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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795.

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daß Flamfn mit Viktor und dem jetzt unsichtbaren
Kaplans Sohn ins Schiff ging und daß letzterer die
Blattern und Blindheit bekam; aber er ging --
nicht zurück, wie ich doch oben im zweiten Posttage
berichtete, sondern -- mit fort. Nur verhehlet
der Lord ihn jetzt, damit niemand aus den drei Kin¬
dern den Fürstensohn ausfinde, er bringt ihn aber
in einem Jahre in Gesellschaft der übrigen zum Vor¬
schein. Der Lord hat nicht nur leichte Beweise,
um den Fürsten von seiner Verwandschaft mit vier
oder fünf Menschen zu überführen -- bei Flamin
das Zeugniß der mitkommenden Mutter, bei den
übrigen ihre Aehnlichkeit mit ihren Portraits, die
er noch hat -- sondern auch einen recht sonderbaren
Beweiß: nämlich einen Stettiner Apfel; und dieses
Apfels wegen muß er ein Jahr ausbleiben.

Viktor hatte es schon von der Pfarrern selber
gehört, daß alle Söhne des Flachsenfingischen Für¬
sten ein gewisses Mutter- oder Vatermahl auf dem
linken Schulterblatte hätten, das wie Nichts aussähe
außer im Herbste wenn die Stettiner reiften: da
würd' es auch roth und glich einem.

Dem Leser müssen aus den Jahrbüchern der ge¬
lehrten Sozietäten ganze Duzend Kirschen vorgekom¬
men seyn, die auf Kinder skiziret waren und die sich
mit denen an den Bäumen zu röthen anfingen.
Wenn ich meinem Bad-Motisten glauben dürfte, so

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daß Flamfn mit Viktor und dem jetzt unſichtbaren
Kaplans Sohn ins Schiff ging und daß letzterer die
Blattern und Blindheit bekam; aber er ging —
nicht zuruͤck, wie ich doch oben im zweiten Poſttage
berichtete, ſondern — mit fort. Nur verhehlet
der Lord ihn jetzt, damit niemand aus den drei Kin¬
dern den Fuͤrſtenſohn ausfinde, er bringt ihn aber
in einem Jahre in Geſellſchaft der uͤbrigen zum Vor¬
ſchein. Der Lord hat nicht nur leichte Beweiſe,
um den Fuͤrſten von ſeiner Verwandſchaft mit vier
oder fuͤnf Menſchen zu uͤberfuͤhren — bei Flamin
das Zeugniß der mitkommenden Mutter, bei den
uͤbrigen ihre Aehnlichkeit mit ihren Portraits, die
er noch hat — ſondern auch einen recht ſonderbaren
Beweiß: naͤmlich einen Stettiner Apfel; und dieſes
Apfels wegen muß er ein Jahr ausbleiben.

Viktor hatte es ſchon von der Pfarrern ſelber
gehoͤrt, daß alle Soͤhne des Flachſenfingiſchen Fuͤr¬
ſten ein gewiſſes Mutter- oder Vatermahl auf dem
linken Schulterblatte haͤtten, das wie Nichts ausſaͤhe
außer im Herbſte wenn die Stettiner reiften: da
wuͤrd' es auch roth und glich einem.

Dem Leſer muͤſſen aus den Jahrbuͤchern der ge¬
lehrten Sozietaͤten ganze Duzend Kirſchen vorgekom¬
men ſeyn, die auf Kinder ſkiziret waren und die ſich
mit denen an den Baͤumen zu roͤthen anfingen.
Wenn ich meinem Bad-Motiſten glauben duͤrfte, ſo

T 2
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[291/0302] daß Flamfn mit Viktor und dem jetzt unſichtbaren Kaplans Sohn ins Schiff ging und daß letzterer die Blattern und Blindheit bekam; aber er ging — nicht zuruͤck, wie ich doch oben im zweiten Poſttage berichtete, ſondern — mit fort. Nur verhehlet der Lord ihn jetzt, damit niemand aus den drei Kin¬ dern den Fuͤrſtenſohn ausfinde, er bringt ihn aber in einem Jahre in Geſellſchaft der uͤbrigen zum Vor¬ ſchein. Der Lord hat nicht nur leichte Beweiſe, um den Fuͤrſten von ſeiner Verwandſchaft mit vier oder fuͤnf Menſchen zu uͤberfuͤhren — bei Flamin das Zeugniß der mitkommenden Mutter, bei den uͤbrigen ihre Aehnlichkeit mit ihren Portraits, die er noch hat — ſondern auch einen recht ſonderbaren Beweiß: naͤmlich einen Stettiner Apfel; und dieſes Apfels wegen muß er ein Jahr ausbleiben. Viktor hatte es ſchon von der Pfarrern ſelber gehoͤrt, daß alle Soͤhne des Flachſenfingiſchen Fuͤr¬ ſten ein gewiſſes Mutter- oder Vatermahl auf dem linken Schulterblatte haͤtten, das wie Nichts ausſaͤhe außer im Herbſte wenn die Stettiner reiften: da wuͤrd' es auch roth und glich einem. Dem Leſer muͤſſen aus den Jahrbuͤchern der ge¬ lehrten Sozietaͤten ganze Duzend Kirſchen vorgekom¬ men ſeyn, die auf Kinder ſkiziret waren und die ſich mit denen an den Baͤumen zu roͤthen anfingen. Wenn ich meinem Bad-Motiſten glauben duͤrfte, ſo T 2

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Zitationshilfe: Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795/302>, abgerufen am 23.11.2024.