Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795.the floh, weil ihre mit jedem Gast ankommende und Er wurde bald einheimisch: noch eh' das Essen the floh, weil ihre mit jedem Gaſt ankommende und Er wurde bald einheimiſch: noch eh' das Eſſen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0245" n="234"/> the floh, weil ihre mit jedem Gaſt ankommende und<lb/> abgehende eigenſuͤchtige kalte Theilnahme und Liebe<lb/> ſeiner warmen Seele zu ſehr zuwider war. Zwei¬<lb/> tens zog ihn die Reinlichkeit an, die ſogar der<lb/> Schmutzfink in <hi rendition="#g">fremden</hi> Stuben liebt und die dar¬<lb/> in ein Beweis der Zufriedenheit und der — Kin¬<lb/> derloſigkeit iſt. Drittens wollt' er im Inkognito<lb/> und aus dem Gaſſen-Gewuͤhle heute mit ſeiner von<lb/> der Natur geweihten Seele bleiben.</p><lb/> <p>Er wurde bald einheimiſch: noch eh' das Eſſen<lb/> abgewaſchen und abgeblattet und fertig war, hatt'<lb/> ers heraus oder vielmehr hinein, daß der ſanfte<lb/> Greis — <hi rendition="#g">Lind</hi> mit Namen — ein Zeidler ſey.<lb/> Letzteres glaub' ich: denn ſonſt waͤr' er nicht ſo<lb/> ſanft wie denn in den meiſten Faͤllen die thieriſche<lb/> Geſellſchaft weniger verdirbt als menſchliche; daher<lb/> Plato die Langiſchen Kolloquia mit den Thieren<lb/> als das Beſte aus Saturns goldner Regierung an¬<lb/> giebt. Es iſt nicht einerlei, ob man ein Hunds-<lb/> ein Loͤwen- oder ein Bienenwaͤrter iſt: denn unſer<lb/> Thiergarten im Unterleib — nach der platoniſchen<lb/> Allegorie — bellt und bloͤkt dem Uniſono des aͤuſ¬<lb/> ſern nach. — Als Viktor vollends mit dem Alten<lb/> um das Haus und um die Bienenkoͤrbe ging: ſo<lb/> kam er wieder ins Tafelzimmer mit dem Geſichte<lb/> eines Menſchen, der in der Kuſſevitzer Kirche ſchon<lb/> einen Stuhl und im Kirchenbuch eine Blattſeite be¬<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [234/0245]
the floh, weil ihre mit jedem Gaſt ankommende und
abgehende eigenſuͤchtige kalte Theilnahme und Liebe
ſeiner warmen Seele zu ſehr zuwider war. Zwei¬
tens zog ihn die Reinlichkeit an, die ſogar der
Schmutzfink in fremden Stuben liebt und die dar¬
in ein Beweis der Zufriedenheit und der — Kin¬
derloſigkeit iſt. Drittens wollt' er im Inkognito
und aus dem Gaſſen-Gewuͤhle heute mit ſeiner von
der Natur geweihten Seele bleiben.
Er wurde bald einheimiſch: noch eh' das Eſſen
abgewaſchen und abgeblattet und fertig war, hatt'
ers heraus oder vielmehr hinein, daß der ſanfte
Greis — Lind mit Namen — ein Zeidler ſey.
Letzteres glaub' ich: denn ſonſt waͤr' er nicht ſo
ſanft wie denn in den meiſten Faͤllen die thieriſche
Geſellſchaft weniger verdirbt als menſchliche; daher
Plato die Langiſchen Kolloquia mit den Thieren
als das Beſte aus Saturns goldner Regierung an¬
giebt. Es iſt nicht einerlei, ob man ein Hunds-
ein Loͤwen- oder ein Bienenwaͤrter iſt: denn unſer
Thiergarten im Unterleib — nach der platoniſchen
Allegorie — bellt und bloͤkt dem Uniſono des aͤuſ¬
ſern nach. — Als Viktor vollends mit dem Alten
um das Haus und um die Bienenkoͤrbe ging: ſo
kam er wieder ins Tafelzimmer mit dem Geſichte
eines Menſchen, der in der Kuſſevitzer Kirche ſchon
einen Stuhl und im Kirchenbuch eine Blattſeite be¬
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Zitationshilfe: | Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795/245>, abgerufen am 23.07.2024. |