesem Nachtfrost der Seele da stehen außen lächelnd und kalt, innen überglüht, ohne Hofnung, ohne Furcht, ohne Glauben, resigni¬ rend, spielend und zugeschlossen, wenn ihnen ein To¬ desfall, ein großer Schmerz ins unglückliche Herz greift -- -- Ach armer Lord! kann denn deines nicht eher als unter der Decke des schwarzen Mar¬ mors ruhen?
des Paradigma: — (und ſo liegt umgekehrt im ge, woͤhnlichſten Menſchen der kurze Abriß zum ſonder¬ barſten) — er iſt einer der ungluͤcklichen Großen, die zuviel Genie, zuviel Reichthum und zu wenig Ruhe und Kenntniſſe haben, um gluͤcklich zu bleiben — ſie hetzen Freude ſtatt der Tugend und verfehlen beide und ſchreien zuletzt uͤber jeden bittern Tropfen, der ihnen in einem Zuckerhut eingegeben wird — gleich der Silberflaͤche ſind ſie gerade in der Zer¬ ſchmelzung durch Freuden-Feuer am geneigteſien ſich mit einer dunkeln Haut zu uͤberziehen — ihr Ehr¬ geiz, der ſonſt durch Plane die Leerheit des vorneh¬ men Lebens bedeckt, iſt nicht ſtark genug gegen ihr Herz, das in dieſer Leerheit verwelkt — ſie thun Gutes aus Stolz, aber ohne Liebe dazu, ſie ſpielen mit dem ausgekernten Leben wie mit einer Locke und halten es nicht einmal der Muͤhe werth, es ab¬ zukuͤrzen — aber doch halten ſie es der Muͤhe werth, wenn ihnen, indeß ſie in dieſem Nachtfroſt der Seele da ſtehen außen laͤchelnd und kalt, innen uͤbergluͤht, ohne Hofnung, ohne Furcht, ohne Glauben, reſigni¬ rend, ſpielend und zugeſchloſſen, wenn ihnen ein To¬ desfall, ein großer Schmerz ins ungluͤckliche Herz greift — — Ach armer Lord! kann denn deines nicht eher als unter der Decke des ſchwarzen Mar¬ mors ruhen?
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0317"n="306"/>
des Paradigma: — (und ſo liegt umgekehrt im ge,<lb/>
woͤhnlichſten Menſchen der kurze Abriß zum ſonder¬<lb/>
barſten) — er iſt einer der ungluͤcklichen Großen,<lb/>
die zuviel Genie, zuviel Reichthum und zu wenig<lb/>
Ruhe und Kenntniſſe haben, um gluͤcklich zu bleiben<lb/>—ſie hetzen Freude ſtatt der Tugend und verfehlen<lb/>
beide und ſchreien zuletzt uͤber jeden bittern Tropfen,<lb/>
der ihnen in einem Zuckerhut eingegeben wird —<lb/>
gleich der Silberflaͤche ſind ſie gerade in der Zer¬<lb/>ſchmelzung durch Freuden-Feuer am geneigteſien ſich<lb/>
mit einer dunkeln Haut zu uͤberziehen — ihr Ehr¬<lb/>
geiz, der ſonſt durch Plane die Leerheit des vorneh¬<lb/>
men Lebens bedeckt, iſt nicht ſtark genug gegen ihr<lb/>
Herz, das in dieſer Leerheit verwelkt —ſie thun<lb/>
Gutes aus Stolz, aber ohne Liebe dazu, ſie ſpielen<lb/>
mit dem ausgekernten Leben wie mit einer Locke<lb/>
und halten es nicht einmal der Muͤhe werth, es ab¬<lb/>
zukuͤrzen — aber doch halten ſie es der Muͤhe werth,<lb/>
wenn ihnen, indeß ſie in dieſem Nachtfroſt der Seele<lb/>
da ſtehen außen laͤchelnd und kalt, innen uͤbergluͤht,<lb/>
ohne Hofnung, ohne Furcht, ohne Glauben, reſigni¬<lb/>
rend, ſpielend und zugeſchloſſen, wenn ihnen ein To¬<lb/>
desfall, ein großer Schmerz ins ungluͤckliche Herz<lb/>
greift —— Ach armer Lord! kann denn deines<lb/>
nicht eher als unter der Decke des ſchwarzen Mar¬<lb/>
mors ruhen?</p><lb/></div></body></text></TEI>
[306/0317]
des Paradigma: — (und ſo liegt umgekehrt im ge,
woͤhnlichſten Menſchen der kurze Abriß zum ſonder¬
barſten) — er iſt einer der ungluͤcklichen Großen,
die zuviel Genie, zuviel Reichthum und zu wenig
Ruhe und Kenntniſſe haben, um gluͤcklich zu bleiben
— ſie hetzen Freude ſtatt der Tugend und verfehlen
beide und ſchreien zuletzt uͤber jeden bittern Tropfen,
der ihnen in einem Zuckerhut eingegeben wird —
gleich der Silberflaͤche ſind ſie gerade in der Zer¬
ſchmelzung durch Freuden-Feuer am geneigteſien ſich
mit einer dunkeln Haut zu uͤberziehen — ihr Ehr¬
geiz, der ſonſt durch Plane die Leerheit des vorneh¬
men Lebens bedeckt, iſt nicht ſtark genug gegen ihr
Herz, das in dieſer Leerheit verwelkt — ſie thun
Gutes aus Stolz, aber ohne Liebe dazu, ſie ſpielen
mit dem ausgekernten Leben wie mit einer Locke
und halten es nicht einmal der Muͤhe werth, es ab¬
zukuͤrzen — aber doch halten ſie es der Muͤhe werth,
wenn ihnen, indeß ſie in dieſem Nachtfroſt der Seele
da ſtehen außen laͤchelnd und kalt, innen uͤbergluͤht,
ohne Hofnung, ohne Furcht, ohne Glauben, reſigni¬
rend, ſpielend und zugeſchloſſen, wenn ihnen ein To¬
desfall, ein großer Schmerz ins ungluͤckliche Herz
greift — — Ach armer Lord! kann denn deines
nicht eher als unter der Decke des ſchwarzen Mar¬
mors ruhen?
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795/317>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.