sanften Sternenkränze blicken und rufen: *)"wo ist "der, dessen Herz unter mir entzweigeht? Wo ist "die Ewigkeit, die Maske der Zeit? Wo ist der "Unendliche? Das verhüllte Ich greift nach sich selber "umher und stößet an seine kalte Gestalt. ... "Schimmere mich nicht an, weites Sternengefild, "du bist nur das aus Farbenerben zusammenge¬ "worfene Gemälde an einem unendlichen Gottes¬ "ackerthore, das vor der Wüste des unter dem "Raume begrabnen Lebens steht. . . . Höhnet mich "nicht aus, Gestalten auf höhern Sternen, denn zer¬ "rinn' ich, zerrinnt ihr auch. Ein, Ein Ding, das "der Mensch nicht nennen kann, glüht ewig im un¬ "ermeßlichen Rauche und ein Zentrum ohne Maas "verkalkt eine Peripherie ohne Maas -- doch bin "ich noch: der Vesuv des Todes dampft noch über "mich hinüber und seine Asche hüllt mich zu -- "seine fliegenden Felsen durchbohren Sonnen, seine "Lavagüsse bewegen zerlassene Welten und in seinem "Krater liegt die Vorwelt ausgestreckt und lauter "Gräber treibt er auf. . . . . O Hofnung, wo "bleibst du? . . .
Walle trunken um mich, beseelter Goldstaub, mit deinen dünnen Flügeln, ich zerdrücke dein kurzes
*) Dieser Monolog ist ein Stück aus einer frühern schwarzen Stunde, die jedes Herz von Empfindung einmal ergreift.
N 2
ſanften Sternenkraͤnze blicken und rufen: *)»wo iſt »der, deſſen Herz unter mir entzweigeht? Wo iſt »die Ewigkeit, die Maske der Zeit? Wo iſt der »Unendliche? Das verhuͤllte Ich greift nach ſich ſelber »umher und ſtoͤßet an ſeine kalte Geſtalt. ... »Schimmere mich nicht an, weites Sternengefild, »du biſt nur das aus Farbenerben zuſammenge¬ »worfene Gemaͤlde an einem unendlichen Gottes¬ »ackerthore, das vor der Wuͤſte des unter dem »Raume begrabnen Lebens ſteht. . . . Hoͤhnet mich »nicht aus, Geſtalten auf hoͤhern Sternen, denn zer¬ »rinn' ich, zerrinnt ihr auch. Ein, Ein Ding, das »der Menſch nicht nennen kann, gluͤht ewig im un¬ »ermeßlichen Rauche und ein Zentrum ohne Maas »verkalkt eine Peripherie ohne Maas — doch bin »ich noch: der Veſuv des Todes dampft noch uͤber »mich hinuͤber und ſeine Aſche huͤllt mich zu — »ſeine fliegenden Felſen durchbohren Sonnen, ſeine »Lavaguͤſſe bewegen zerlaſſene Welten und in ſeinem »Krater liegt die Vorwelt ausgeſtreckt und lauter »Graͤber treibt er auf. . . . . O Hofnung, wo »bleibſt du? . . .
Walle trunken um mich, beſeelter Goldſtaub, mit deinen duͤnnen Fluͤgeln, ich zerdruͤcke dein kurzes
*) Dieſer Monolog iſt ein Stuͤck aus einer fruͤhern ſchwarzen Stunde, die jedes Herz von Empfindung einmal ergreift.
N 2
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ſanften Sternenkraͤnze blicken und rufen: *)»wo iſt
»der, deſſen Herz unter mir entzweigeht? Wo iſt
»die Ewigkeit, die Maske der Zeit? Wo iſt der
»Unendliche? Das verhuͤllte Ich greift nach ſich ſelber
»umher und ſtoͤßet an ſeine kalte Geſtalt. ...
»Schimmere mich nicht an, weites Sternengefild,
»du biſt nur das aus Farbenerben zuſammenge¬
»worfene Gemaͤlde an einem unendlichen Gottes¬
»ackerthore, das vor der Wuͤſte des unter dem
»Raume begrabnen Lebens ſteht. . . . Hoͤhnet mich
»nicht aus, Geſtalten auf hoͤhern Sternen, denn zer¬
»rinn' ich, zerrinnt ihr auch. Ein, Ein Ding, das
»der Menſch nicht nennen kann, gluͤht ewig im un¬
»ermeßlichen Rauche und ein Zentrum ohne Maas
»verkalkt eine Peripherie ohne Maas — doch bin
»ich noch: der Veſuv des Todes dampft noch uͤber
»mich hinuͤber und ſeine Aſche huͤllt mich zu —
»ſeine fliegenden Felſen durchbohren Sonnen, ſeine
»Lavaguͤſſe bewegen zerlaſſene Welten und in ſeinem
»Krater liegt die Vorwelt ausgeſtreckt und lauter
»Graͤber treibt er auf. . . . . O Hofnung, wo
»bleibſt du? . . .
Walle trunken um mich, beſeelter Goldſtaub, mit
deinen duͤnnen Fluͤgeln, ich zerdruͤcke dein kurzes
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Dieſer Monolog iſt ein Stuͤck aus einer fruͤhern ſchwarzen
Stunde, die jedes Herz von Empfindung einmal ergreift.
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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795/206>, abgerufen am 24.11.2024.
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