Polar-Phantasien -- Die sonderbare Insel der Vereinigung -- Noch ein Stück aus der antediluvianischen Geschichte -- Der Stettinerapfel als Geschlechtswappen --
Wir leben jetzt im finstern Mittelalter dieser Bio¬ graphie und lesen dem aufgeklärten achtzehnten Sä¬ kulum oder Hundstag entgegen. Allein schon im zwölften fliegen, wie in der Nacht vor einem schönen Tag, grosse Funken. Mich frappirt dieser Hunds¬ tag noch immer. "Spizius, sagt' ich, friß mir weg was du willst und kläre nur die Welt auf."
Sebastian eilte am Sonnabend mit lustiger Seele unter einem überwölkten Himmel auf die Insel der Vereinigung zu. Er konnte da anlaugen, wenn er sich nicht aufhielt, ehe das Gewölk einge¬ sogen war. Unter einem blauen Himmel führte er, wie Schikaneder, die Trauerspiele, unter einem aschgrauen, aber die Lustspiele und Ope¬ ra Buffa seines Innern auf. Wenns regnete, lacht' er gar. Rousseau bauete in seinem Kopfe ein sen¬ timentalisches Theater, weil er weder aus der
12. Hundspoſttag.
Polar-Phantaſien — Die ſonderbare Inſel der Vereinigung — Noch ein Stuͤck aus der antediluvianiſchen Geſchichte — Der Stettinerapfel als Geſchlechtswappen —
Wir leben jetzt im finſtern Mittelalter dieſer Bio¬ graphie und leſen dem aufgeklaͤrten achtzehnten Saͤ¬ kulum oder Hundstag entgegen. Allein ſchon im zwoͤlften fliegen, wie in der Nacht vor einem ſchoͤnen Tag, groſſe Funken. Mich frappirt dieſer Hunds¬ tag noch immer. »Spizius, ſagt' ich, friß mir weg was du willſt und klaͤre nur die Welt auf.»
Sebaſtian eilte am Sonnabend mit luſtiger Seele unter einem uͤberwoͤlkten Himmel auf die Inſel der Vereinigung zu. Er konnte da anlaugen, wenn er ſich nicht aufhielt, ehe das Gewoͤlk einge¬ ſogen war. Unter einem blauen Himmel fuͤhrte er, wie Schikaneder, die Trauerſpiele, unter einem aſchgrauen, aber die Luſtſpiele und Ope¬ ra Buffa ſeines Innern auf. Wenns regnete, lacht' er gar. Rouſſeau bauete in ſeinem Kopfe ein ſen¬ timentaliſches Theater, weil er weder aus der
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0289"n="278"/></div></div><divn="1"><head><hirendition="#g">12. Hundspoſttag.</hi><lb/></head><argument><prendition="#c">Polar-Phantaſien — Die ſonderbare Inſel der Vereinigung —<lb/>
Noch ein Stuͤck aus der antediluvianiſchen Geſchichte — Der<lb/>
Stettinerapfel als Geſchlechtswappen —</p></argument><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p><hirendition="#in">W</hi>ir leben jetzt im finſtern Mittelalter dieſer Bio¬<lb/>
graphie und leſen dem aufgeklaͤrten achtzehnten Saͤ¬<lb/>
kulum oder Hundstag entgegen. Allein ſchon im<lb/>
zwoͤlften fliegen, wie in der Nacht vor einem ſchoͤnen<lb/>
Tag, groſſe Funken. Mich frappirt dieſer Hunds¬<lb/>
tag noch immer. »Spizius, ſagt' ich, friß mir weg<lb/>
was du willſt und klaͤre nur die Welt auf.»</p><lb/><p>Sebaſtian eilte am Sonnabend mit luſtiger Seele<lb/>
unter einem uͤberwoͤlkten Himmel auf die <hirendition="#g">Inſel<lb/>
der Vereinigung</hi> zu. Er konnte da anlaugen,<lb/>
wenn er ſich nicht aufhielt, ehe das Gewoͤlk einge¬<lb/>ſogen war. Unter einem <hirendition="#g">blauen</hi> Himmel fuͤhrte<lb/>
er, wie Schikaneder, die <hirendition="#g">Trauerſpiele</hi>, unter<lb/>
einem <hirendition="#g">aſchgrauen</hi>, aber die <hirendition="#g">Luſtſpiele</hi> und Ope¬<lb/>
ra Buffa ſeines Innern auf. Wenns regnete, lacht'<lb/>
er gar. Rouſſeau bauete in ſeinem Kopfe ein <hirendition="#g">ſen¬<lb/>
timentaliſches</hi> Theater, weil er weder aus der<lb/></p></div></body></text></TEI>
[278/0289]
12. Hundspoſttag.
Polar-Phantaſien — Die ſonderbare Inſel der Vereinigung —
Noch ein Stuͤck aus der antediluvianiſchen Geſchichte — Der
Stettinerapfel als Geſchlechtswappen —
Wir leben jetzt im finſtern Mittelalter dieſer Bio¬
graphie und leſen dem aufgeklaͤrten achtzehnten Saͤ¬
kulum oder Hundstag entgegen. Allein ſchon im
zwoͤlften fliegen, wie in der Nacht vor einem ſchoͤnen
Tag, groſſe Funken. Mich frappirt dieſer Hunds¬
tag noch immer. »Spizius, ſagt' ich, friß mir weg
was du willſt und klaͤre nur die Welt auf.»
Sebaſtian eilte am Sonnabend mit luſtiger Seele
unter einem uͤberwoͤlkten Himmel auf die Inſel
der Vereinigung zu. Er konnte da anlaugen,
wenn er ſich nicht aufhielt, ehe das Gewoͤlk einge¬
ſogen war. Unter einem blauen Himmel fuͤhrte
er, wie Schikaneder, die Trauerſpiele, unter
einem aſchgrauen, aber die Luſtſpiele und Ope¬
ra Buffa ſeines Innern auf. Wenns regnete, lacht'
er gar. Rouſſeau bauete in ſeinem Kopfe ein ſen¬
timentaliſches Theater, weil er weder aus der
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795/289>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.